Außenpolitisch gesehen wurde die Wahl von Takaichi Sanae zur ersten Premierministerin Japans von vielen als problematisch angesehen: Sie wird politisch weit rechts verortet, und das bedeutet in Japan zumeist wenig korea- und chinafreundlich. Zwei Begebenheiten sind sowohl in Japan als auch bei den Nachbarn gut bekannt:
- Ihre Besuche beim berühmt-berüchtigten Yasukuni-Schrein – dies wird von China und Südkorea stets als Affront angesehen.
- Als sich der damalige Premierminister Murayama 1995 aus Anlaß des 50. Jahrestages der Beendigung des 2. Weltkrieges entschuldigend gegenüber Südkorea äußerte und dabei das Wort 侵略 (Invasion) benutzte, ergriff die damals gerade erst ein Jahr im Parlament arbeitende Takaichi das Wort und griff den Premier mit den Worten “Was soll das, sich einfach hier im Namen aller entschuldigen?”
Weder Südkorea noch China waren deshalb erbaut, als Takaichi am 21. Oktober 2025 zur Premierministerin gekürt wurde. Doch kaum im Amt, musste Takaichi sofort ein diplomatisches Mammutprogramm bewältigen:
- Ab dem 25. Oktober ging es zum ASEAN-Kongress in Malaysia
- Anschließend, ab dem 27. Oktober, besuchte Donald Trump Japan
- Vom 31. Oktober bis zum 1. November folgte das APEC-Treffen in Südkorea
Takaichi musste also innerhalb weniger Tage Donald Trump, den südkoreanischen Präsidenten Lee Jae-myung und den chinesischen Präsidenten Xi Jinping treffen. Und das tat sie, soviel kann an der Stelle gesagt werden, mit Bravour. Mit Donald Trump schien sie gut zurechtzukommen, und das Treffen mit Xi Jinping war eine gute Mischung aus sich Kennenlernen und gesunder Kritik (an den zunehmenden militärischen Aktivitäten im Ostchinesischen Meer). Eine faustdicke Überraschung gab es beim Treffen mit Lee Jae-myung: Nach dem obligatorischen Händeschütteln gingen Takaichi und Lee beide auf ihre jeweiligen Plätze zu. Takaichi machte dabei kurz vor der südkoreanischen Flagge halt, verbeugte sich kurz und drehte sich danach galant Richtung eigener Delegation. Die Geste dauerte nicht einmal eine Sekunde und wird 敬礼 genannt. Eine Respektsbekundung, die diplomatisch in dem Sinne nicht unbedingt erforderlich ist, aber die Geste wurde ihr in Südkorea hoch angerechnet. Dies und das nachfolgende Treffen veranlassten Lee später zu dem Fazit, dass “all seine Sorgen (über die Zukunft der japanisch-koreanischen Beziehungen) nun verflogen seien und er optimistisch sei, dass die bilateralen Beziehungen sich gut entwickeln werden”.
Takaichi scheint sich wohl zu fühlen auf der außenpolitischen Bühne: Sie ist ein charmanter, aber professioneller Gesprächs- und Verhandlungspartner, wie es scheint – und nicht so dröge und charakterlos wie viele ihrer jüngeren Vorgänger. Ein interessantes und vielversprechendes Debüt – nun muss sie sich aber auch im Inland beweisen, und das wird bei der jetzigen Konstellation des Parlaments nicht ganz einfach.
Foto: Quelle: Kabinettssekretariat. CC BY 4.0

Interessant, wie sich die neue Premierministerin darstellt. Mal sehen wie es weitergeht.
Aber noch interessanter finde ich zur Zeit deine Berichte auf deinen Reiseseiten über Shanghai und Saudiarabien. Leider verirren sich dorthin nur wenige Leser wie mir aufgefallen ist.
Dankeschön! Ja, die neuen Reiseberichte habe ich noch nicht so richtig publik gemacht. Einfach veröffentlichen reicht heutzutage nicht mehr, beziehungsweise es dauert sehr lange, bis sich mehr Leute dahin verirren… solange es aber auch nur ein paar Menschen wie euch gibt, die Freude daran haben, werde ich die Tradition wohl fortführen.