Ziemlich häufig fällt es schwer, sich mit der japanischen Stadtplanung anzufreunden – vor allem, aber nicht nur dort – in Tokyo. Es gibt ohnehin schon sehr wenige historische Bauten in der Stadt, was natürlich nicht weiter verwunderlich ist – schliesslich wurde Tokyo allein im 20. Jahrhundert zwei Mal nahezu komplett zerstört (beim grossen Kanto-Erdbeben 1923 und bei den grossen amerikanischen Luftangriffen 1945). Ältere Bausubstanz ist fast nur auf Tempel und Schreine begrenzt, und selbst dort handelt es sich oft um Nachbauten. Allerdings zeigt sich immer wieder, dass man nicht allzu viel Wert legt auf den Erhalt des wenigen Verbliebenen. Die altehrwürdige Nihombashi (Japan-Brücke, der Nullpunkt aller Wege in Japan) wurde im Zuge der letzten Olympischen Spiele mit einer wuchtig-hässlichen Autobahnbrücke überbaut, und nun rückt man dem letzten verbliebenen, aus Holz gebauten Bahnhof im Stadtgebiet auf die Pelle. Es geht um den Bahnhof Harajuku an der Yamanote-Ringlinie.
Harajuku ist das Mekka der Teenager – hier decken sich die 12- bis 16-jährigen mit Mode und Accessoires ein, unterbrochen vom langen Anstehen an diversen Crepes-Ständen. Auf der anderen Seite wird es ruhiger – dort beginnt der Meiji-Schrein nebst angrenzendem, grossen Park. Der Bahnhof selbst ist in der Tat eher klein und stammt aus dem Jahr 1924 – er wurde also kurz nach dem grossen Kanto-Erdbeben gebaut und britischer Architektur nachempfunden. Das Bauwerk ist ein typischer Vertreter der Taisho-Architektur, in der man zunehmend europäischen Einfluss auf die Architektur in Japan zu sehen bekam.
Wer den Bahnhof kennt, weiss, dass es sehr eng ist. Immerhin steigen in diesem Bahnhof tagtäglich circa 75’000 Passagiere ein und aus. Das Bahnhofsgebäude ist jedoch kleiner als jeder deutsche Kleinstadtbahnhof, und mangels Platz und in Erwartung der Olympischen Spiele 2020 wurde 2016 geplant, einen neuen Bahnhof zu errichten. So weit, so gut. Der neue Bahnhof steht auch schon – direkt neben dem alten Bahnhof. Leider ist der neue Bahnhof jedoch so langweilig und unspektakulär, dass es einen graust. Wieder ein gesichtsloser Quader! Und das schlimme ist, dass der alte Bahnhof im nächsten Monat, im März 2020, abgerissen werden soll. Dagegen gab es zwar ein paar leise Proteste, doch aus Brandschutzgründen liess sich der Betreiber JR nicht erweichen. Man will zwar etwas neues bauen, dass dem alten Bauwerk “nachempfunden ist”, doch trotz alledem verschwindet hier ein weiteres, bedeutendes Bauwerk der Stadt. Schade eigentlich.
Übrigens: Wer auf der Yamanote-Ringlinie von Harajuku weiter nach Norden, Richtung Shinjuku, fährt, wird auf der rechten Seite einen unbenutzten, langen und offensichtlich etwas älteren Bahnsteig erkennen: Der ist der kaiserlichen Familie vorbehalten.
Ich finde den neuen garnicht so hässlich :o aber das liegt vielleicht daran dass ich allgemein eher moderne Architektur mag^^
Also ich für meinen Teil freue mich auf das neue Gebäude. Nicht, dass ich das alte Hässlich fand oder nicht vermissen würde, aber alles verändert sich nunmal und nichts ist für immer.
Sagen wir mal so: Würde man so ein Gebäude in meinen Heimatort hinstellen, wäre ich davon wahrscheinlich auch entzückt. Doch in Tokyo gibt es einfach mal zu viel davon – ein bisschen mehr Abwechslung und Mut wären schön. Aber wie sagt man so schön – irgendwas ist ja immer.
Schade um das alte Gebäude. Sicher, es war von der Kapazität her nicht mehr angemessen und im Brandfall wäre es kein Spaß gewesen. Aber dennoch hat es Harajuku einen gewissen Charakter gegeben. Hab mich da früher gerne an Sonntagen herumgetrieben, wenn ich nichts besseres zu tun hatte. Gab immer etwas zu sehen.
Aber man sagt ja nicht von ungefähr, dass man Tokyo nach 25 Jahren nicht mehr wiedererkennt.
Unbegreiflich, dass man das alte Häuschen nicht irgendwie, quasi per Denkmalschutz, umfunktionieren möchte.
Schliesslich ist der alte Bahnhof inzwischen ein kleines Wahrzeichen, da er in nahezu jedem Reiseführer weltweit auftaucht.