Um wenigstens ein klitzekleines bisschen WM-Luft zu schnuppern, habe ich mich gestern zum Goethe-Institut in Tokyo begeben. Dort wurde auf einer grossen Leinwand das kleine Finale, Deutschland gegen Portugal, gezeigt.
Dazu gab es in Japan gebrautes, deutsches Hefe vom Fass und die obligatorischen Würstchen. Zu zivilen Preisen, Eintritt kostenlos. Einlass war 23:30, auf Grund der Zeitverschiebung war der Spielbeginn hier um 4:00 morgens. Lob und Dank an das Goethe-Institut, trotz der unchristlichen Zeit so etwas zu organisieren.
Demographisch gesehen war das Publikum schon interessant: Mit schätzungsweise 150 Leuten war der Saal voll. Rund 10% waren Deutsche, der Rest Japaner. Und wesentlich mehr japanische Frauen als Männer. Mehr als die Hälfte trug Fussballtrikots, und so gab es eine Menge Ballacks, Kahns, Huths und Schneiders im Saal. Und eine Riesen-Deutschlandfahne (siehe Bild, im Hintergrund).
Es war schon lustig, die hohen Stimmen, die da “Deutschland Deutschland” riefen. Die geschminkten Frauen, die in der Halbzeit über Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt fachsimpelten. Die schiere Begeisterung, wenn Kahn den Ball auch nur vom Boden pflückte. Wieder einmal bewahrheitete es sich: Manch Japaner ist deutscher als ein Deutscher.
Ein japanischer Fan erzählte mir die folgende Geschichte: Er ist grosser Fan der Mannschaft Urawa Reds. Urawa ist eine kleinere Stadt bei Tokyo. Er brachte seinen deutschen Fussballfreunden ein paar
Fanartikel mit – aber scheinbar schien sich keiner so richtig darüber zu freuen. Also brachte er beim nächsten Mal Fanartikel vom FC Tokyo mit. Und siehe da – sie fanden reissenden Absatz. Dabei hasst
der ärmste den Verein…
Fussballbegeisterung im Goethe-Institut, morgens um 5 in Tokyo…
Das Wort des Tages: 熱心 (nesshin). Netsu (ness-) bedeutet Hitze, -shin ist das Herz. Bedeutet “Eifer”, “Enthusiasmus”.