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Kishida-Besuch in Südkorea | Corona-Virus ab heute nur noch „gewöhnliches“ Virus

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Eigentlich gibt es viel zu reden und viel zu tun zwischen Japan und seinem nahen Nachbarn, Südkorea. Es gibt viele Interessen, die sich ähneln – so zum Beispiel bietet sich eine politische Zusammenarbeit an, um ein Gegengewicht gegen die immer selbstbewusster auftretende Volksrepublik China zu bilden, dazu kommt eine militärische Zusammenarbeit, um der Bedrohung durch Nordkorea gerecht zu werden, sowie eine wirtschaftliche Zusammenarbeit, die aufgrund der Nähe und der verschiedenen Stärken beider Länder ganz einfach auf der Hand liegt. Und dennoch ist es sage und schreibe 12 Jahre her, dass sich ein japanischer Premierminister zum letzten Mal nach Seoul begab, um dort vom südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol empfangen zu werden. Dies geschah am letzten Wochenende – zuvor war der südkoreanische Präsident im März nach Tokyo gereist.

Der Grund für den langen Hiatus war natürlich die schmerzvolle Geschichte zwischen Japan und Südkorea – Japan richtete in der Zeit der Besetzung von 1910 bis 1945 viel Leid in Südkorea an, indem es unter anderem hunderttausende Koreaner zur Zwangsarbeit verpflichtete und Koreanerinnen als sogenannte „Trostfrauen“ in Armeebordellen mißbrauchte. Für Japan ist die Sache aufgrund verschiedener Gespräche und Verträge seit 1945 quasi erledigt – doch das sehen viele Südkoreaner ganz anders. Von Premierminister Kishida gab es bei seiner Rede in Seoul dementsprechend auch keine Entschuldigung – er sprach lediglich davon, dass „sein Herz schmerze, wenn er daran denke, dass (während der Besatzungszeit) viele Menschen extrem litten und traurige Erfahrungen machten“ (die komplette Rede ist hier einsehbar). Mit Bezug auf vorherige Bemühungen, die historischen Probleme zu lösen, bat er darum, „… die Anstrengungen vorheriger Generationen zur Lösung fortzuführen“.

Yoon und Kishida beschlossen bei ihrem Treffen am Wochenende, die „Shuttle-Diplomatie“ wieder aufzunehmen, sprich, mehr miteinander zu sprechen. Doch eine Umfrage bei Yahoo! Japan machte heute deutlich, was Japaner davon erwarten: 68% erwarten keine Änderungen, 18% denken, dass sich die Beziehungen sogar verschlechtern, und nur 13% glauben an eine baldige Verbesserung. Mit anderen Worten – man reagiert pessimistisch-resigniert. Erst recht, wenn man bedenkt, dass Yoons Zustimmungsrate in der südkoreanischen Bevölkerung lediglich rund um die 30% beträgt. Geht Yoon, folgt mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit wieder jemand, der in der Bevölkerung punkten möchte, indem sie oder er eine harte Haltung gegenüber Japan verspricht. Das ist immer noch sehr populär.

Eine kleine Randnotiz noch zum Thema Coronavirus: Seit heute, und ganz bewusst zum Ende der Goldenen Woche gewählt, ist das Corona-Virus zu einem Stufe 5-Virus hinabgestuft worden (mehr dazu siehe hier). Damit wird es den gewöhnlichen Grippeviren gleichgestellt. Als Maßnahme bleibt deshalb nur noch die Datenerfassung über die Ausbreitung bestehen – andere Maßnahmen fallen ab heute weg. In der Tat sieht man nun deutlich mehr Menschen ohne Maske – zumindest im Freien. In Bahnen und Gebäuden tragen jedoch nach wie vor weit mehr als die Hälfte der Japaner einen Mund-Nasen-Schutz. Der heutige Tag ist jedoch dennoch ein Gläschen Sekt wert – Japan macht so einen wichtigen Schritt hin zur Vor-Corona-Normalität, und man erwartet aufgrund der wegfallenden Maßnahmen einen spürbaren wirtschaftlichen Aufschwung.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

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