BlogHat hier die Vernunft gesiegt? Leider nicht...

Hat hier die Vernunft gesiegt? Leider nicht…

-

Fast hätte ich ja die bedeutendste Meldung der jetzigen Woche vergessen! Um es schlagzeilenreif zu präsentieren –

“Japan zieht sich aus dem Irak zurück”

Auch Japan hat sich mit seiner Armee Selbstverteidigungsstreitkraft an dem Abenteuer beteiligt. Auf Anfrage der USA (Parallelen? siehe hier!) erklärte sich die Regierung spontan bereit, Truppen in den Irak zu schicken. Obwohl die Verfassung Japan nicht nur verbietet, eine Armee zu halten, sondern auch, sich auf anderen Kriegsschauplätzen zu
tümmeln. Aber bekanntermassen ist das reine Auslegungssache.
Das es sich bei der die Tatsache treffend beschreibenden Aussage “Japans Selbstverteidigungsstreitkräfte im Irak” um ein Oxymoron erster Güte handelt, ist auch etlichen Japanern aufgefallen: Was verteidigen denn die Kräfte da im fernen Irak? SICH selbst? Schwer zu sagen. Freilich handelt es sich um eine humanitäre Aktion. Mit Waffen und in Uniform. Wir beissen nicht, wir wollen nur spielen.
Die paar tausend Mann wurden im wohl verhältnismässig ruhigen Süden des Iraks, also in der britischen Besatzungszone (habe ich das wirklich geschrieben!?) stationiert. Wohl aufgrund dessen kann sich die
Streitkraft glücklich schätzen, keine Opfer beklagen zu müssen. Obwohl man immerhin 2½ Jahre dort war.
Nun geht es also zurück. Weil man gemerkt hat, dass man dort nichts zu suchen hat? Nein. Leider nicht. Dies geschieht einfach nur aus dem Grund, weil die Iraker sich bereit erklärt haben, Sicherheitsangelegenheiten in der Region selbst zu klären. Will heissen, die Briten ziehen ab. Und damit die Japaner auch. Wie auch immer – Japan hat im Irak nichts zu suchen. Von anderen mal ganz abgesehen. Und aus welchen Gründen auch immer – gut, dass man abzieht, bevor etwas passiert.
Wort des Tages: 自衛隊 – jieitai. ji bedeutet “selbst”. ei bedeutet unter anderem “verteidigen”. tai sind die Truppen bzw. Streitkräfte. Artikel 9 der japanischen Verfassung verbietet Japan, eine Armee zu halten und sich anderswo einzumischen. Eine heikle Sache also (mehr und mehr Politiker möchten diesen Artikel allerdings ändern – das wird noch öfters Schlagzeilen machen).

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Neueste Beiträge

Jetzt geht’s den Bären an den Kragen

... und zwar nicht nur den Braunbären, sondern auch den Kragenbären, denn Vorfälle mit Bären haben sich in Japan...

Neugebackene Premierministerin: Überraschendes Debüt auf internationalem Parkett

Außenpolitisch gesehen wurde die Wahl von Takaichi Sanae zur ersten Premierministerin Japans von vielen als problematisch angesehen: Sie wird...

Alles MAGA oder was? Resultat des Trump-Besuchs in Tokyo

Seit gestern weilt Donald Trump in Tokyo – und die Stadt ist im Ausnahmezustand. Rund 18'000 Polizisten sorgen für...

Chūka Soba Masuda (中華そば ます田) in Nerima, Tokyo

In diesem kleinen Ramenlokal verwendet man nur besondere Hühnchen und Kombu aus Rausu in Hokkaido. Ausserdem wird viel experimentiert.

Ruck nach rechts: Wittern die Ultranationalisten Morgenluft?

Nun ist es also amtlich: Takaichi Sanae wurde als erste Frau zur Premierministerin Japans gekürt, und zwar mit Hilfe...

Etwas andere Flugrouten nach Japan

In diesem Monat ging es mal wieder für knapp 2 Wochen in die alte Heimat – dieses Mal auf...

Must read

Die 10 beliebtesten Reiseziele in Japan

Im Mai 2017 erfolgte auf dem Japan-Blog dieser Webseite...

Auch lesenswertRELATED
Recommended to you