Zufall? Oder abgesprochen? Am 8. Januar 2022 gab Premierminister Kishida bei der Neujahrspressekonferenz bekannt, die stetig fallende Geburtenrate zur Chefsache machen – er nannte die Angelegenheit 異次元の少子化, was man mit “abnorme Abnahme der Kinderzahlen” übersetzen kann (i-jigen bedeutet wörtlich “von einer anderen Dimension”). Bis März versprach er dabei konkrete Maßnahmen, mit der die Regierung das Problem ernsthaft anpacken möchte. Dieses Lied hört man allerdings in Japan seit Jahrzehnten schon. Am selben Tag preschte Koike, die Gouverneurin der Präfektur Tokyo, vor, indem sie bekannt gab, das Problem ebenfalls angehen zu wollen — indem allen Kindern von 0 bis 18 Jahren 5’000 Yen pro Monat gezahlt werden sollen. Außerdem will sie die Geldzahlung bei Geburt aufstocken. Und, dies wurde heute bekannt, Kinderkrippen sollen für 0-2jährige kostenlos werden.
Yahoo! Japan startete zu dem Thema sofort eine Umfrage – und beim jetzigen Stand antworteten die rund 35’000 Teilnehmer der Umfrage mehr als eindeutig:
Was denken Sie über die von der Regierung angekündigten Maßnahmen?
- Habe keine Erwartungen
- Habe Erwartungen
- Weder noch
- Habe keine Erwartungen
- Habe Erwartungen
- Weder noch
Umfrage auf Yahoo! Japan über die von der Regierung Kishida angekündigten Maßnahmen zur Bekämpfung der niedrigen Geburtenrate.1 Die Skepsis ist mehr als berichtigt, denn die demographische Zeitbombe tickt schon lange, und obwohl die Politik stets beteuert, etwas tun zu wollen, tut sich im Prinzip so gut wie gar nichts.
Dass die Regierung nun etwas unternehmen möchte, ist löblich. Doch Koikes Vorstoß, ob nun abgestimmt mit der Regierung oder nicht (wahrscheinlich eher nicht), deutet bereits an, dass es sich wieder nur um einen Tropfen auf einen heißen Stein handeln wird. 5’000 Yen pro Monat und Kind — also weniger als 40 Euro — sind gelinde gesagt lächerlich, wenn man bedenkt, dass man spätestens ab der Mittelschule (also wenn die Kinder 12 Jahre alt werden) nicht selten 100’000 Yen und mehr pro Monat für die Bildung der Kinder ausgibt. Die 5’000 Yen sind da eher lächerlich und werden ganz sicher niemanden dazu animieren, Kinder in die Welt zu bringen.
Doch die Lage ist in Japan in der Tat ernst, und sie wird zunehmend ernster – schon lange sieht man das “Jahr 2025”-Problem auf das Land zukommen, wenn die meisten der ersten Nachkriegsbabyboomer eines natürlichen Todes sterben. Die japanische Geburtenrate liegt bei rund 1.3 Geburten pro Frau – zur Beibehaltung der gegenwärtigen Bevölkerung benötigt man jedoch eine Geburtenrate von rund 2.07, doch die Geburtenrate unterschritt diesen wichtigen Wert schon Mitte der 1970er – das Fundament für einen spürbaren Bevölkerungsschwund wird also schon seit fast 50 Jahren (!) gelegt, und eine Besserung ist nicht in Sicht.
Premierminister Kishida wird sich noch in diesem Jahr an diesem Versprechen zu Jahresbeginn messen lassen müssen. Die Diskussion nimmt dabei jetzt schon Fahrt auf – so gibt es erste Gerüchte über Steuererhöhungen als Mittel, die zusätzlich zu erwartenden Kosten auszugleichen. Pessimistisch, wie ich (und sicher auch viele andere Eltern) bin, könnte das also bedeuten, dass angehende Eltern bevorzugt werden – Eltern von Kindern, die bereits etwas älter sind, jedoch zusätzlich belastet werden.
Spannend wird es, zu beobachten, ob die Politiker irgendwann verstehen, dass es nicht die Kleinkinder sind, die viel Geld kosten. Maßnahmen wie die von Koike gehen am eigentlichen Problem vorbei, und sie ignorieren andere, ebenfalls dringende Probleme – so gibt es zum Beispiel in den meisten Stadtteilen von Tokyo gar nicht genügend Krippenplätze. Nicht-existierende Krippenplätze kostenlos anzubieten ist daher Unsinn.
Der Ernst der Lage wird übrigens deutlich, wenn man sich die neueste Bevölkerungsstatistik des MLHW (Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt) ansieht – die vor einem Monat veröffentlichten Zahlen für die ersten 10 Monate des vergangenen Jahres sind erschreckend. Nicht eine einzige Präfektur – ja, noch nicht einmal die großen Metropolen – zeigen einen Geburtenüberschuss. Und das innerhalb von 10 Monaten mehr als eine halbe Millionen Menschen mehr versterben als geboren werden, sollte alle Alarmglocken schellen lassen – dabei ist das, Stichwort 2025-Problem, erst der Anfang.
Geburten und Todesfälle, nach Präfektur, Januar – Oktober 20222
Präfektur | Geburten | Todesfälle | Saldo |
---|---|---|---|
Hokkaido | 23,034 | 60,035 | -37,001 |
Aomori | 5,320 | 16,300 | -10,980 |
Iwate | 5,064 | 15,490 | -10,426 |
Miyagi | 11,013 | 22,634 | -11,621 |
Akita | 3,603 | 13,865 | -10,262 |
Yamagata | 5,023 | 13,713 | -8,690 |
Fukushima | 8,674 | 22,156 | -13,482 |
Ibaraki | 13,906 | 30,357 | -16,451 |
Tochigi | 9,209 | 20,425 | -11,216 |
Gunma | 9,671 | 21,872 | -12,201 |
Saitama | 37,383 | 67,410 | -30,027 |
Chiba | 31,913 | 59,800 | -27,887 |
Tokyo | 77,128 | 115,559 | -38,431 |
Kanagawa | 47,808 | 81,449 | -33,641 |
Niigata | 10,461 | 26,287 | -15,826 |
Toyama | 5,400 | 12,213 | -6,813 |
Ishikawa | 6,145 | 11,619 | -5,474 |
Fukui | 4,357 | 8,569 | -4,212 |
Yamanashi | 4,257 | 9,107 | -4,850 |
Nagano | 10,777 | 22,968 | -12,191 |
Gifu | 10,037 | 21,431 | -11,394 |
Shizuoka | 18,256 | 38,870 | -20,614 |
Aichi | 44,454 | 67,276 | -22,822 |
Mie | 9,286 | 19,194 | -9,908 |
Shiga | 8,438 | 12,234 | -3,796 |
Kyoto | 13,241 | 26,072 | -12,831 |
Osaka | 49,164 | 89,226 | -40,062 |
Hyogo | 29,227 | 55,520 | -26,293 |
Nara | 6,446 | 13,978 | -7,532 |
Wakayama | 4,594 | 11,699 | -7,105 |
Tottori | 3,323 | 6,655 | -3,332 |
Shimane | 3,722 | 8,411 | -4,689 |
Okayama | 10,783 | 20,274 | -9,491 |
Hiroshima | 15,561 | 28,675 | -13,114 |
Yamaguchi | 6,961 | 17,092 | -10,131 |
Tokushima | 3,647 | 8,910 | -5,263 |
Kagawa | 4,988 | 10,964 | -5,976 |
Ehime | 6,735 | 16,235 | -9,500 |
Kochi | 3,249 | 9,440 | -6,191 |
Fukuoka | 30,942 | 50,799 | -19,857 |
Saga | 4,939 | 9,159 | -4,220 |
Nagasaki | 7,499 | 15,950 | -8,451 |
Kumamoto | 10,689 | 20,115 | -9,426 |
Oita | 5,992 | 13,217 | -7,225 |
Miyazaki | 6,368 | 13,273 | -6,905 |
Kagoshima | 9,363 | 19,941 | -10,578 |
Okinawa | 11,821 | 12,872 | -1,051 |
Summe | 669,871 | 1,289,310 | -619,439 |
Mit dem Wohlstand sinkt offensichtlich die Kinderzahl.
Eine Gesellschaft braucht Kinder, darum ist es wichtig die Familien zu unterstützen, finanziell und mit ausreichenden kostenlosen Betreungsplätzen und Schulen. Auch mit Altersvorsorge für Eltern, wenn sie wegen mangelnder Betreungsmöglichkeit nicht ihrem Beruf nachgehen können.
5000 Yen im Monat sind da wirklich nur lächerlich. Reicht das in Japan für die Windeln?
Ganz ehrlich, wenn man sich diese Maßnahmen ansieht, dann merkt man das die Politiker wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank haben, sorry für diese Beleidigung. Seit Jahrzehnten warnen Forscher davor, aber man hat die Fakten gekonnt ignoriert.
In der Familienpolitik müssten sich diese Dinge ändern
– Gleichgeschlechtliche Leute sollten Adoptieren & heiraten können.
– Unterstützung der künstlichen Befruchtung, insbesondere für lesbische Paare
– Aktiver Kampf gegen Rassismus wenn es um “Halfus” geht und abschaffen Regeln wie sich die Haare schwarz färben wenn man eine andere Haarfarbe hat
– Die Schuluniformen sollten gestellt werden, es ist ein Unding das man Eltern verpflichtet sich die kaufen zu müssen für teuer Geld. Eine Kautionsleistung währe evtl. angebracht
– Kinderkrippen & Kindergärten sollte staatlich gefördert werden und wenn es geht sollten die Mitarbeiter besser bezahlt werden
– Stärkerer Kampf gegen Sexismus und den veralteten Rollenbildern
Generell habe ich das Gefühl das in Südostasien (Japan, Süd-Korea, Taiwan, China, Singapur) die Geburtenrate deswegen sinkt weil die meisten Millennials und Gen-Z Leuten keinen Bock mehr auf die alten Rollenbilder mit das der Vater Vollzeit arbeitet, die Mutter mit der Geburt eines Kindes ihren Job aufgibt und zur Hausfrau mutiert, die Kinder später ihre Eltern pflegen müssen, mit den Kollgen am Feierabend saufen gehen etc.
Ich habe keine Freunde aus Südostasien aber ich selber bin zur Hälfe Afrikaner, mein bester Freund ist Türke, ein anderer Freund ist Türke Iranischer Abstammung und ein weiterer Freund ist zur Hälfte Afroamerikaner und Deutscher. Wie du ja weißt gelten in solchen Kulturen auch Werte das der Mann arbeitet, die Frau sich um Kinder und Familie kümmert und von den Kinder erwartet wird ihre Eltern auch im Erwachsenenalter zu “gehorchen”. So gut wie alle meine Freunde lehnen die alten Werte jedoch ab und wollen vermehrt Gleichberichtung in vielen Dingen.
Solange nur um ein paar Beispiele zu nennen Frauen bei Sorgerechsstreitigkeiten eher zugehört wird, Häusliche Gewalt bei Männern ignoriert wird, man als Schl***e gilt wenn eine Frau einen Mann anflirtet, von Ehefrauen erwartet wird sich um die Schwiegereltern zu kümmern, sichtbare “halfus” nicht als volles Mitglieder der Gesellschaft behandelt werden, bei Krankheiten wie AIDS Angst haben muss in eine Art Lager gesteckt zu werden, erwartet wird das Frauen bei der Geburt ihres Kindes alles aufgeben und es toleriert wird das Ehemänner sich wie Pascha aufführen, Ehemänner die sich vermehrt um ihre Frauen u. Kinder kümmern wollen und deswegen früher die Arbeit verlassen als Schlappschwänze/Schwul gelten, Männer die im sozialen Beruf arbeiten wollen als Pädophile und Vergewaltiger gebrandmarkt werden, Alleinerziehende sozial gebrandmarkt werden, solange braucht man sich nicht wundern das die Millennials und Gen-Z keinen Bock auf Familiegründung haben.
Selbst wenn die Politik es schafft die Probleme zu lösen, so werden trotzdem die Leute nicht mehr im Babyfieber sein, es kann gut sein das die Geburtenrate steigt, das aber nur etwas. Wie ich es schon damals gesagt habe, wenn eine Gesellschaft einen gewissen Wohlstand hat und man extrem viele Möglichkeiten hat sein Leben zu leben, dann ist es doch logisch das die Bevölkerung nicht mehr so kompromissbereit ist. Durch Internet und den allgemeinen Kommunikationsmöglichkeiten ist es auch nicht mehr so erforderlich immer rauszugehen um neue Leute kennenzulernen. Das ist nunmal Tatsache.
Man sollte sich von dem Gedanken verabschieden das jede/er unbedingt eine Familie gründen und Kinder haben, ein Haus kaufen will, teils wegen den angesprochen Problemen und teils weil manche einfach keine Lust haben.
Zur Information:
https://beratung.de/recht/ratgeber/adoption-homosexuelle-wie-schwule-lesben-adoptieren-koennen_fnqvie#2.3
Einige wenige gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten für die künstliche Befruchtung bei gleichgeschlechtlichen Paaren als freiwillige Zusatzleistung. Es kann sich also lohnen, bei der eigenen Krankenkasse vor Beginn der Behandlung nachzufragen. Ein gesetzlicher Anspruch besteht jedoch nicht.