Diese Frage stelle ich mir gelegentlich angesichts der Massen der Japanbesucher, der neuen technischen Möglichkeiten und der Posts von Japanneulingen, die man so in den sozialen Netzwerken liest. Das dumme an der Sache ist, dass niemand diese Frage aus erster Hand beantworten kann, denn ein “erstes Mal” gibt es nur ein einziges Mal, da kann man nur schlecht vergleichen. Anders gesagt denke ich gelegentlich, dass die erste Japanerfahrung heute weniger aufregend sein muss, da man in der Regel schon vorher mit Bildern und Informationen geflutet worden ist.
Als ich mich 1996 zum ersten Mal auf den Weg machte, steckte das Internet noch in den Kinderschuhen. Die Suchmaschine der Wahl hiess damals noch Inktomi, und wenn man sich auf eine Reise vorbereiten wollte, war man mit einem Buchladen oder einer Bibliothek wesentlich besser bedient. Anständige Reiseführer gab es noch nicht auf Deutsch, von Sprachkursen ganz zu schweigen. Ein Flugticket kostete, wenn man nicht in der Saison flog und etwas Glück hatte, knapp 600 DM, und in den Flugzeugen saßen fast ausnahmslos Japaner. In Japan war man ein bunter Hund, selbst in Tokyo. Andere Ausländer, ob seit Tagen im Land oder seit Jahren, grüßten auf der Strasse, und das gewöhnte man sich selbst natürlich auch schnell an. Das Einfalltor nach Japan war Narita; Auslandsflüge nach Haneda gab es noch nicht (beziehungsweise kaum, der alte International Terminal war nur etwas größer als eine Pommesbude); auch den Kansai Int’l Airport gab es nicht. Und aus Japan kamen vorher erschreckende Nachrichten – vom Giftgasangriff in Tokyo zum Beispiel oder dem schweren Erdbeben in Kobe, mit tausenden Toten.
Kontakt zu finden war nicht schwer. Stand man irgendwo allein rum, wurde man schnell angesprochen – ob man das nun wollte oder nicht. Touristenfallen gab es quasi nicht, mangels Touristen. Englische Beschilderungen oder gar Erläuterungen auf Deutsch gab es allerdings dementsprechend auch nicht beziehungsweise kaum – außerhalb der großen Bahnhöfe war man schnell auf verlorenem Posten. Kaffee gab es kaum, man musste danach suchen, und wenn man ihn fand, war er meist grauenhaft. Sich zu verabreden war eine Kunst – wo in drei Teufels Namen war denn nun Ausgang A374 und wie sollte man es je rechtzeitig dahin schaffen? Adressen zu finden war noch abenteuerlicher, da es ja weder Straßennamen noch durchlaufende Nummerierungen gibt. Manchmal fühlte man sicherheitshalber die eigene Stirn, um zu prüfen, ob man nicht plötzlich zwei Teufelshörner hat – anders konnte man es sich nicht erklären, dass manche Bedienstete beim Anblick eines Ausländers reagierten, als stände der Leibhaftige vor Ihnen.
Essenstechnisch war es natürlich auch abenteuerlich. Bis auf rohen Fisch war nicht allzu viel bekannt, und mal eben googeln, was da vor einem auf dem Teller so zuckte, ging auch nicht. Die Frage “was essen wir da eigentlich gerade?” wurde zwar meistens umgehend beantwortet – aber das Wörterbuch, damals mein ständiger Begleiter, war mir nur allzu oft eine Antwort schuldig.
Heute hingegen wird man von Informationen erschlagen – es gibt plötzlich unglaublich viele Webseiten über Japan auf Deutsch, es gibt automatische Übersetzungsprogramme, Apps mit denen man Schriftzeichen scannen und verstehen kann, es gibt Wikipedia, Navigationssoftware für jedermann, es gibt interest groups in Netzwerken, in denen man flugs Antworten auf seine Fragen bekommt, es gibt Suica & Co, mit denen man keine Fahrkarten kaufen muss. Es gibt Videos, die im Zeitraffer zeigen, wie man zu einem Ort kommt. Und es gibt plötzlich auch in Japan Nepp und Betrug, wenn auch in geringem Ausmass.
Schmälert das alles das erste Mal? Bleibt da nicht das Abenteuer auf der Strecke? Oder erlebt man Japan gar intensiver, da man mehr Zugang zu Informationen hat? Letztendlich hängt es, so denke ich zumindest, davon ab, wie man die neuen Medien nutzt. Wer alles mit Blogs, Wikipedia und unzähligen Apps minutiös und lückenlos plant, wird viel verpassen. Wer die neuen Medien jedoch in Maße nutzt oder nur zur vertiefenden Recherche, wird beim ersten Japanbesuch vielleicht mehr verstehen, als früher möglich war. Oder!?
Ja, das war interessant zu lesen. Für mich war es „etwas“ einfacher, da ich am Anfang ( das war 1984 ) beruflich mit 34 nach Japan kam, und fast immer jemanden aus Japan dabei hatte. Überwiegend aus Tokio, aber auch Omi, Itoigawa.
Essen ( diese leckeren japanischen Küchen ), da lernte ich, Shabu Shabu klingt ähnlich dem deutschen Schaben ( dünn schneiden ), Tempura wurde von den Portugiesen angenommen, Tepan Yaki haben Japaner nach der Öffnung im 19. Jahrhundert für die Westler kreiert. Und Tonkatsu ist wie das deutsche Schnitzel, nur saftiger. Ich mag fast alles, nicht Sashimi und Sushi, dafür aber Ramen !
Ich liebe das Land, seine Menschen, Musashi, die Kultur, und auch eine gewisse Ähnlichkeit mit uns Deutschen ( leider auch, was Herrschsucht und Brutalität betrifft in den Kriegen ). Und seine Geschäftstüchtigkeit und Technologien.
Meine wichtigen Partner sind in Kozaki, Chiba, und in Isohara, 120km südlich von Fukushima. Mein japanischer Freund lebt in Shibuya, Tokio. Meine langjährige Freundin in Nagoya.
Info : vor 60 Jahren gab es etwa 300 Japaner im Ruhrgebiet, für drei Jahre.
Die sollten die deutsche Bergwerkkunst nach Japan bringen. Mein japanischer Partner schickte mir dazusagst hier ( es gibt sogar einen Verein dazu in Japan ) :
„Es gibt japanische Kettengeschäfte in Düsseldorf, die Firma heisst MARUYASU.
Der Besitzer/Gründer der MARUYASU ist Herr Ando, der damals als Bergarbeiter in NRW gearbeitet hat.
Herr Ando ist einer der erfolgreichsten Japanern in NRW.“
Das ganze oben mal als erste Antwort auf den guten Artikel.
Ein sehr schöner Kommentar — genau so etwas interessiert mich (und viele Leser sicherlich auch) sehr!
Bei mir war es 1991… (irgendwie Schn… voll, Reiselaune, keine Ahnung) und habe meine Brieffreundin angeschrieben das ich Lust auf einen Besuch hätte… (ich 21, Sie 20, seit 1986 regelmäßig Briefe (!!!) hin und her geschickt) Also, Ticket gekauft bei Explorer, bei JTB den Japan Rail Pass gekauft. Flieger, Narita, Zug nach Osaka -dort abgeholt worden- und dann in einer Vorstadt -Yao um genau zu sein- eine Woche bei Yasuko und Familie verbracht. Danach alleine noch Hiroshima, Mishima und Tokyo… ich denke weil man sich damals alles selber erkämpfen mußte, hat man einige Dinge sicher verpaßt, aber andere Dinge Intensiver wahrgenommen. Natürlich komplett ohne Ahnung angereist… Ich: boah die Schlürfer… Mutter von Yasuko: dem schmeckt es nicht. Selber abschauen und selber herausfinden und den einen oder anderen Fettnapf mitnehmen hat mir glaube ich nicht geschadet…. Die letzten beiden Male den Sohn mit nach Japan genommen. Der hatte natürlich alles auf seinem Telefon, war informiert und wußte sofort wohin es geht. Ich denke dadurch hat er viel Charme und vielleicht auch einige Sichtlinien und Eindrücke verpaßt…
Sehr interessant.
Was du so beschreibst, gilt aber sicher nicht nur für Japan. :)
Und ich frage mich auch, wie ich es früher ganz ohne Smartphone, Google und Co. überhaupt durch Japan geschafft habe, ging aber alles. Ist heute nur alles viel angenehmer. Aber wenn ich Tokyo von vor 11 Jahren mit heute vergleiche, finde ich den Touristenboom schon erschreckend. Es ist einfach viel zu viel geworden … und Japan will ja offenbar immer noch mehr. Wir werden sehen, wo das noch hinführt. ;)
Danke für den Beitrag. War wirklich mal spannend zu lesen. Ich finde es schade, dass ich nicht direkt nach dem Abi nach Japan bin. Wäre sicher nochmal eine ganz andere Erfahrung gewesen.
Wie kam es eigentlich zu deinem ersten Japanbesuch / -aufenthalt?
Bei mir stand mit frischen 21 Lenzen Asien schon lange auf der Liste — Japan stand allerdings nicht ganz oben. Der Auslöser war, trara, weiblich. Habe mich vor der ersten Japan-Reise aber erstmal in Indien rumgetrieben, das hat den Kulturschock ziemlich verstärkt!
Man gönnt sich ja sonst nichts. ;)
Das schreibe ich morgen ! Wie ich nach Japan kam.
Wie stelle ich eigentlich ein Bild in mein Profil ein ?
Das würde mich sehr interessieren. Was das Bild anbelangt — dazu muss man sich, glaube ich, ein Profil bei WordPress.org anlegen – oder alternativ bei gravatar.com. Muss die gleiche Email-Adresse sein.
Tja, wie kam ich nach Japan. Das war 1984, ich war gerade 34 und wurde ein junger Geschäftsführer einer kleinen Firma für Hochtemperatur Technik in Düsseldorf.
Es gab damals für ein bestimmtes high tech Produkt in Europa nur einen Hersteller, aus GB, einen britischen Chemie Konzern.
Da hörte ich um drei Ecken, dass in Japan auch ein solches Produkt von einer japanischen Firma hergestellt wurde. Ich wusste den Namen nicht, schrieb also an einen entsprechenden Industrieverband in Japan. Damals natürlich noch per Briefpost. Nach etwa drei Wochen erhielt ich einen Brief zurück, der kam aber überraschenderweise von der Europa Niederlassung dieser japanischen Firma Denka aus Düsseldorf, nur etwa 2 km von unserem Büro entfernt. Das war ganz witzig für mich. Da schreibst du nach Japan, und später kommt die Antwort quasi von round the corner.
Denka war eben dieses gesuchte Chemie Unternehmen, dass dieses Produkt in Omi, Itoigawa produzierte.
Nach einem Besuch bei deren Büro in Düsseldorf und einem guten Gespräch mit den Japanern dort, zusammen mit meinem Boss aus Wien ( Dr Rath ), konnte ich ihn überzeugen, dort gemeinsam hinzureisen.
Das haben wir dann gemacht, 1984 eben.
Die Hauptverwaltung war in einem älteren, gediegenen Haus direkt gegenüber dem Kaiserpalast in Tokio. Erinnere mich an den Namen : Sun-Building. Erinnere mich auch gut an das erste Meeting dort, das glaube ich sechs Stunden dauerte. Ich konnte das gut aushalten, confirmations und reconfirmations inclusive. Mein Boss kriegte nach 2 Std schon Zuviel und meinte : Herr Schupp, ich muss raus, Sie machen alleine weiter. Habe ich auch, selbst beim Lunch konnte ich recht gut mit den Japanern, die waren bei meinem Boss etwas sehr angespannt, bei mir relaxt. Ich auch. Warum ich das konnte, ich weiß es nicht, die Affinität war von Anfang an da.
Etwas später, in 1985 sind wir nach Omi gereist, ins Hauptwerk, an der koreanischen See. Die hatten wohl selten Besucher aus dem Westen, alle mussten Kittel anziehen und Helme, das kannte ich aus D, aber deren „XXL“ Kittel und die kleinen Stoff Handschuhe, mein Gott, ich sah aus wie eine falsch eingepackte Leberwurst, so ein Kollege mir sagte Alles war einfach viel zu klein. Aber es ging ja irgendwie. Das war der Anfang einer sehr guten Partnerschaft für Europa.
1989 konnte ich zusammen mit meinem Boss und Denka ein J/V in Mönchengladbach auf die Beine stellen.
Unsere kleine Firma wurde damit der 2. Lieferant dieses Spezial Produktes für Hochtemperatur Technik in Europa nach den Briten. Übrigens, reisen nach Japan mit dem Flieger ( KLM ) ging damals noch über den Nordpol. Stopover in Anchorage, Alaska. Die Sowjets hatten noch keine Überflüge gestattet. Das kam später erst mit den Russen nach dem Zerfall der Sowjetunion. So, jetzt muss ich gleich zum Essen, wir dinieren mit Freunden in Italien. Demnächst gerne mehr. Ciao
Das sind schon manchmal eigenartige Zufälle. Sie gehören da aber scheinbar zu einer ganz seltenen Spezies, die von Anfang an keine Probleme mit den japanischen Meetinggewohnheiten haben! Den meisten reisst da schnell der Geduldsfaden, und das ist natürlich in Japan immer eine schlechte Sache… aber wie in Ihrem Fall zahlt sich Geduld (und Verhandlungsgeschick, natürlich) dann oft aus.
Interessante Schilderung ^^
Ich denke, ob es besser oder schlechter ist kommt vor allem darauf an, was man möchte. Wichtig ist entscheiden zu können, etwas nicht zu nutzen.
Ich glaube, dazu sind viele nicht bereit, aber da mag ich mich täuschen. Die Versuchung ist zu gross, nachzuschlagen und auf Teufel komm raus zu planen, was man alles sehen will.
Das war sicher noch einmal etwas aufregender. Obwohl, so richtig informiert war ich vor 10 Jahren auch nicht und konnte so viel noch selbst entdecken. Dass es im Internet so viele Informationen gibt, lädt durchaus dazu ein, ein wenig übermäßig zu planen, statt sich einfach auf einen Ort einzulassen. Andererseits is the da aber auch weniger Frustpotential. Ein schmaler Grad. ;)
Interessanterweise erinnere ich mich kaum noch an den Frust. Er war bestimmt da, aber letztendlich wurde der von durch den Frust geborene, neue Wege überschrieben.
Toller Artikel! Als ich 2008 das erste mal in Japan war, gab es im Internet noch keine Information und ich bin einfach zur nächsten Touristeninformation, die zwar nur Sachen auf Japanisch hatten, aber ich könnte mir die Fotos ansehen. :)
Viele Grüße
Tessa
Hey, damals gab es meine Japan-Seiten schon seit 8 Jahren :)
Und so sah sie damals aus:
https://web.archive.org/web/20080901101738/http://www.tabibito.de:80/japan/index.shtml
Mein erstes mal war 2001. Bin in meiner Jugend viel in Asien gereist und Japan stand noch auf meiner Liste. Bin über eine Sprachreise in Fukuoka gelandet und habe mich prompt in die Stadt verliebt. Wie der Reisende es beschrieb, man brauchte nur irgendwo herumzustehen und wurde recht schnell angesprochen. Es gab noch keine Smartphones und mein HTC WinCE Knochen taugte nur zum navigieren. Ich konnte nicht lesen und wusste nie, was es in einem bestimmten Restaurant zu essen gab. Alles war ein Abenteuer.
Auch wenn vieles für mich inzwischen normal ist, hat sich die Qualität nicht verschlechtert. Die Fülle an Informationen hat sie einfach nur verändert, so wie ich mich auch verändert habe.
Heute stehe ich nicht mehr wie ein scheues Reh im Scheinwerferlicht, wenn ich die Tür zu einem mir unbekannten Izakaya aufmache. Heute gehe ich einfach los und setze mich irgendwo rein, wo es gemütlich aussieht. Wie sonst lernt man Leute kennen, die mit dir spontan am Wochenende nach Kagoshima fahren und dir die Gegend zeigen (dort kam ich in den Genuss des besten Tonkatsu meines Lebens).
Dank des Internets habe ich so viele tolle Orte auf Kyushu gefunden, die mir sonst entgangen wären. Wie sonst käme man auf die Idee sich in einen Bus zu setzen, um für einen Kanban an den südlichsten Zipfel von Miyazaki zu fahren.
Nö, ich würde sagen, nicht schlechter, anders. Vielleicht sogar besser. Einzig die Touristenmassen in Fukuoka nerven etwas. Aber denen kann man eigentlich gut aus dem Weg gehen, denn abseits vom Tenjin bzw. Hakata findet man eh kaum welche.
Also das mit der Idee, sich in einen Bus zu setzen um zum Ende der Welt zu fahren kommt mir sehr bekannt vor :) So bin ich früher oft gereist… Aber es stimmt schon, man bekommt dank Internet schon viele Anregungen.
Und es bleibt ja trotz der Anregung immer noch ein Abenteuer sich am vertikalen Hakata Busterminal das Ticket zu besorgen und in den richtigen Überlandbus zu steigen, selbstverständlich mit der obligatorischen Ossan Reiseverpflegung.
Ohje, lange her …
2003, studienbedingtes Stipendium, 1 Jahr Tokyo. Hatte gerade angefangen, mich mit einem Computer anstelle der elektronischen Schreibmaschine anzufreunden. Internet gab es, vor allem in Japan. Für mich nicht. Ich bin mit dem Baedeker gereist, hatte ein kleines Langenscheidt-Wörterbuch im Gepäck und einen unglaublich kompetenten Wordtank von Canon. Beides war das ganze Jahr über immer im Rucksack dabei, wurde aber selten genutzt. War einfach zu langsam im Alltag … Erste Investition in Japan: Klopapier. Zweite Investition: Straßenatlas vom Großraum Tokyo, bis herunter nach Yokohama, oben bis Saitama und Chiba, alle Bahn- und Buslinien inklusive. Das Monster war ausschließlich auf Japanisch, befindet sich immer noch in meinem Bücherregal und ist um viele Einträge reicher geworden. Reisevorbereitung war, per Einschreiben mit der Ausländerbetreuung der Uni in Tokyo in Kontakt zu treten und mit dem eigenen Papa zu reden, der in den 1970er Jahren mal in Tokyo war. Der wusste auch, wo es deutsches Essen gegen Heimweh gibt. Das Restaurant (geführt von einem Deutschen mit japanischer Ehefrau) habe ich wirklich gefunden und war hin und wieder gerne zu Gast. Beim Versuch, meine Kinder dort 2015 mit einer Kuriosität bekannt zu machen, war es verschwunden …
Essen war kein Problem. Wenn es schmeckte, habe ich gefragt, was es ist. Ansonsten nicht – immerhin will man sich im Nachhinein nicht zu sehr gruseln. Meistens waren es ohnehin Nudeln mit was drin, irgendwo um die kleineren Bahnhöfe herum und für einen Spottpreis. Dort lernt man dann auch beim Essen noch die Sprache. :-)
Man wurde tatsächlich 2003 noch oft auf der Straße angesprochen, auch von Asiaten aller Provenienz. Allerdings selten auf Japanisch. Englisch, Spanisch, Französisch, Russisch, Deutsch, Portugiesisch, Türkisch, Italienisch, Rumänisch, Griechisch war alles dabei. Große Enttäuschung, dass ich kein Serbisch spreche (und vieles anderes in der Liste auch nicht). Da wussten männliche Jogger um die 40 in peinlich kurzen Hosen von ihrem Vater zu erzählen, der wohl um den WW II herum mal in Deutschland war und von der strikten Rassentrennung schwärmte (“Fein, wie die Deutschen das bis heute machen! Sollte doch in Japan auch so klappen.”). Seeeehr eigenwillige und erstaunlich offen geäußerte Ansichten kamen da heraus.
Insgesamt war der Eindruck aber positiv, allen seltsamen Verhaltensweisen mit und ohne Alkohol zum Trotz. Vorbereitung hätte nicht viel gebracht, denn diejenigen Mitstipendiaten, die des Internets bereits mächtig waren oder entsprechende Kontakte nach Japan unterhielten, taten sich auch nicht unbedingt leichter mit der Kultur. Bleibenden Eindruck hinterließen übrigens die Waschmaschinen, die erstens die Wäsche nicht sauber bekamen, zweitens nur kaltes Wasser verwendeten und drittens alles zerrupften. Der Göttergatte, seines Zeichens Japaner, besorgte 2014 ein ebensolches Modell (“Neuester technischer Stand, viel besser als der alte Mist damals im Wohnheim!”), das exakt die gleichen Charaktereigenschaften aufwies … Manche Dinge ändern sich nie. :-D
Toller Artikel!
Bin seit 2015 in Japan, also mit Internet und Smartphone angekommen. Dinge sind zwar leichter zu recherchieren, aber sobald man im Laden/Behörde/Firma vor dem Japaner steht helfen auch alle Apps nichts. Da muss man schon selbst japanisch können.
Und das eigentlich Schöne in Japan sind doch die Leute die man kennenlernt und die einen ein Stück lang begleiten. Da kommen dann auch die kleinen Abenteuer her.
Gerade heute war ich wieder froh über internet in der tasche. Auch früher habe ich mein elektronisches wörterbuch bei arztbesuchen gezückt. Vorallem beim ausfüllen der krankengeschichte bei der aufnahme. Aber oftmals kommt man da nicht weiter und ist froh über bilder und beispiele bei google!
Beim ersten japanbesuch war man aber mit einem reiseführer in buchform, wörterbuch und guter strassenkarte auch gut versorgt finde ich!
Abenteuer und kulturschock gibt es wohl auch heute noch, trotz elektronischen spielsachen!
Ich war 2000 das erste Mal in Japan, damals mit dem Orchester in Kurashiki, Okayama.
Die Erinnerungen daran sind noch immer verklärt und über-schön. Einige Geschäftsreisen nach Tokyo, Toyama und Nagahama haben mich weiter darin bestärkt, wie aussergewöhnlich und interessant Japan ist.
Seitdem ich aber bereits mehrere Monate hier mit dem Camper unterwegs bin und nun bald alle Präfekturen gesehen und bereist habe ist viel von meiner Begeisterung verschwunden.
Vielleicht auch, weil man keine Alternativen Lebensstile geboten bekommt.
Sowas kann man natürlich nicht irgendwo nachlesen.
Und in Punkto Planung, es ist mittlerweile in vielen Ländern so voll von Touristen, dass man entweder gezwungen ist vieles vorab zu buchen oder man riskiert eben vieles nicht machen zu können oder mal ohne Obdach da zu stehen.
Ich denke die Zeiten von spontanen Reisen sind für die meisten vorbei. Es sei denn man ist besonders abenteuerlustig.
Die Qualität der Erfahrung ist ja nicht schlechter deswegen.
PS, Danke für den Restaurant Tip in Whakkanai, den ich ohne Internet nie gefunden, aber vielleicht auch nie gebraucht hätte :)
Das was Annie schreibt, ist essential.
Aber es gilt auch, was Hesse schrieb :
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, das gilt wohl für viele so. Jedenfalls für mich
Ein anderer schrieb mal : We are enrolled in a school, called Life. You will forget most of learned. But you can remember, if you want.
So, stimmt, begeistert sind wir, aber die Kraft liegt im durchhalten. Und im erinnern. Wiederholung liegt schon in der Natur, und in der „Erfahrung“ derselben.
Was mich auch sehr interessiert, die Monate mit dem Camper in Japan. Gäbe es da mehr zu wissen darüber ?
Und vergesst nicht, was kürzlich mal von Anthony Hopkins herum kam :
„Keiner kommt hier lebend raus“ !
Also hört auf Euch wie ein Andenken zu behandeln. Esst leckeres Essen. Spaziert in der Sonne. Spaziert in der Sonne.
Sagt die Wahrheit und tragt Euer Herz auf der Zunge. Seid albern. Seid freundlich. Seid komisch. Für nichts anderes ist Zeit.“
Vielleicht gilt das aber auch nur für uns älteren ? Wer weiß ..
Ich sollte noch ergänzen, sicher schleift sich vieles ab, Wiederholungen über Wiederholungen inclusive. Nach Japan bin ich nun in 34 Jahren viel gereist. Die letzten Jahre mit japanischen Freunden aus Tokio zunehmend privat und persönlich. Japan, besonders die alten Plätze, wie auch Ryokans, sind ziemlich teuer. Man muss sich das leisten wollen und können. Wir genießen es aber besonders, auch mit dem Shinkansen lange Strecken zu fahren. Alleine schon der Vergleich mit DB und ICE ( ok, die scheinen sich mehr zu bemühen ..), ist schon ein Fauxpas. Es gibt eine Tour in Tokio durch das alte Tokio, davon habe ich kürzlich gelesen und wir werden das km Dezember erfahren bzw ergehen ‼️
Berichte danach gerne.
Hallo Michael
Vielen Dank für deine Inspiration!
Über meinen Trip gibt es zwar ein privates Reisetagebuch aber nichts öffentliches. Einige andere Wagemutige haben aber tolle Blogs über den Japan Roadtrip im Camping-Car gelesen. Was genau interessiert dich denn?
In Okinawa war ich noch via Airbnb und Auto unterwegs, aber die anderen 47 Präfekturen erkunde ich mit dem Camper. Von 4 Monaten bleiben noch 2 Wochen… seufz!
Um wieder zum Thema zurück zu kommen. Die Erfahrung ist eine ganz andere heute und vor allem mit dem Camper. Man ist Exot, fast überall wo man hinkommt abseits der Golden Route.
Die abgelegenen Naturonsen, das leckere regionale Essen, die Messerschmiede, das versteckte Ryokan, Wunderschöne Schluchten und Landschaften, das ist Japan wie ich es mir immer erträumt habe. Und wenn man so ein kleines Stück Glück gefunden hat, dann fühlt man sich automatisch in eine andere Zeit versetzt.
Hallo Anni,
Danke für Deinen Kommentar. Genau das interessiert mich. Das „tägliche“ Glück ( im Iran und Oman war es übrigens das tägliche Chicken/ Grill Hühnchen , ein kleiner Scherz ). Habe nachgeschaut, es gibt einige gute und interessante Japan Camper Routen und Berichte dazu. Danke für den Tip ! Michael
Hallo Anni,
Danke für Deinen Kommentar. Genau das interessiert mich. Das „tägliche“ Glück ( im Iran und Oman war es übrigens das tägliche Chicken/ Grill Hühnchen , ein kleiner Scherz ). Habe nachgeschaut, es gibt einige gute und interessante Japan Camper Routen und Berichte dazu. Danke für den Tip ! Und fallst Du Lust dazu hast, würde ich gerne einen Vorschlag zu Deiner Route haben. Wenn ok für Dich, VG, Michael
Sehr interessanter Blogeintrag!
Ich würde mich eher zu der Generation zählen, die vor ihrem ersten Japanbesuch mit Informationen überflutet wurde. Das war im Jahr 2014 mit 24. Ich denke schon, dass das Erlebnis “Japan” grundlegend durch die vorhandenen Informationen beeinflusst wird. Dabei würde ich gar nicht so weit auf neue Medien, Internet und Co. gehen, es reicht schon sich anzuschauen wie viel Japan-Literatur es mittlerweile gibt. Gerade hier erlebt man viele Fettnäpfchen, Besonderheiten und Abenteuerlichkeiten bereits in Buchform, sodass man in Japan weitestgehend weiß was einen erwartet. Wenn man dazu dann noch die Masse an Japandokus, Filmen, Youtube-Kanälen, Blogs ;-) und andere Medien nimmt, ist das erste mal Japan heute denke ich nüchterner und abgeklärter.
So war es auch bei mir. Ich wusste einfach was mich erwartet, wie Japaner sich in bestimmten Situationen verhalten, die Umgebung war mir merkwürdig vertraut, weniger fremd und weniger abenteuerlich. Gleichzeitig ist man aber auch weniger hilflos, besser informiert und kann sich abseits des weniger starken Kulturschocks mehr auf andere Dinge konzentrieren.
Viele Leute verfallen durch diese Informationsflut sicherlich in einen Planungswahn: “Ich muss unbedingt den Ort aus Anime XYZ sehen, ich muss unbedingt dieses oder jenes Gericht essen etc.” … Die besten Erlebnisse bei meinem ersten Japanaufenthalt, waren die völlig Ungeplanten. Einfach nachts ziellos umherstreifen und sich mal überraschen lassen. Ich denke, diese Freiheiten muss man sich heute bewahren und bewusster Freiräume in der eigenen Planung lassen.
Ich hab mich ausschließlich über die Sprache informiert und die absoluten nogos, dass wars und es war super :D jeder Moment war eine Überraschung. Das war übrigens 2012
Der Ritterschlag war als eine japanische Journalistin uns im hotel interviewen wollte und Fotos von mir gesehen hat, aus tokyo, und ständig fragte wo das und das war und das hätte sie noch nie gesehen
Ich reise heute immernoch so, minimale information, maximales Abenteuer.
Als wir 2015 da erste mal nach 青森 und 札幌 sind wussten wir vorher nur, es ist oben :D aber war super
Auch innerhalb Tokyos, so Orte wie 山前 oder den unglaublich schönen Friedhof in 高尾 findet man nicht in Reiseführer, auch 御殿場 war ein einmaliges Erlebnis.
Aber auch offensichtlich Touristen Hotspots sind oft unbekannt einfach weil kaum jemand im Internet darüber berichtet. Nach dem Motto, was nicht im Internet steht gibt es nicht.
Das selbe trifft auf Deutschland zu, es ist erschreckend wie wenig Menschen den Bergpark in Kassel-Wilhelmshöhe kennen und das obwohl da ein ICE Bahnhof ist.
Selbst das Ulmer Münster oder Städte wie Ravensburg mit seiner Sandhöhle, die Basilika in Weingarten oder Kreuzthal sind für viele ein Fremdwort.
Aber oft denke ich mir dann auch, ist vielleicht auch besser so, manche Schönheiten sind nur für die bestimmt, die sie wertschätzen können
Äusserst interessant was Michael E. Schupp schreibt über die 80er in Japan. Eine ganz andere Welt/Zeitabschnitt, kann man sich heute fast nicht mehr vorstellen.
Aber wie war das Reisen früher ohne omnipräsentes Internet und ohne Smartphones? Man fuhr halt einfach mal hin – oft nur auf Vertrauen und Hörensagen – und dann sah man ob es sich gelohnt hat oder nicht. Das neuzeitliche Unvermögen zwecks “Gewinnmaximierung” online zu recherchieren was einen vor Ort erwarten wird, macht jegliche Überraschung und Vorfreude auf das Unbekannte zunichte. Genau darum geht es doch bei Reisen und Abenteuern, sonst kann man seine “To-Do-Listen” ja auch gleich zuhause vor dem PC abhaken. Ironischerweise sind das meist dieselben Leute, die sich allen Kinotrailern verweigern und sofort “Spoiler Alert!” schreien. Wer reist ohne gross zu verplanen, hat den Blick frei für anderes und hat meiner Meinung nach mehr davon. Die Reise ist das Ziel, wie man so schön sagt. Wenn man sich Jahre später amüsiert erinnert, wie man um Mitternacht fluchend irgendwo in der Pampa landete und irgendwie noch eine schäbige Unterkunft neben dem einzigen Karaoke-Lokal der Provinz fand, das dazu noch rund um die Uhr in geräuschvollem Betrieb ist, dann war es das doch wert und sei es nur der Anekdote wegen.
Mitte 90er im Hauptgeschäft des grössten Buchhändlers meiner Stadt gab es gerade mal eine handvoll Bücher über Japan. Erinnern kann ich mich an ein schwarzweiss gedrucktes Lehrbuch für den Universitätsgebrauch, dann das Anfängerbuch “Japanese For Busy People” (nur auf Englisch wohlgemerkt), ein Fotoband mit Bildern aus den 70ern sowie ein “Reiseführer”. Letzterer entpuppte sich bei näherem Betrachten als Reisebericht eines amerikanischen Touristen, der mehr oder weniger einfach aufschrieb was er in Japan so erlebte. Entsprechend war das Buch mit Fehlinformationen durchsetzt wie sich später rausstellte. Gekauft hatte ich ihn trotzdem, in der Not frisst der Teufel eben Fliegen.
Erzählte man jemandem man wolle nach Japan, dann gab’s nur schräge Blicke. Was man denn da wolle, die leben doch alle in chronischer Platznot, haben garstiges Essen und sind dazu noch perverse Weirdos. Sushi kannte kaum einer und auf eine Erklärung (roher Fisch auf gekochtem Reis) folgten panische oder fast schon pandemische Gesichter, in deren Hinterköpfen sich die üblen Klischees nur noch bestätigten. Das Wenige das über Japan bekannt war schreckte ab und faszinierte zugleich. Hätte es verlässliche Quellen gegeben, hätte ich wohl nicht so lange gehadert. Ich ging dann trotzdem und bereut hab ich’s nicht – ausser dass ich es schon viel früher hätte machen sollen.
Und dann in Japan war alles anders als es in den Büchern stand, obwohl ich dank befreundeten Japanern schon vieles wusste bzw. zu verstehen glaubte. Trotz grundlegenden Sprachkenntnissen (JLPT Level 3) war es unendlich schwierig, im Alltag aber auch auf Reisen. Klar, entlang der Shinkansen Strecke ging’s relativ reibungslos, abseits davon aber konnte es sehr zäh sein da fast nichts auf Englisch beschriftet war. Selbst in Tokyo war Bahn fahren mit 2-3 mal Linie wechseln eine echte Herausforderung. Dazwischen auch öfters laut geflucht und geärgert, genützt hat’s trotzdem nix, nur mit Geduld und Freundlichkeit kommt man weiter. Eine Lebensweisheit reicher ging’s einfach der Nase oder fremden Tipps nach, wohlgemerkt ganz ohne Reiseführer und ohne JR Pass. Beide hätten mir eh nicht viel genützt, je nach Gefallen blieb ich auch mal länger an einem Ort oder zog spontan weiter. Hotels fand man am einfachsten an den Infoschaltern beim Bahnhof, die riefen dann für einen an und machten die Reservation. Und mit viel Glück war jemand des Englischen mächtig damit sich auch komplizierte Fragen beantworten liessen. Wie zum Beispiel wo sich denn der nächste Gebrauchte-Unterhöschen-Automat befinde, da ich “dank” diverser Artikel in bekannten deutschen Zeitschriften bestens Bescheid wusste, dass diese auf jeden Fall existieren. Weil keiner den ich fragte je davon gehört hatte und mir (scheinbar) auch nicht helfen wollte, diese abartige Kuriosität ausfindig zu machen, konnte es nur daran liegen dass die Japaner sich schämten (womit wir bei der nächsten Urban Legend, der sogenannten “Schamkultur” angelangt sind). Der Journalismus war damals also nicht unbedingt besser. Heutzutage lassen sich Fakten immerhin bis zu einem gewissen Grad online nachprüfen.
Ach ja, grün und blau ärgerte ich mich in den riesigen Bahnhöfen. Nach Karte laufen kam schief raus – ohne ebenfalls. Das waren vielleicht Odysseen, beladen mit 40 kg Reisegepäck und gebrochenem Kofferrad durch die kilometerlangen unterirdischen Gänge unterhalb Osaka Station bei mörderischer Sommerhitze, bis ich irgendwann realisierte, dass die Karten immer so aufgehängt sind wie man gerade steht (oben ist nicht zwingend Norden). Im Unterschied zu heute war damals Norden nicht aufgedruckt. Was hatte ich da geschimpft wie ein Rohrspatz.
Und der Tsukiji Fischmarkt, der in den letzten Jahren zusehends zu einem unheiligen Konglomerat aus Jahrmarkt und Rushhour in der U-Bahn mutierte, war damals noch unberührt genug dass man sich in aller Seelenruhe unter die Händler und Käufer mischen konnte und die Waren begutachten. Keine Touristenströme weit und breit, in die Thunfischauktion frühmorgens konnte man einfach reinlaufen und zugucken. Selbst auf der geschäftigen Shibuya Kreuzung wuselte es ausschliesslich nur von Japanern. Wenn sich mal ein blonder Ausländer dorthin verirrte, war der schon von weitem augenblicklich erkennbar wie ein wandelndes Leuchtfeuer in einem Meer von schwarzen Haaren.
Es war wie in einer Parallelwelt oder auf einem fremden Planeten, wo es kaum Gemeinsamkeiten mit der Erde zu geben schien. Nichtsdestotrotz möchte ich heutzutage die Vorzüge der allzeit bereiten Information in Griffnähe nicht mehr missen. Ohne Umschweife den Weg von A nach B zu finden hat das Reisen bedeutend erleichtert. Schlussendlich holt einen die Zukunft eben doch ein, ohne dass man wehmütig der Vergangenheit nachhängt.