TohokuIwateHiraizumi - UNESCO-Weltkulturerbe in Iwate

Hiraizumi – UNESCO-Weltkulturerbe in Iwate

-

Lage von Iwate
Region: 東北 Tōhoku
Präfektur: 岩手 Iwate

平泉 Hiraizumi

4 von 5 Sternen: Unbedingt sehenswert
Name:

Hiraizumi. Wörtlich “Ebene-Quelle”. Der Lage nach zu urteilen dürfte der Name auch das bedeuten, was er aussagt: Eine Quelle in der Ebene.

Lage:

Hiraizumi befindet sich im hier weiten Flusstal des 北上川 Kitakami-gawa gut 80 km südlich von Morioka und ebenfalls gut 80 km nördlich von Sendai.

Ansehen:

In Hiraizumi gibt es zahlreiche historisch interessante Bauten. Bei weitem am bekanntesten ist der Tempel Chūson-ji – mittlerweilen UNESCO-Weltkulturerbe.

Hiraizumi – Beschreibung

Hiraizumi ist Teil des Distrikts 西磐井郡 Nishi-Iwai – jener nimmt als Verwaltungseinheit über 60 km² ein, hat aber weniger als 9’000 Einwohner. Hiraizumi selbst hat zwar Stadtrecht, wurde aber mittlerweilen zu weiten Teilen mit der Nachbarstadt Ichinoseki zusammengelegt. Hiraizumi befindet sich im hier weiten Flusstal des 北上川 Kitakami-gawa. Die Ebene ist nicht sehr gross, aber sehr fruchtbar, und wird vor allem für den Reisanbau genutzt. Hiraizumi ist klein, recht bedeutungslos und weit weg von allem. Das war jedoch nicht immer so, denn Hiraizumi war einst sehr bedeutend und prachtvoll. So prachtvoll, das Teile Hiraizumis 2011 von der UNESCO zum 12. Weltkulturerbe in Japan erklärt wurde.

Der Bahnhof von Hiraizumi
Der Bahnhof von Hiraizumi

Rund um das 8. Jahrhundert u.Z. lag die Hauptstadt Japans und der kulturelle, politische und wirtschaftliche Schwerpunkt noch im fernen Kyōto. Im kalten Norden der Hauptinsel Honshū dominierte jedoch damals noch das 蝦夷 Emishi (auch: Ebisu oder Yezo) genannte Volk. Das japanische Volk breitete seinen Machtbereich jedoch immer weiter nach Norden aus, wobei es zu zahlreichen Schlachten mit den Emishi kam. Dies geschah auch in der Gegend des heutigen Hiraizumi, welches oft als Militärlager genutzt wurde. Hiraizumi markierte die nördliche Grenze der Provinz 奥州 Ōshū. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte wurden die Emishi und Ainu immer weiter nach Norden vertrieben – und Ōshū wurde immer grösser. Bald umfasste Ōshū den Großteil des Nordens der Insel Honshū – und zwar die heutigen Präfekturen Aomori, Iwate, Miyagi und Fukushima.

Blick auf den Ort und die Umgebung
Blick auf den Ort und die Umgebung

Der Name Hiraizumi tauchte in den Chroniken erstmals 1189 auf, aber der Ort existierte dabei schon ein paar Jahrhunderte. Gute 100 Jahre vorher, im Jahr 1087, liess sich der mächtige Clan der 奥州藤原 Ōshū-Fujiwara in Hiraizumi nieder und sorgte für die Blütezeit. Damals lebten geschätzte 50 bis 100 Tausend Menschen in der Stadt – nach Kyōto war Hiraizumi damit immerhin die zweitgrösste Stadt Japans. Hiraizumi entwickelte sich zu der Zeit auch zu einem wichtigen Zentrum des Buddhismus in Japan.

Eine der Hauptstrassen von Hiraizumi
Eine der Hauptstrassen von Hiraizumi

Damals bildete der Berg 関山 Kanzan den Mittelpunkt des Ortes. Der kleine Berg steht nahe der Stelle, an dem der kleine 衣川 Koromogawa (-gawa = Fluss) in den 北上川 Kitakami-gawa fliesst. Diese Flüsse markierten einst die Nordgrenze Japans bzw. des Herrschaftsbereiches von Kyōto. Auf dem Berg wurde zuerst der 白山神社 Hakusan-Schrein gebaut. Der Fujiwara-Clan liess später im 12. Jahrhundert den 中尊寺 Chūson-ji (-ji = Tempel errichten – ein weitläufiger Komplex mit zahlreichen Pagoden und anderen Tempelbauten. Ein Vorläufer des Tempels wurde jedoch schon 850 vom berühmten japanischen Mönch 円仁 Ennin angelegt. Zur Anlage gehört auch die 金色堂 Konjikidō – Goldene Halle, ein sehr kleiner Tempel, in der Tat goldglänzender Tempel. In dem Bauwerk ist interessanterweise auch Elfenbein aus Afrika verbaut worden. Der kleine Tempel diente den Fujiwaras als Grabstätte. Heute befinden sich die mumifizierten Überreste von vier Generationen des Clans in dem Tempel (diese sieht man allerdings nicht).

Zederngesäumter Weg zum Chūsonji
Zederngesäumter Weg zum Chūsonji

Nach cirka 100 Jahren Blütezeit ging es mit dem Clan und der Stadt schnell bergab. Der Chūson-ji brannte nieder; nur die Goldene Halle blieb halbwegs unversehrt. Damals wie heute befindet sich die Goldene Halle innerhalb eines Gebäudes. Im Gebäude selbst ist es relativ eng und die Beleuchtung ist stark gedimmt. Innerhalb des Gebäudes besteht zudem striktes Photografierverbot. Da Hiraizumi zudem spätestens seit der Ernennung zum UNESCO-Weltkulturerbe stark von Besuchern frequentiert wird, hat man leider nicht allzu viel Zeit, das Kunstwerk in Ruhe zu betrachten.

Hondō - Das Hauptgebäude im Chūsonji
Hondō – Das Hauptgebäude im Chūsonji

In Hiraizumi entstanden damals auch zahlreiche andere prachtvolle Bauwerke – zum Beispiel der 毛越寺 Mōtsū-ji (Mōtsū-Tempel) rund 1 Kilometer westlich des heutigen Bahnhofes. Mit dem Niedergang der Stadt gingen dabei auch hier leider alle Originalbauten verloren, aber der 浄土式庭園 – Garten des Reinen Landes mit seinen kunstvoll angelegten Teichen konnte wieder genau rekonstruiert werden. Auch dieser Bereich zählt heute zum Weltkulturerbe. Das Konzept des “Reinen Landes” stammt aus dem Buddhismus und kennzeichnet einen Ort, an dem man den sonst allgegenwärtigen Kreislauf des Leidens entkommen kann.

Das umhüllte goldene Mausoleum
Das umhüllte goldene Mausoleum

Es gibt noch zahlreiche andere Sehenswürdigkeiten aus der Glanzzeit der Stadt im heutigen Stadtgebiet. Vor dem Bahnhof gibt es eine Touristeninformation und eine Bushaltestelle, von der kleine Busse die Sehenswürdigkeiten abfahren. Der Ort hat zwar nicht viele Einwohner, aber einige der Sehenswürdigkeiten liegen doch relativ weit auseinander. Wie oben erwähnt, sind viele Bauwerke Nachbauten, aber nichtsdestrotrotz sehr imposant. Und doch ist es nicht leicht, sich vorzustellen, dass vor über 800 Jahren mehr als zehn Mal so viele Menschen wie heute hier wohnten.

Nebengebäude im Chuson-Tempel
Nebengebäude im Chuson-Tempel

Noch eine kleine Anmerkung: Am Bahnhofsvorplatz steht eine kleine Säule (wenn man aus dem Bahnhofsgebäude tritt linkerhand), an der Hochwassermarken eingetragen sind – und die oberen Marken sind furchteinflössend. Da man den Fluss nicht sieht (jener fliesst einen halben Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Bahnlinie durch das Tal), kann man sich kaum vorstellen, dass hier das Wasser jemals so hoch stand. Die Erklärung: Diese Hochwasser wurden ausschliesslich durch Taifune ausgelöst.

Anreise

Hiraizumi liegt an der 東北本線 Tōhoku-Hauptlinie – einer JR-Linie (der Railpass kann also benutzt werden). Bevor der Shinkansen hier fuhr, war dies die Hauptstrecke nach Norden, aber mittlerweilen ist die Linie nur noch eine Nebenlinie. Die Linie verläuft von Süden nach Norden. Nach 一ノ関 Ichi-no-seki im Süden sind es nur 7 Minuten Fahrtzeit (190 Minuten). Von dort fährt eine Linie Richtung Küste nach 気仙沼 Kesennuma. In Ichinoseki hält auch der Shinkansen – damit kommt man schnell nach Sendai, Tokyo, Akita, Morioka und Aomori. Nach Morioka kommt man auch mit dem “Bummelzug” der Tōhoku-Hauptlinie – der normale Zug braucht für die gut 80 Kilometer 80 Minuten und kostet 1,450 Yen.

Bummelzug der Tohoku-Honsen
Bummelzug der Tohoku-Honsen

Übernachtung

Das 舞鶴荘 Maizuru-sō ist ein kleines, schlichtes Hotel (bzw. eine Minshuku) am Feldrand im Norden des Ortes, knapp 10 Minuten vom Bahnhof von Hiraizumi zu Fuss entfernt. Die Inneneinrichtung ist, vorsichtig ausgedrückt, recht schlicht. Eine einfache Übernachtung kostet lediglich 3’500 Yen. Vollpension kostet zwischen 5’500 und 7’500 Yen – je nachdem, wieviel man für das Abendessen investieren möchte (es gibt drei verschiedene Kurse). Die Angestellten sind sehr freundlich und die Atmosphäre ist sehr familiär. Auch das Essen stimmt für den Preis (auch wenn sich der Autor dort eine Lebensmittelvergiftung mit rohen Austern eingefangen hat – aber dafür kann die Herberge hier mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts). Die Adresse: 〒029-4102 岩手県西磐井郡平泉町平泉字志羅山123-1 (zip 029-4102, Iwate Pref., Nishiiwai-gun, Hiraizumi-chō, Hiraizumi Aza-Shirayama 123-1). Die Telefonnummer: 0191-46-3375. Eine Webseite gibt es auch (siehe hier), aber reserviert werden kann scheinbar nur per Telefon.

Zu allgemeinen Übernachtungstipps siehe Übernachtungstipps Japan.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

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