Es mutete wie ein um einen Tag verfrühter Aprilscherz an: In der gestrigen Beilage unserer Tageszeitung befand sich ein Leitfaden zu den Corona-Impfungen mit der Überschrift “Endlich beginnen die Impfungen gegen das Corona-Virus”. Der Inhalt: Eine Art “FAQ” zu den Corona-Impfungen. Die Frage Nummer 1 beschäftigte sich mit den Nebenwirkungen. Genauso die zweite Frage. Eine andere Frage drehte sich um den Preis (die Impfungen sollen in Japan kostenlos sein). Erst die sechste Frage lautete: “Wann kann ich mich impfen lassen?”. Die Antwort: Erstmal wird die ältere Generation geimpft, und das soll Mitte April beginnen. Das ist neu, denn bisher hiess es, dass es am 1. April losgehen soll. Zu den unter 65-jährigen stand schliesslich ganz lapidar: Ein Zeitplan steht noch nicht fest.
Nein, das muss ein Aprilscherz sein. Erst sagen “Endlich geht es los”, und dann “aber wir haben keine Ahnung, wann es losgeht”. Man kann es wirklich nicht anders ausdrücken: Japan hat die Impfungen gegen das Virus völlig verpennt, und das kann sich bitter rächen. Schon jetzt schnellen die Fallzahlen in die Höhe – in diversen Präfekturen, allen voran Hyogo, Osaka und Miyagi, aber auch in “ferneren” Präfekturen wie Ehime werden neue Rekorde eingestellt. Das Virus ist eindeutig wieder auf dem Vormarsch. Trotz allem haben noch nicht einmal 1% der Menschen die erste Impfung erhalten. Wie man unter diesen Umständen in gerade mal 3 Monaten die Olympischen Sommerspiele ausrichten will, ist mir und vielen anderen sicher auch schleierhaft.
Theoretisch soll es so laufen: Die Koordinierung der Impfungen soll auf lokaler Ebene erfolgen. Dazu werden “Impfgutscheine” ausgegeben, mit denen man sich kostenlos impfen lassen kann. Wochen oder Monate später soll dann die Terminvergabe geschehen. Der Plan sah dabei eigentlich vor, bis Juni alle über 65-jährigen geimpft zu haben. Die 1 Million Menschen, die bisher geimpft wurden, bestehen dabei in erster Linie aus besonders gefährdeten Berufsgruppen wie Krankenhauspersonal, aber auch aus Senioren in diversen Modellkommunen.
Die Trendnachfragen zum Thema Coronaimpfung sind in Japan dabei
- Nebenwirkung
- Wann?
- Impflage
— wobei 1) vor allem den Medien zu verdanken ist, die jeden Fall einer Nebenwirkung, egal wo, genüßlich auseinandernehmen. Die Regierung nimmt das gern zum Anlass, die Verspätung zu entschuldigen.
Es wird interessant sein, zu sehen, wie sich die Lage weiter entwickelt – zum Beispiel, ob es genug Impfstoff geben wird, und ob man die Logistik auch wirklich meistern wird. Fest steht jedoch, dass erwartungsgemäß immer mehr Menschen murren werden ob der vergeudeten Zeit.
In Deutschland erleben wir ja gerade sehr leidvoll was es bedeutet, bei Impfungen zu viel Zeit verstreichen zu lassen. Die dritte Welle rollt mit voller Wucht an, und die meisten Menschen stehen dem schutzlos gegenüber. Da schaut man schon neidisch nach GB, Israel oder in die USA und fragt sich, warum wir so unendlich langsam und bürokratisch sind.
Es war schon lange klar, dass uns nur eine Impfung aus der jetzigen Situation befreit. Warum diese nicht mit aller Kraft und Nachdruck voran gebracht wird ist vollkommen unverständlich.
Ich hoffe sehr, dass Japan da Schwung aufnimmt und die lange Wartezeit nicht zu viele Opfer fordert.