“Das klingt wie ein Feueralarm! Und weit weg scheint der nicht zu sein!” – so wunderten wir uns heute im Büro. Und siehe da – keine zwei Minuten später hörte man schon die erste Feuerwehr, die sich oft nicht nur durch Sirenen, sondern auch durch die Zurechtweisungen und Warnungen an die Autofahrer mittels Lautsprechern bemerkbar machen. Der Herd war schnell ausgemacht: Zehn Meter vom Büro entfernt, auf der gegenüberliegenden Seite, brannte ein chinesisches Restaurant. Ein sehr gutes, wohlgemerkt – so gut, dass ich dort seit rund einem Jahr kaum noch einen Tisch bekomme. Die Küche des Restaurants jedoch war mir schon immer ein bisschen suspekt – sie liegt “nach hinten raus”, und ich laufe jede Nacht daran vorbei. Zwei große Abluftrohre zeigen aus der Wand, und darunter hängen manchmal Plastiktüten, in die dann das Öl tropft. Klarer Fall: Die Feuergefahr ist bei der chinesischen Küche besonders hoch.
Der Krach schwoll immer mehr an. Innerhalb von 5 Minuten waren insgesamt 6 Löschfahrzeuge vor Ort, dazu kamen dann Einsatzleiterwagen, der Tepco(Stromerzeuger)-Notfallwagen, der Gasnotfallwagen, Krankenwagen und zu guter letzt die Polizei. Aus den beiden Abluftvorrichtungen drang dicker, giftig aussehender, gelber Qualm. Wenig später kam aus einem Rohr dann weißer Qualm. Hurra, wir haben einen Papst! Die Szenerie wurde durch einen Hubschrauber irgendeines Fernsehsenders abgerundet. Rund 50 Feuerwehrleute rannten hin und her – man sah ihnen jedoch sofort an, dass sie offensichtlich wussten, was sie taten. Weitere 50 Zuschauer verfolgten mit Interesse das Geschehen.
Doch die Feuerwehr muss hier besonders auf Trab sein. Es wird sehr eng gebaut in Tokyo – gerät ein Brand außer Kontrolle, kann schnell ein ganzer Block brennen. Und da Platz Mangelware und sehr teuer ist, sind Geschäfts- und Restaurantbesitzer findig und nutzen jeden einzelnen Quadratzentimeter. Bewusst oder unbewusst werden so schnell Fluchtwege zugebaut oder unbrauchbar gemacht – mit schweren Folgen. Beim Brand in einem sehr engen Restaurant- und Karaokegebäude im Jahr 2001 in Kabukichō kamen 44 Menschen ums Leben. Sie hatten keine Chance, aus dem Gebäude zu flüchten, da die Notausgänge geschlossen oder zugestellt waren.
Laut offizieller Statistik¹ gab es im ersten Halbjahr 2019 insgesamt 1’527 Hausbrände in Tokyo – dabei brannten 65 Gebäude komplett nieder, doch in 1’144 Fällen gab es “so gut wie keinen Schaden” – das Haus kann weiter genutzt oder bewohnt werden.
Bei dem Brand heute wurde scheinbar niemand verletzt. So weit die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass ich wohl vorläufig auf meine 汁なし担々麺 verzichten muss.
¹ Siehe hier