BlogDas Schriftzeichen des Jahres 2023

Das Schriftzeichen des Jahres 2023

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So wie in Deutschland jeweils das Wort und Unwort des Jahres gewählt wird, sucht man in Japan nach dem Schriftzeichen des Jahres – einem Schriftzeichen, dass die vergangenen 12 Monate am eindringlichsten beschreibt. Das Schriftzeichen wird von der Stiftung 日本nihon漢字kanji能力nōryoku検定kentei協会kyōkai (auf Englisch: The Japan Kanji Aptitude Testing Foundation). Diese Organisation testet die Schriftzeichen-Kenntnisse der Japaner und verleiht bei erfolgreicher Prüfung Zertifikate, die durchaus beruflich und schulisch relevant sein können.

Dieses Jahr entschied man sich für dieses Schriftzeichen:

Gelesen wird es ZEI, mit den älteren und kaum noch gebräuchlichen Lesungen chikara und mitsugi. Die Bedeutung ist vergleichsweise eindeutig — früher bedeutete es Tribut bzw. Abgabe (manchmal auch im Sinne von Bußgeld), heute „Steuer“. Unterrichtet wird dies in der 5. Klasse – 11-jährige und Ältere kennen also dieses Zeichen. Rund 150’000 Japaner stimmten in diesem Jahr ab – das Rennen ist meistens ziemlich knapp, allein schon wegen der schieren Menge der Schriftzeichen. Gerade mal rund 4% stimmten für das diesjährige Schriftzeichen des Jahres – knapp gefolgt von atsu(i) (wegen des extrem langen und sehr heißen Sommers), ikusa (wegen der Kriege in der Ukraine und in Gaza) und tora (Tiger, wegen der zahlreichen schlechten Nachrichten in diesem Jahr).

Das gleiche Schriftzeichen war bereits 2014 das Zeichen des Jahres – damals wegen der Erhöhung der Mehrwertsteuer. In diesem Jahr begründeten die Abstimmenden laut der Pressemitteilung der Kanji-Organisation1 die Wahl vor allem mit:

  1. Die Einführung des Invoice-Systems – eine sinnlose Maßnahme um ein bisschen mehr Steuern zu generieren
  2. Scheinbar unaufhaltsame Preissteigerungen für fast alles
  3. Das Hickhack in der Politik darüber, wie man all die schönen Vorhaben – vor allem Maßnahmen zur Erhöhung der Geburtenrate – bezahlen soll. Steuererhöhungen? Steuersenkungen? Nichts ist klar, aber größere Steuererhöhungen schweben im Raum.

So ziemlich alle Kandidaten der Schriftzeichen des Jahres hatten einen negativen Hintergrund – die wenigen Ausnahmen waren baseballbezogene Schriftzeichen wie tama und zu einem gewissen Grad auch tora, denn zum einen haben die Hanshin Tigers zum ersten Mal seit 18 Jahren wieder die Baseballliga gewonnen, zum anderen jagt das Ausnahmetalent Ōtani Shōhei in der NBA einen Rekord nach dem anderen.

  1. siehe hier
tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

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