Sie sind eine japanische Besonderheit — die sogenannten Host Clubs, in denen zumeist sehr junge Frauen Geld bezahlen, um in Gesellschaft gestriegelter Gigolos zu kommen. Es wird geschätzt, dass es in ganz Japan über 800 dieser Etablissements gibt – 250 bis 270 Host Clubs, also rund ein Drittel – konzentrieren sich dabei auf das Viertel Kabuki-chō in Shinjuku, mitten im Herzen von Tokyo. Laut einer Studie von 20061 machten Host Clubs zu jener Zeit einen Umsatz von heute umgerechnet rund 6 Milliarden Euro – mehr noch als Soap Lands, der euphemistische Begriff für Bordells in Japan. Host Clubs gibt es bereits seit 1965 in Japan und sie sind im Prinzip das Gegenteil zu den Kyabakura (“cabaret club”), wo Männer für die Gesellschaft von Frauen bezahlen.
Sicher gibt es auch integre Host Clubs, doch es gibt offensichtlich auch etliche Host Clubs, die das Prädikat 悪質 verdienen — das Geschäftsmodell dieser Einrichtungen ist schlichtweg kriminell und funktioniert im Prinzip so: Junge Frauen werden zu einem Host Club eingeladen, wo sie beim ersten Besuch zum Beispiel nur 3000 Yen (knapp 20 Euro) bezahlen. Die dort arbeitenden Hosts sind natürlich sehr attraktiv und redegewandt – – und verleiten dazu, wieder vorbeizuschauen. Der nächste Besuch kann dann jedoch schnell 30’000 Yen kosten, und der dritte Besuch — dann ist auch durchaus ein Date mit einem der Hosts drin — 300’000 Yen. Das ist bereits verwerflich genug, doch die kriminelleren dieser Host Clubs sind in dieser Hinsicht natürlich alles andere als transparent und beschwichtigen die Gäste, dass sie gern auch anschreiben lassen können – das nennt sich 売掛 beziehungsweise im Jargon einfach ツケ (was im Deutschen dem Begriff “Deckel” entspricht). Viele junge Frauen tappen so sehr schnell in eine ernsthafte Schuldenfalle, doch kriminelle Host Clubs haben dazu die passende Lösung parat: Warum nicht auf den Strich gehen?
In den vergangenen Wochen ertappte so die japanische Polizei mehrere junge Frauen in einigen japanischen Städten, die genau das taten – sie boten auf der Straße sexuelle Dienste an, doch das ist in Japan verboten. Bei Verhören stellte sich dann schnell heraus, dass die meisten von ihnen umgerechnet hunderttausende Euro Schulden bei Host Clubs angehäuft hatten. Am 5. November kam es dabei zu einem Zwischenfall in Kabuki-chō: Eine Frau stach auf offener, belebter Straße mit einem Cutter auf einen Host ein und beschimpfte ihn dabei wüst — sie wollte wissen, wie viel Geld sie noch zahlen solle. Auf Anfrage gab sie an, dem Host Club bisher mehr als 120’000 Euro gezahlt zu haben.
Das Problem ist alles andere als neu — so beschäftigte sich der Film 新宿スワン (Shinjuku Swan)2 wenig beschönigend mit dem Thema. Neu ist jedoch das Alter der betroffenen jungen Frauen, denn seit Herabsetzung der Volljährigkeit auf 18 Jahre im Jahr 2022 werden diese immer jünger.
Seit kurzem wird die Situation auch – endlich – im Parlament diskutiert, denn es gibt zur Zeit keine rechtliche Handhabe gegen das fragwürdige Geschäftsmodell – wenn zur Zeit jemand verhaftet wird, dann maximal die Frauen, die sich in die Prostitution gedrängt sehen. Wie genau eine Maßnahme gegen besagte Host Clubs aussehen wird, ist noch unklar, doch hier besteht zweifelsohne großer Handelsbedarf.