BlogDie tektonische Woche

Die tektonische Woche

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Eigentlich lässt es einen ja schon fast kalt, wenn die Erde mal wieder ein bisschen wackelt oder irgendwo ein Vulkänchen brodelt. Aber die letzten 5 Tage legte sich der Untergrund in und um Japan so richtig ins Zeug. So gab es am Nachmittag des 25. Mai ein Beben der Stärke 5.6 auf der Richterskala – mit dem Epizentrum in der Präfektur Saitama, also beinahe schon direkt unter Tokyo. In einer Gemeinde war dies eine schwache 5 auf der japanischen Skala und in etlichen Teilen der Hauptstadt eine 4. Erdbeben dieser Stärke steckt man hierzulande eigentlich ganz locker weg, aber zu etlichen Zugverspätungen kam es trotzdem. Es war jedenfalls eine Weile her, dass mein Handy wegen eines Erdbebens losging: „Ein Erdbeben kommt! Ein Erdbeben kommt! Achtung!“ – da das Epizentrum jedoch in unmittelbarer Nähe lag, kam die Warnung exakt zur gleichen Zeit wie das Erdbeben.
Am 29. Mai meldete sich der gut 600 m hohe Vulkan 新岳 (Shindake, wörtlich: „Neuer Gipfel“) eindrucksvoll in die Nachrichten zurück. Der Vulkan liegt auf einer kleinen Insel mit dem recht eigenartigen Namen 口永良部島 Kuchinoerabu in der Präfektur Kagoshima – direkt neben der sehr bekannten Insel Yakushima. Im vergangenen Jahr rührte sich der gleiche Vulkan schon ein Mal, zum ersten Mal seit über 30 Jahren, aber da gab es eine nur rund 800 Meter hohe Aschewolke. Dieses Mal ging die Aschewolke rund 9,000 Meter hoch. Verständlicherweise wurde daraufhin die höchste Warnstufe (5) ausgerufen – schliesslich leben auf der Insel ja auch noch rund 130 Menschen.

Nummer drei folgte heute abend, am 30. Mai: Erst gab es ein leichtes Erdbeben. Rund eine Minute später fing es schon etwas stärker an zu wackeln. Es waren keine heftigen Bewegungen, eher ein Gefühl, als ob der Untergrund zu schwimmen beginnt. Türen gingen auf und zu, Lampen pendelten hin und her. Kurze Zeit später erfuhren wir, dass das Zentrum bei den Ogasawara-Inseln lag. Also weit weg. Stärke: 8.5. Also sehr, sehr stark. Trotzdem wurde nur eins, zwei Minuten später bekanntgegeben, dass keine Tsunami-Gefahr besteht. Das ist erstaunlich – aber letztendlich nicht verwunderlich, da das Epizentrum in 590 km Tiefe – also sehr, sehr tief – lag. Bei der Stärke und Tiefe ist es dann auch nicht verwunderlich, dass das Beben in ganz Japan spürbar war – von Hokkaido bis Okinawa (siehe Karte).

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Automatisch erstellte Erdbebenkarte: Die Farbpunkte markieren Messstation, die Farbe selbst die dort gemessene Stärke. Weisse Punkte: Von der Wahrnehmung her kaum spürbar. Blau spürt man, wenn man nicht fest schläft oder im Zug sitzt. Grün – keine Schäden, aber schon deutlicher spürbar. Gelb = hier möchte man schon nicht mehr im Fahrstuhl stecken. Orange: Gut geschüttelt. Dunkelorange: Au weia. Rot: Definitiv nicht gut. Risse in Mauern und Strassen, Erdrutsche, Möbel umgekippt, alte Häuser zusammengebrochen. Violett: Dürfte jeder Beschreibung trotzen.

Gut. Das reicht dann doch erstmal für eine Woche. Hoffen wir, dass die nächste Woche etwas ruhiger wird. Übrigens: Wer auf neueste Nachrichten zum Thema aus ist, folge mir einfach auf Twitter. Dann gibt es Nachrichten wie die unten – und dies meistens schneller als die Tagesschau!

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

6 Kommentare

  1. Hallo,
    ich bin sehr japan interessiert und möchte irgendwann auch mal dort hingehen. Habe deine Seite hier eher zufällig gefunden und finde es toll das du die leser hier darüber informierst.
    Wie funktioniert das mit deinem Handy ?
    Du wurdest benachrichtigt und im gleichen moment kam das erdbeben.
    Bitte erzähl mir wie das mit der Benachrichtigung gemacht wird.
    danke :)

  2. Jaja, das Beben am 30. wird mir noch in guter Erinnerung bleiben. War gerade mit meinen beiden kleinen Jungs auf dem Heimweg. So um 1 Uhr nachts war’n wir dann endlich zu Hause…zum Glueck war es am Wochenende.

  3. > Grün – keine Schäden, aber schon deutlicher spürbar.
    Da war jemand zu lange in Japan. Ich seh kein Grün. Das ist eher dunkelblau. :-D

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