BlogMy Number mit bösem IT-Fehler und analog-digitalem Mischmasch

My Number mit bösem IT-Fehler und analog-digitalem Mischmasch

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Über das japanische MyNumber-System wurde auf diesem Blog bereits seit 2015 mehrfach berichtet – es geht um eine 12-stellige Nummer, die den Ämtern dabei helfen soll, Informationen über jeden Bürger besser miteinander verknüpfen zu können. Mit dem Vorteil für die Bürger, dass sie mit einer dazugehörigen, aber optionalen Karte zahlreiche Behördengänge sparen können – so kann man sich Wohnsitznachweise, Stempelnachweise und Impfzertifikate in jedem Convenience Store schnell ausdrucken lassen – oder die Steuererklärung am eigenen PC erstellen und einreichen. Dank zahlreicher Lockmittel wie Punkte im Wert von bis zu 150 Euro pro Person haben bereits 77% aller japanischen Bürger eine My Number-Karte.

Doch gerade das Ausdrucken von Zertifikaten in Convenience Stores wurde in dieser Woche zu einem enormen Problem. So staunte ein Japaner aus Kawasaki nicht schlecht, als er an einem dafür vorgesehenen Automat sein Wohnsitzzeugnis ausdrucken wollte – dieses jedoch die Daten eines wildfremden Menschen enthielt. Das ist gerade in Japan, wo die meisten Menschen sehr ängstlich sind, was persönliche Daten angeht (nicht wenige kratzen die eigene Adresse von Kartons bevor sie in den Müll wandern), ein ziemlich schlimmer faux-pas. Präsentiert wurde der hundsgemeine Bug im System von Fujitsu, einem auch außerhalb Japans wohlbekannten Konzerns. Der Fehler war zwar nach einem Tag korrigiert, doch da hatten bereits so viele Nachrichtensendungen und Zeitungen darüber berichtet, dass das erst vor kurzem erschaffene Digitalministerium sich zu einer Stellungnahme genötigt sah – man entschuldigte sich, und beschwichtigte natürlich.

Als jemand, der selbst beruflich viel mit IT zu tun hat, kann ich das Geschehene nur als unglaubliche Stümperei bezeichnen. Laut Fujitsu versuchten zwei verschiedene Personen an zwei verschiedenen Orten gleichzeitig, ihr Wohnsitzzeugnis auszudrucken – dabei wurde die Nummer der einen Person mit der der anderen Person schlichtweg überschrieben. Dieser Fehler ist ganz, ganz einfach vermeidbar, indem man nicht nur die My Number als ID zum Druckauftrag benutzt, sondern eine zusammengesetzte Number, die aus der My Number, einem Zeitstempel und der Identifikationsnummer des Automaten besteht (das muss natürlich alles verschlüsselt sein). Das gehört absolut zum 1×1 des Gewerbes und ist Anfängerwissen – scheinbar waren die Systementwickler von Fujitsu jedoch gerade auf der Toilette, als das Thema im Unterricht behandelt wurde.

Apropos My Number: Neulich flatterte eine Postkarte ins Haus, in der ich aufgefordert wurde, das digitale Zertifikat meiner My Number-Karte zu erneuern, denn selbiges ist nur 5 Jahre gültig. Das digitale Zertifikat benötige ich, wenn ich meine Karte am heimischen PC einlesen möchte – zum Beispiel, um damit meine Steuererklärung zu machen. Doch wie erneuern? Nun, dazu muss man – höchstpersönlich – zum Rathaus gehen, eine Nummer ziehen und dann mit dutzenden Anderen warten, bis man dran ist. Dann gibt man an einem Terminal seine Zugangsnummer sowie einen längeren, gesonderten Zugangscode für seine Karte ein, und das war es dann auch schon. Das dauerte einen guten Teil eines Sonnabendvormittages. Die Angestellte fragte mich daraufhin auch noch, ob ich das neue Zertifikat dringend brauche, denn es würde bis Dienstag dauern, bis es ausgestellt ist. Aber nochmal zur Zusammenfassung: Um das digitale Zertifikat der My Number-Karte, deren Aufgabe es ist, Behördengänge überflüssig zu machen, zu erneuern, muss man ganz analog, in Fleisch und Blut, im örtlichen Rathaus antreten. Wie sinnvoll.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

10 Kommentare

  1. Das erinnert an die Sozialversicherungsnummer in den USA, die oft doppelt vergeben ist…
    Die Maina-kaado soll ja auch als KV-Karte und andere Zwecke herhalten – meine wurde gerade ausgestellt, und ich muss mich bis Mittag des Vortages anmelden, um die Karte in Empfang zu nehmen, waehrend ein Beamter der Kommunalverwaltung prueft, dass ich auch wirklich ich bin…
    Ohne diese Nummer gibt’s auch keine Bankkonten und auch keine Ueberweisungen ins Ausland mehr…

  2. Oh weia, und da dachte ich eigentlich, hier in D wär die Digitalisierung am A**** ;)
    Achja, und auch ich Kratze die Labels von den Kartons runter, bevor sie in den Müll wandern. Warum auch nicht? :P

    • Was die dampfbetriebenen Leitungen in Deutschland angeht, ist Japan sicher ein Vierteljahrhundert voraus… ;-) Hier hat man quasi von Anfang an auf Glasfaser gesetzt, waehrend man Deutschland noch mit Kupferkabeln beglueckt hat…

      • Warum ist das so???
        Hier ein Blick in die Vergangenheit.
        https://www.wiwo.de/politik/deutschland/digitalpolitik-altkanzler-schmidt-wollte-glasfaser-spitzenreiter-werden/20811640.html
        Das war vor mehr als 40 Jahren.
        Schon seit Jahren wird in unserer Gemeinde über schnelles Internet gesprochen.
        Vor ca 18 Monaten hatten wir einen Vertrag für einen Glasfaseranschluss abgeschlossen. Tun tut sich nichts, außer mal wieder eine Einladung zu einem Infoabend nächste Woche.

        • Ich glaube, Wikipedia gibt da eine mehr als treffende Antwort… :-/
          https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Schwarz-Schilling#Kritik
          Hinter allem steckt Korruption – Linksgruen fuehrt fort und beschleunigt rasant, was schon unter Kohl angefangen und langsam Fahrt aufgenommen hat – die Deindustrialisierung Deutschlands und sein Abstieg als fuehrende Wirtschafts- und Exportnation… :-/ Entsprechend dem alten physikalischen Grundsatz, dass Sch…e oben schwimmt, stopft sich ein jeder, der an die ueberquellenden Fresstroege gelangt, erstmal die Taschen voll und kuemmert sich einen feuchten Kehricht um das Staatsvolk, das ihm in seiner Blindheit den Zugang zu diesen Troegen erst ermoeglicht hat…
          Rund um Deutschland herum funzt das Internet – aber versuch mal, in einer strukturschwaecheren Region einen stabilen Internetanschluss zu kriegen, geschweige denn durchgehende Handy-Verbindung in Regionalzuegen oder auf Strassen…
          Letztes Jahr musste ich als Beifahrer eine Handy-Verbindung auf der Autobahn von Sapporo bis kurz vor Hakodate halten. “Deutschlandgeprueft” hatte ich vorher gefragt, ob die Verbindung auch wirklich durchgehend stabil sein wuerde… Die Frage wurde eher mitleidig belaechelt und hat sich als absolut unbegruendet herausgestellt…

          • Die Handyverbindung war in Japan immer einwandfrei.
            Wir konnten auch im Shinkansen bei voller Fahrt noch größere Videos runterladen, ohne Probleme :-)
            Wenn man in D im Zug sitzt, kann man stellenweise froh sein, wenn überhaupt was reinkommt.

  3. Ich wollte nicht allzusehr ins Detail gehen, sondern nur einen Hinweis geben, warum wir so hinterherhinken mit dem schnellen Internet.
    Die Ampelregierung ist gerade mal seit Dezember 2021 im Amt. Die Versäumnisse sind älter.
    Versäumnisse nicht nur bei der Digitalisierung.

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