In Sachen Sommer ist man in Japan Einiges gewöhnt – vor allem die Hitze im August, nach der Regenzeit, ist “berühmt”, denn dann sind Temperaturen über 30 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit über 80% die Norm. Das ist anders als in Europa, wo es zwar auch heiß werden kann, doch es gibt ein paar feine Unterschiede:
a) Es ist monatelang so heiß, in manchen Jahren von Mitte Juli bis Ende September
b) Die Luftfeuchtigkeit ist außergewöhnlich hoch
c) Die Nachttemperaturen fallen nur unwesentlich
Doch leider sind die japanischen Sommer auch nicht mehr das, was sie einmal waren – sie werden fast alljährlich brutaler, und dieses Jahr stellt erneut einige Rekorde auf. So kletterte die Temperatur gestern an zwei Tagen in Folge an zahlreichen Orten auf über 40 Grad, eigentlich eine absolute Seltenheit. Meine persönliche Wetterstation – diese läuft seit gut drei Jahren, zeichnet dabei das folgende Bild:
Der Unterschied zu den vergangenen zwei (und fast allen anderen Jahren davor) ist die Höhe des Tagesmittels: Das liegt normalerweise bei um die 30 Grad, will heißen, tagsüber wird es bis zu 36 Grad warm, nachts kühlt es sich auf um die 25 Grad ab. Nicht so in diesem Jahr – die Tagestemperaturen stiegen gestern und vorgestern auf über 40 Grad, die Nachttemperaturen fielen nicht unter 27 Grad. Selbst nach Mitternacht ist es manchmal noch über 30 Grad warm.
Die Hitze hat natürlich ihre Folgen – zur Zeit fahren so viele Krankenwagen mit Blaulicht umher wie seit den Coronajahren nicht mehr. Maschinen versagen. Autoreifen platzen. Doch das ist nicht das einzige Problem – hinzu kommt ein enormer Niederschlagsmangel, denn in einigen Teilen, vor allem in der Region Tokyo sowie in und um Niigata, hat es seit Anfang Juli so gut wie gar nicht geregnet. Vor allem bei den Talsperren in Niigata sieht es düster aus, und das zu einer Zeit, in der die Reisbauern am meisten Wasser benötigen. Während der Füllstand der Staudämme des Tone-Flusses bei durchschnittlich 73%1 liegt (rund 10% weniger als im Vorjahr, diese liefern rund 80% des in Tokyo benötigten Wassers), sind in Niigata bereits erste Staudämme trockengefallen, sprich, sie liefern gar kein Wasser mehr.
In Tokyo wiederum verschärft sich das Hitzeinsel-Phänomen zunehmend – Grund dafür ist vor allem die Tatsache, dass die Küste entlang der Bucht von Tokyo im Stadtbereich der Hauptstadt komplett verbaut ist. Während früher kältere Luft von der Bucht bis weit ins Inland fließen konnte, fungieren die Wolkenkratzer heute wie eine gewaltige Mauer – der Zustrom kühlerer Luft wird unterbunden, und der hohe Versiegelungsgrad sorgt für das ungebremste Aufheizen der Innenstadt.
Eine Folge dieser immer heißeren Sommer zeichnet sich jetzt schon ab: Schon vor ein paar Jahren beschlossen die Veranstalter des Tamagawa-Feuerwerks, selbiges vom August in den kühleren Oktober zu verlegen. Nun folgt auch das Atsugi-Feuerwerk, welches dieses Jahr zum letzten Mal im Hochsommer stattfand. Das ist einerseits schade – die gewaltigen Feuerwerke gehören ganz einfach zum Sommer. Andererseits ist es auch verständlich, denn viele Besucher blieben bei den diesjährigen Feuerwerken aufgrund der hohen Temperaturen lieber zu Hause.
Eine weitere, spürbare Folge betrifft die Zikaden: Da es lange nicht ergiebig geregnet hat und der Boden regelrecht ausgebacken ist, haben einige Zikadenarten nicht genug Kraft, sich durch den harten Boden nach oben zu graben – sie verdörren im Boden. Und das spürt man: Es gibt weit weniger Zikaden”lärm” als in der Vergangenheit. Und nein, das liegt nicht daran, dass die Ausländer die Larven alle aufessen.
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