Region: | 東北 Tōhoku | |
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Präfektur: | 青森 Aomori | |
Rang | ||
Name | Misawa. 三 (“SAN, mi”) bedeutet “3” und 沢 (“TAKU, sawa”) bedeutet “Bach”. Möglicherweise bezieht sich der Name auf die Topographie der Gegend mit drei kleinen Flusstälern. Der Name könnte aber auch der Familienname eines alten Clans gewesen sein. | |
Lage | Misawa liegt rund 30 Kilometer nordnordwestlich von Hachinohe, auf halbem Weg zur Shimokita-Halbinsel. Das Stadtzentrum selbst liegt ein paar Kilometer landeinwärts – bis zur Pazifikküste sind es 5 Kilometer. Im Nordosten grenzt die Stadt an den großen Ogawara-See. Bis Tokyo sind es knapp 600 Kilometer – bis Russland (Kurilen bei Nemuro) sind es nur 500 Kilometer Luftlinie. |
Misawa ist eine Stadt im Nordosten der Präfektur Aomori — sie liegt am Eingang der Shimokita-Halbinsel am Norden und ist eingezwängt zwischen dem Ogawara-See und dem Pazifik. Im 120 Quadratkilometer großen Stadtgebiet leben fast genau 50’000 Menschen — von denen sind allerdings rund 10’000 Angehörige der amerikanischen Streitkräfte, denn die unterhalten hier seit dem 2. Weltkrieg eine große Militärbasis. Die eigentliche Stadtbevölkerung beträgt rund 39’000 Einwohner – Tendenz leicht fallend.
Das gesamte Stadtgebiet ist für japanische Verhältnisse sehr flach – die höchste Erhebung ist gerade mal 55 m hoch. Stattdessen dominieren hier Flüsse, Kanäle und Seen. Das bedeutet, dass die Gegend besonders tsunamianfällig ist – Misawa wurde in der jüngeren Vergangenheit in den Jahren 1896, 1933 und 2011 von Tsunamis getroffen. Das Stadtzentrum liegt jedoch mehrere Kilometer landeinwärts, weshalb sich die Schäden in der Stadt selbst in Grenzen halten. Allerdings sind auch schwerere Erdbeben durchaus üblich – außerdem brannte ein Großteil der Innenstadt beim großen Feuer von 1961 ab.
Vor allem das Feuer prägte die Innenstadt, wie man sie heute sieht – im Zentrum, welches an der Haupteinfahrt zum Luftwaffenstützpunkt beginnt, dominieren breite Straßen und in der Regel zweistöckige Gebäude. Die Atmosphäre dort erinnert eher an eine amerikanische Kleinstadt als an eine japanische Stadt.
Misawa ging 1931 in die Geschichte der Luftfahrt ein — 1931 begann der amerikanische Pilot Clyde Pangborn in Misawa den ersten transpazifischen Flug ohne Zwischenlandung. Nach 41 Stunden landete er mit seinem Copiloten unsanft im US-Bundesstaat Washington. Unsanft deshalb, weil sie die zur Landung benötigten Bauteile abmontierten, um Gewicht zu sparen. Das ging erstaunlich gut – im Gegensatz zum Flugzeug überlebten sie die Landung unversehrt.
Vom Fluglärm einmal abgesehen ist Misawa eine ruhige, kleine Stadt mit viel Landwirtschaft östlich der Stadt und einem großen See nebst einem durch die Ramsar-Konvention geschützen Feuchtbiotop namens 仏沼, dem “Buddhasumpf”, der sich zwischen Ogawara-See und Pazifikküste befindet. Die topfebene Landschaft sieht für Mitteleuropäer sehr vertraut aus, in Japan aber aber, wo die wenigen Ebenen normalerweise stark besiedelt sind, ist eine so große, mehr oder weniger naturbelassene Ebene, und das direkt an einer kerzengeraden Küste. eine Seltenheit und in der Form eigentlich nur auf Hokkaido zu finden.
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Luftwaffenbasis 三沢基地
Obwohl Misawa nur rund 40’000 Einwohner hat, verfügt es über einen großen Flughafen, und der wird sogar dreifach genutzt: Durch die US Air Force, durch die japanischen Selbstverteidigungskräfte sowie als Zivilflughafen. Die Geschichte des Flughafens begann 1938, als die japanische kaiserliche Marine hier einen Flugplatz bauen ließ. Historiker gehen davon aus, dass die Marine am nahegelegenen Ogawa-See den Angriff auf Pearl Harbor übte. 1942 wurde ein richtiger Militärstützpunkt der japanischen Marine errichtet, der 1945 von den Amerikanern bombardiert wurde.
Nur gut einen Monat nach der japanischen Kapitulation im September 1945 übernahm die US-Armee den Stützpunkt und begann, ihn auszubauen. Ab 1952 durfte der Flughafen auch von zivilen Flugzeugen genutzt werden, was jedoch von 1965 bis 1975 aus Sicherheitsgründen gestoppt wurde.
Heute ist die “35th Fighter Wing”-Einheit der US Air Force in Misawa stationiert – und das hauptsächlich mit F-16 Kampfflugzeugen. Die japanischen Selbstverteidigungskräfte sind mit dem 3. Fluggeschwader vor Ort, und dieses Geschwader benutzt unter anderem moderne Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeuge vom Typ F-35. Beide Geschwader benutzen vor allem die Tsugaru-Wasserstrasse, die etwas weiter nördlich Hokkaido von Honshu trennt, als Trainingsgebiet – so kann man an der Nordspitze der Kitashimo-Halbinsel Zeuge von Überschall- und Tiefflugmanövern werden.
Der Stützpunkt selbst ist eine kleine Stadt nach amerikanischem Vorbild mit hübschen Häuschen für die Offiziere sowie dem Flughafen selbst mit einer 3 km langen Rollbahn. Natürlich kommen noch zahlreiche Kasernenbauten, Hangars und dergleichen dazu. Etwas abseits vom Hauptstützpunkt gibt es zudem noch den “Security Hill” — eine ausgedehnte Radaranlage auf einem Hügel am See, sowie eine Bombenabwurftraininganlage etwas weiter nördlich.
Misawa Air Base ist aufgrund seiner Lage ein sehr wichtiger Stützpunkt im Pazifik – schließlich sind Russland, Nordkorea und selbst Taiwan relativ nah. Damit ist die Misawa Airbase für die US Air Force das Tor zu Ost- und Südostasien.
Die Stadt ist ganz auf die Militärbasis eingestellt — viele Stadtbewohner arbeiten dort als zivile Mitarbeiter, und zahlreiche Geschäfte, Restaurants und Bars haben sich auf die amerikanischen Soldaten eingestellt. Man sieht also sehr viel Englisch (zumeist sogar richtiges Englisch) in den Straßen, und weit mehr Japaner als üblich sind des Englischen mächtig. Damit ist Misawa eine Art Little America mitten in der tiefsten Provinz. Viel über Widerstand gegen die Militärpräsenz hört man nicht aus Misawa (im Gegensatz zu Okinawa) – die meisten Einwohner haben sich schon lange mit dem Stützpunkt arrangiert, und viele Existenzen hängen davon ab.
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Umgebung: Rokkasho 六ヶ所
Knapp vierzig Kilometer nördlich von Misawa befindet sich das Dorf 六ヶ所 (Rokkasho, wörtlich “sechs Orte”) – eine rund 250 Quadratkilometer große ländliche Gemeinde (“-mura”) mit rund 10’000 Einwohnern. Der etwas seltsame Name rührt daher, dass man hier gegen Ende des 19. Jahrhunderts sechs Weiler zusammenlegte.
Die seenreiche Gegend ist vor allem bekannt für seine Atomindustrie, denn hier befinden sich gleich mehrere für die Atomindustrie in Japan wichtige Einrichtungen, als da wären:
- der Hauptsitz der Japan Nuclear Fuel Limited
- eine Wiederaufbereitungsanlage für Kernbrennstäbe
- eine Urananreicherungsanlage
- eine Anlage zur Herstellung von MOX-Brennelementen
- eine Anlage zur Entsorgung schwach radioaktiven Abfalls
- ein Endlager für stark radioaktive Abfälle
- ein Forschungszentrum für Kernfusion
- ein Logistikzentrum für Kernbrennstoffe
- ein Zentrum für Reaktorsicherheit
Da man nun schon so viel mit Energie zu tun hat, baute man in Rokkasho auch gleich noch ein paar kleinere Windfarmen, die in Japan durchaus auffallen, da Windenergie weit weniger genutzt wird als in Europa.
Kernenergie in Japan
Obwohl Japan als einziges Land der Welt zwei Mal die geballte Kraft der Kernenergie zu spüren bekam, ist das Land auf Atomkraft ausgerichtet. Das mag verwundern, aber Japan war jahrzehntelang die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt (bis es schließlich von der VR China eingeholt wurde), und viele Wirtschaftszweige waren und sind sehr energieintensiv. Doch wie stillt man diesen Energiehunger, wenn man keinerlei Vorkommen fossiler Brennstoffe im Land aufweisen kann? Es gab zwar geringe Vorkommen von Kohle, Erdöl und Erdgas, doch die sind längst erschöpft beziehungsweise unrentabel. Und so beschloss man Ende der 1950er, Kernenergie zu zu nutzen. 1965 ging so der erste Atomreaktor in Tōkaimura in der Präfektur Ibaraki ans Netz, und viele weitere sollten folgen.
Der Anteil der Kernenergie an der gesamten Energieerzeugung in Japan lag zu Spitzenzeiten — um das Jahr 2000 herum — bei bis zu 34%, womit die Atomkraft den Spitzenplatz im Energiemix belegte (gefolgt von Erdgas mit 26% und Kohle mit 18%1. Das änderte sich schlagartig nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima infolge des Erdbebens Tsunamis im Jahr 2011. Relativ schnell wurden vorerst nahezu alle Kernkraftwerke heruntergefahren – 2014 wurde schließlich keine Kernenergie mehr erzeugt. Es gab sogar Demonstrationen gegen Kernkraft in Japan, doch seit 2015 gibt es wieder Bestrebungen, Kernenergie wieder zu nutzen. Bis 2019 stieg der Anteil der Kernkraft wieder bei 6%. Doch die Nuklearindustrie hat massive Probleme: In Japan gibt es 15 Atomkraftwerke mit insgesamt 33 Reaktoren – und die haben ein Durchschnittsalter von 33 Jahren (Stand 2023). Und so gibt es sogar Überlegungen, die Laufzeitgenehmigung der Reaktoren auf 60 Jahre zu erhöhen.
Die Kernenergie ist in Japan eine besonders heikle Angelegenheit, wie die Reaktorkatastrophe von Fukushima gezeigt hat. Aufgrund des Kühlwasserbedarfs liegt der Großteil direkt am Meer, doch von dort drohen Tsunamis. Außerdem liegt Japan bekanntermaßen in einer seismisch sehr aktiven Zone — einige AKW, wie zum Beispiel Kashiwazaki mit seinen insgesamt 7 Reaktoren — liegen direkt auf oder direkt neben aktiven Bruchlinien. Auch die Endlagerung ist ein Problem. Japan lässt den Großteil seiner Brennstäbe in Frankreich und Großbritannien wiederaufarbeiten – der dabei anfallende, hochradioaktive Abfall wird dabei von Japan zurückgenommen und muss irgendwo endgelagert werden. Das geschieht hauptsächlich in Rokkasho, wo die hochradioaktiven Stoffe in Glas gegossen und unterirdisch gelagert werden. Ob das nun so ideal ist, bleibt abzusehen.
Problematisch ist auch die Verwendung von Mischoxid-Brennelementen (MOX) — diese enthalten auch Plutonium und bergen somit ein höheres Gefahrenpotential. So wurde auch bei der Nuklearkatastrophe von Fukushima Plutonium freigesetzt.
In Sichtweite der Wiederaufbereitungs- und Urananreicherungsanlagen von Rokkasho befindet sich das 六ヶ所原燃PRセンター – das PR-Zentrum Kernbrenn(stoff) Rokkasho. Das Besucherzentrum ist für alle geöffnet und kindergerecht aufgearbeitet – sicherlich ist dies ein beliebtes Ausflugsziel für die örtlichen Schulklassen und Kindergartengruppen. Interessant ist das Besucherzentrum durchaus auch für Erwachsene. Zum einen hat man von der obersten Etage einen guten Blick auf die oben aufgelisteten Anlagen, zum anderen wird recht anschaulich und teilweise mit Originalbauteilen nachgestellt, wie die Kernbrennstäbe wiederaufgearbeitet werden. Leider kommt man ohne Japanischkenntnisse jedoch nicht weit, und über die Gefahren der Kernkraft lernt man hier natürlich nichts, aber das sollte man auch nicht in einem PR-Center der Atomindustrie erwarten. Der Eintritt in das Besucherzentrum ist frei. Mehr erfährt man auf der offiziellen Webseite unter 6prc.jp.
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Anreise
Obwohl eine Kleinstadt, verfügt Misawa aus oben genannten Gründen über einen eigenen Flughafen mit mehreren Flügen nach Tokyo (Haneda) sowie jeweils einem Flug nach Sapporo und Osaka. In der Stadt, wenn auch ein bisschen abseits vom Zentrum, gibt es auch einen Bahnhof – dieser liegt an der 青い森鉄道 (Aoi Mori Railway), welche Metoki südlich von Hachinohe mit der Präfekturhauptstadt Aomori verbindet. Diese private Eisenbahnlinie braucht knapp 20 Minuten bis Hachinohe (580 Yen) sowie 1¼ Stunden bis Aomori (1,830 yen). Der nächstgelegene Shinkansen-Bahnhof ist der in Hachinohe.
Rokkasho hingegen ist nicht an das Bahnnetz angeschlossen – hier kommt man nur mit dem Bus oder mit dem Taxi hin.
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Übernachtung
In Hachinohe übernachtet, deshalb keine persönlichen Empfehlungen. Die Auswahl ist sehr begrenzt, da Misawa so gut wie keine Besucher sieht.
Zu allgemeinen Übernachtungstipps siehe Übernachtungstipps Japan.
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- siehe hier für genaue Zahlen