BlogVon Trump lernen, heißt siegen lernen...

Von Trump lernen, heißt siegen lernen…

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… oder so müssen es sich scheinbar die hellen Köpfe der rechtspopulistischen und relativ neuen Partei Sanseitō gedacht haben. Denn die ziehen nun plötzlich als erste Partei mit dem Slogan 日本人nihonjinファーストfāsuto (Japanese First, Japaner Zuerst) in den Wahlkampf für die am 20. Juli stattfindenden Wahlen. Und beschwichtigen gleich: Nein, man habe natürlich rein gar nichts gegen Ausländer. Man soll nur bitte keine Weiteren mehr ins Land lassen. Ansonsten macht die Partei offensichtlich das, was Trump auch so gern macht: Man wirft einfach mit Behauptungen um sich. Zum Beispiel, dass es nicht sein kann, dass ausländische Studierende bei Stipendien bevorzugt werden und japanische Studierende leer ausgehen. Nun, der Haushalt des laufenden Jahres sieht rund 130 Millionen Euro für ausländische Austauschstudenten vor – und knapp 4 Milliarden Yen für japanische Studierende. Das ist ungefähr 30 Mal so viel wie das Budget für ausländische Studenten.

Ganz so neu ist der Begriff “… first” zwar in der japanischen Politik auch nicht – schließlich gewann die Partei 都民Tominファーストfāsuto die Wahlen in Tokyo im vergangenen Monat – aber auf nationaler Ebene klingt das dann doch schon etwas anders. Es wäre schade, wenn dieser unsägliche Slogan, letztendlich ja nur eine euphemistische Art, “Geiz ist geil” und “Ausländer raus” in einem Spruch unterzubringen, auch in Japan greifen würde, aber das sollte eigentlich nicht der Fall sein. Die Partei hat zwar in den Umfragen tatsächlich etwas zugelegt, liegt aber noch unter der 5%-Hürde.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie überrascht ich war, als mir eine Sanseitō-Wahlkämpferin eines ihrer Pamphlete gab. Die Partei war damals, 2022, noch sehr neu – also las ich mir das ganze auch durch, zumal die meisten Wahlkämpfer eigentlich Ausländer ignorieren (da diese, so sie keinen japanischen Pass besitzen, sowieso nicht wählen dürfen), und ich war ziemlich überrascht ob der kruden und einfallslosen rechtspopulistischen Agenda. Ich ging damals zur Wahlkämpferin zurück und fragte sie, warum sie mir, einem Ausländer, ein Pamphlet überreicht, das zur Hälfte aus falschen oder fälschlichen Aussagen über Ausländer besteht. Sie druckste etwas herum und meinte dann ebenfalls, dass “das ja nicht so gemeint sei, als ob die Partei etwas gegen Ausländer habe”. Ja, nee, klar. Wie hätte ich das auch nur denken können! Bloss, weil es da schwarz auf weiss im Parteiprogramm steht!

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

7 Kommentare

  1. War die gute Frau nicht erstaunt, dass du als böser Ausländer so perfekt Japanisch mit ihr sprichst und den Unsinn entlarven konntest?

  2. Was die meisten hiesigen Politiker bei ihren Wahlkraempfen uebersehen – sehr viele Auslaender hier haben zwar kein Wahlrecht, aber sind mit japanischen Staatsbuergern verheiratet… Dass man zu Hause ueber Politik in Japan diskutiert, ist nicht ungewoehnlich, und dass der Auslaender somit auch auf die Wahlentscheidung seines japanischen Ehepartners Einfluss haben kann, sollte auch den hiesigen Kandidaten bewusst werden.

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