BlogFilmkritik: Kiseijū (Parasiten)

Filmkritik: Kiseijū (Parasiten)

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kisseijuSchon mal vorgestellt, wie es sein würde, wenn ein Körperteil ein eigenes Leben entwickeln würde? Richtig mit denken, sprechen und allem? Mit dem man dann schwatzen, philosophieren, und richtig heftig kämpfen kann? Nein? Dann gibt es diesbezüglich eine gute Nachricht: Der Manga-Zeichner Hitoshi Iwaaki hat sich darüber durchaus Gedanken macht, und diese in insgesamt 64 Bänden, beginnend 1988, festgehalten. Das Manga 寄生獣 kiseijū („Parasiten“) war zu jener Zeit sehr beliebt – vor allem bei Oberstufenschülern und Studenten.
Dieser Stoff wurde nun verfilmt – Teil 1 erschien im November 2014, Teil 2 erschien vor drei Wochen, im April 2015. Nun kenne ich selbst den Manga freilich nicht, aber meine Frau kennt ihn natürlich. Hätte mich auch gewundert, wenn nicht.
Der Film beginnt mit ein paar Endzeitbildern und ein paar einleitenden Fragen: „Gäbe es nur 10% der Menschen, die es heute gibt, würden diese dann nur 10% des vernichteten Waldes zerstören?“. Gute Frage. Schnitt. Ein paar Glibberkugeln treiben auf einen Hafen zu, und ein paar längliche Parasiten schleimen sich ihren Weg zu einem Container. Diese suchen sich auch schnell ihre Opfer und kriechen ihnen durch das Ohr in das Gehirn. Beim Abiturienten Shin’ichi klappt das leider nicht, denn er hat seine Ohren mit Kopfhörern verstöpselt. So flieht der Parasit in die rechte Hand, und dort bleibt er stecken. Entsprechend wird er sich später auch „migii“ – „Rechts“ nennen.
Während die fachgemäss vom Parasiten befallenen Wirte nicht lange zaudern, ihre Gattinnen und andere Mitmenschen recht flink und brutal zu verspeisen, verzweifelt Migii anfangs an seinem Schicksal – schliesslich hatte er versagt. Der Träger des Parasiten ist natürlich auch nicht ganz glücklich. Bei den Parasiten – durchaus klug, aber sehr gefrässig – gibt es zudem zwei Gruppierungen: Die einen finden es passabel, einfach die Wirte komplett zu übernehmen, die anderen überlegen, das ganze weniger blutig vonstatten gehen zu lassen. Und Migii und sein Träger beginnen einen blutigen Kampf gegen die anderen Parasiten, die es sogar schon in die Politik (ich wusste es!) geschafft haben.
Der Film ist typisch japanisch, aber was die Spezialeffekte anbelangt, besser als vieles, was man bisher so gesehen hat. Etwas Horror, etwas Gesellschaftskritik, etwas Endzeitstimmung, etwas Romanze, etwas Humor: Eine kurzweilige Mischung. Das Ende ist allerdings recht abrupt: Man hat das Gefühl, lediglich eine Vorschau zu etwas gesehen zu haben.
Interessant: Shin’ichi bezeichnet seinen Parasiten als „Leibhaftigen“. Der äusserst lernfähige Migii liest sich danach alle möglichen Erklärungen zum Thema Teufel durch und kommt zum Entschluss, dass Menschen eigentlich viel schlimmer seien als der Teufel. Komisch: Vor einem Kampf mit einem der mit übermenschlichen Kräften ausgestatteten Parasiten erklärt Migii plötzlich, dass er furchtbar müde sei und gerade mal nichts machen könne.
Wie es aussieht, werde ich mir Teil 2 also auch noch ansehen müssen. Normalerweise bin ich kein sonderlich grosser Fan solcher Filme, aber der Film hat seine guten Momente. Laut Kennerin neben mir ist der Film allerdings offenbar ein gutes Stück vom Originalmanga entfernt.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

1 Kommentar

  1. Ich habe die ganze Anime (sprich die Serien, die es bis heute gab) gesehen. Kann nich sagen, dass es mich wirklich beindruckt hat, jedoch einmal koennte man sich solches reinziehen, aber nicht mehr.

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