Vor drei Wochen hatte ich das Vergnügen, wieder etwas durch Kumamoto zu streifen – eine meiner Lieblingsstädte in Japan. Da ich seit den beiden schweren Erdbeben am 14. und 16. April 2016 nicht mehr dort war, hatte ich keine richtige Vorstellung darüber, wie es drei Jahr nach dem Beben dort aussehen würde.
Traurige Berühmtheit erlangte ja vor allem die Burg, die da mitten in der Innenstadt auf einem Hügel über selbiger thront. Eine imposante Feste, mit gewaltigen Mauern. Dabei ist das mit der Burg so eine Sache – denn diese hier gehört nicht zu den 現存十二天守 12 Überlebenden – dem dutzend Burgen in Japan, deren Hauptbau die Wirren der Zeit bis heute überstanden haben. Der Hauptbau ist ein Nachbau aus Beton, fertiggestellt 1960. Dennoch zählt man die Burg von Kumamoto zu den drei prächtigsten Burganlagen des Landes (die anderen sind die Burg von Himeji und die Burg von Matsumoto) – schliesslich sind 13 Bereiche original und “Wichtiger Kulturschatz Japans” (11 Nebengebäude, 1 Tor und 1 Mauerstruktur). Diese Burg ist etwas Besonderes. Während dem Betrachter beim Anblick japanischer Burgen Attribute wie “schmuck” oder “kunstvoll” einfallen, ist dieses Exemplar hier eher “imposant”, oder gar “furchteinflössend”. Hier bekommt man ungefähr einen Eindruck, welche Macht die ehemaligen Burgbesitzer wirklich hatten.
Das Erdbeben der Stärke 6,2 am 14. April 2016. Mauern stürzten ein, und ein paar “Giebelkarpfen” fielen vom Dach. Das war vergleichbar mit einem schweren Erdbeben 1889 – auch damals wurde die Burg deutlich beschädigt. Doch leider blieb es nicht dabei, denn eines der Nachbeben war stärker als das Hauptbeben: Keine 36 Stunden später gab es ein Beben der Stärke 7,3, welches Türme und weitere Mauern einstürzen liess – und das Dach der Burg abdeckte. Letzteres war allerdings ganz im Sinne der Erfinder, denn traditionelle japanische Dachziegel sind sehr schwer und haben das Potential, die zu bedeckende Struktur durch das eigene Gewicht schwer zu beschädigen. Deshalb werden die Ziegel so gelegt, dass sie sich bei schweren Vibrationen lockern und herunterfallen.
Mit dem Wiederaufbau wartete man nicht lange – im Juni 2016 wurde mit den Arbeiten begonnen. Geplant war, die Reparaturen am Hauptbau 2019 abzuschliessen. Seit Oktober 2019 kann man auch wieder zum Hauptbau gehen – der ist noch nicht ganz fertig, aber fast. Allerdings ist die Anlage momentan nur an Wochenenden begehbar. Man schätzt allerdings, dass man mit den Reparaturen am Rest der Anlage erst gegen 2036 fertig sein wird. Man kniet sich also rein, aber die zu leistende Arbeit ist enorm – und sehr kostspielig. Bleibt nur zu hoffen, dass Kumamoto auf absehbare Zeit von schweren Erdbeben verschont bleibt.
Ich hatte vor kurzem auch mal wieder die Gelegenheit, die Burg zu besuchen. Inzwischen darf man sogar wieder auf das zentrale Gelände. Obwohl der Wiederaufbau gut voranschreitet, gibt es immer noch viel zu tun. Die äusseren Mauer sind immer noch in einem furchtbaren Zustand.