Gunkanjima 軍艦島
Panzerkreuzerinsel. Den Namen verdankt die Insel ihrer Form und Silhouette – die Insel sieht in der Tat aus wie ein Panzerkreuzer. Das ist aber nur der Spitzname – der eigentliche Name ist 端島 (Hashima) und bedeutet Rand- bzw. Grenzinsel.
Die kleine Insel liegt ca. 20 km südwestlich von Nagasaki nahe der Spitze der langen Nagasaki-Halbinsel.
Die ganze Insel als solches.
Gunkanjima – Beschreibung
Die Insel ist an der längsten Stelle 480 m lang und maximal 160 m breit – der Umfang beträgt gerade mal 1.2 km, die Fläche liegt bei 6,3 Hektar. Und das ist nicht die Originalgrösse – die eigentliche Insel war nur in etwa ein Drittel so gross wie Gunkanjima heute und nicht mehr als ein grosser Felsen im Meer. Die Erweiterung erfolgte hauptsächlich durch Abraum, der beim Kohleabbau anfiel.
Es hätte keinen vernünftigen Grund gegeben, die Insel zu besiedeln – hätte man nicht im 19. Jahrhundert dort Kohle gefunden. 1890 erwarb Mitsubishi 三菱 die komplette Insel, um für die eigenen Stahlwerke hochwertige Kohle abzubauen. Da es günstiger erschien, die Arbeiter auf der Insel wohnen zu lassen, anstatt sie täglich hin und her zu fahren, baute man Unterkünfte und eine Pier. Die Mine wurde langsam grösser, die Arbeiter mehr. Im Zweiten Weltkrieg wurden Arbeiter mit Kriegsgefangenen aus Korea und China ersetzt – viele kamen dabei ums Leben.
Bereits während der Meiji-Zeit (bis 1912) lebten und arbeiteten bis zu 2’000 Menschen auf Gunkanjima. Die Platznot sorgte für bahnbrechende Innovation auf dem kleinen Eiland: So baute man 1917 den ersten Stahlbetonbau auf Hashima – Block Nr. 30 war ein Wohnblock mit insgesamt sieben Etagen, in dem zu Spitzenzeiten bis zu 145 Haushalte Platz fanden. Die Hälfte der letztendlich 6 Hektar grossen Insel war dem Bergbau gewidmet, die andere Hälfte war Wohngebiet.
Die Insel wurde damals noch bei ihrem offiziellen Namen, Hashima 端島, genannt. Bis 1945: Damals hielt die Besatzung eines amerikanischen U-Bootes die Insel für das Schlachtschiff Tosa 戦艦「土佐」 und feuerte Torpedos ab. Getroffen wurde dabei ein gerade vor Anker liegender Kohlekahn. Dank dieser Verwechslung wurde aus Hashima die Panzerkreuzerinsel.
Nach dem Krieg baute man weiter Kohle ab – immer mehr. Also baute man mehr Wohnungen. Liess die Familien mit auf die Insel ziehen. Baute extra eine Schule. Erweiterte Gunkanjima Stück für Stück. Errichtete einen winzigen Schrein. Und ein Kino. Bars. Auf den 6.3 Hektar (zusammen mit einem Kohleverladeplatz, den Schächten usw). lebten in den 1960ern letztendlich über 5’300 Menschen – eine 9fach höhere Bevölkerungsdichte als Tokyo bzw. damals die höchste Dichte auf der Welt.
Die Arbeiter verdienten nicht schlecht auf der Insel: Farbfernseher besassen damals nur sehr, sehr reiche Menschen in Tokyo… und die Kumpel von der Panzerkreuzerinsel. 1974 war der Traum jedoch vorbei: Hauptgrund war ein Wandel in der Energiepolitik des Landes, das damals von Kohle auf Erdöl umzuschwenken (fatalerweise kurz darauf in die Ölkrise zu schlittern). Die Gruben auf der Insel schrieben wohl bis zum allerletzten Ende schwarze Zahlen. Mitsubishi schloss das Gelände nach und nach, gegen 1974 lebten noch rund 2’200 Menschen dort.
Das Ende kam für die verbliebenen Kumpel jedoch halbwegs überraschend: Nur wenige Wochen wurden den verbliebenen Menschen gegeben. Die Familien verliessen die Insel nahezu fluchtartig – viele Alltagsgegenstände wurden zurückgelassen, und Mitsubishi, Besitzer der Insel, dachte gar nicht daran, irgendwelche Anlagen und Bauten “rückzubauen”. Man überliess die Insel mit ihrer Stadt seither den Naturgewalten. Und Taifune und Regenzeiten sowie die Gischt gehen langsam aber unaufhaltsam gegen die Bauten vor. Eine dicht geballte Geisterstadt, die man (aus verständlichen Gründen) nicht betreten darf … wohl aber umrunden darf. Eine ähnliche Atmosphäre dürfte man auf diesem Planeten wohl nur in Prypjat (Ukraine, bei Chernobyl) vorfinden.
Gunkanjima strahlt heute einen morbiden Charme aus – sie ist ein Symbol für die Vergänglichkeit der von Menschenhand geschaffenen Dinge sowie ein Symbol der Industrialisierung Japans. Aus gutem Grund bemüht man sich deshalb um eine Eintragung als UNESCO-Weltkulturerbe – ob mit Erfolg, wird sich herausstellen. Aufgrund des starken Verfalls darf man die Insel nicht betreten – es herrscht überall Einsturzgefahr. Allerdings baut man seit 2009 einen sicheren Pfad durch die Insel. Dies soll schliesslich dahin führen, dass Besucher die Insel (unter Anleitung) betreten dürfen, um sich alles aus der Nähe anzusehen.
Aus guten Gründen ist die Insel natürlich ein Magnet für Fotografen, Regisseure (z.B. für “Battle Royale”) und Videospielmacher.
Anreise
Zumindest bis Frühjahr 2009 war es nicht erlaubt, Gunkanjima legal zu betreten. Es fahren Ausflugsboote vom Hafen von Nagasaki bis zur Insel und ein Mal rundherum – nah genug, um einiges zu sehen. Die Boote fahren zwei Mal am Tag (9:30 und 12:30 Abfahrt vom Hafen, die Fahrt kostet 3’300 Yen und dauert knapp zwei Stunden.
Übernachtung
Nicht genehmigt, da Zutritt verboten. Zu Übernachtungen in der Nähe siehe Übernachtung in Nagasaki.
Zu allgemeinen Übernachtungstipps siehe Übernachtungstipps Japan.
Sehr gute Informationen, vielen Dank dafür.
Ich möchte gerne ein kleines Update hinzufügen, da ich erst vor ein paar Tagen auf Gunkanjima war (Stand: Januar 2012).
Mittlerweile darf man die Insel wieder betreten, allerdings nur im Rahmen einer Tour und auch nur auf den ausgeschilderten Pfaden ganz am Rand einer Seite der Insel entlang watscheln, immer unter Aussicht der Tourguides.
Preis ist mittlerweile fast 4000yen und die Tour mit Umrundung und anschließendem Betreten der Insel dauert ca. 2-2.5h je nach Wetter.