BlogUnd wieder 5 Jahre warten -- Verkehrssünden in Japan

Und wieder 5 Jahre warten — Verkehrssünden in Japan

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Es war an einem hektischen Tag im November 2019 — mit dem Auto fuhr ich die Route, die ich schon so oft gefahren bin — von meinem Haus zu einem der nahen Bahnhöfe, um die Kinder einzusammeln. Doch die normalerweise keine 10 Minuten dauernde Fahrt sollte es länger dauern, denn zwei Polizisten verstellten mir den Weg. Ich war in eine Straße abgebogen, in die man von 8 bis 10 Uhr und von 18 bis 20 Uhr nicht einbiegen darf. Keine Einbahnstrasse also, sondern man darf einfach zu diesen Uhrzeiten nicht dort einbiegen. Dummerweise war es kurz nach 18 Uhr, und da hatte ich dann einfach mal Pech. Es gab 2 Punkte und eine Strafe von 700 Yen. Außerdem bedeutete dies, dass ich nun weitere 5 Jahre warten muss, um die „Goldene Fleppe“ zu bekommen. Die macht erstmal einen guten Eindruck, und man muss bei der Erneuerung nicht zum Rathaus oder zum Verkerhrspolizei-Hauptquartier der Präfektur, sondern man kann sich das obligatorische Filmchen und die gutgemeinten Ratschläge bei der örtlichen Polizei verinnerlichen.

4 Jahre und 6 Monate vergingen — ohne die Spur eines Vergehens. Nicht einmal falsch geparkt oder gerast. Nun gut, gerast schon, aber man weiss ja, wo und in welcher Art Auto die Polizei unterwegs ist. Dummerweise hat es mich jedoch gestern dann doch wieder erwischt — auch dieses Mal auf einer Straße, die ich eigentlich sehr oft benutze. Ein Bahnübergang mit Schranke — dort muss man stehenbleiben, bis 3 zählen und dann darf man fahren, doch direkt hinter dem Bahnübergang ist eine kleine Kreuzung, auf der viele Fußgänger und Zweiradfahrer (und Autos) unterwegs sind — ohne Ampel, wohlgemerkt. Und die Bahnstrecke ist extrem gut befahren — alle zwei Minuten gehen die Schranken runter.

Normalerweise alles kein Problem: Man bleibt stehen, dann „21, 22, 23…“, vergewissert sich, dass niemand auf der Kreuzung hinter dem Bahnübergang ist und fährt dann los. Im Normalfall fahre ich dort gerade aus — doch wir entschlossen uns spontan, noch kurz zum Supermarkt zu fahren, also biege ich rechts ab — wo dann auch schon ein freundlicher Polizist hinter einem Laternenpfahl plötzlich aus der Deckung kam — kein Polizeimoped oder -auto weit und breit, man konnte ihn also beim besten Willen nicht sehen. Wozu auch – mir war nicht bewusst, etwas falsch gemacht zu haben. Denkste. Hinter (!) der Kreuzung steht nämlich ein blaues Schild mit weißen Pfeilen, die nach vorn und nach links zeigen. Dummerweise nicht nach rechts — das ist scheinbar verboten. Und da das Schild hinter der Kreuzung steht, fiel es schon mal gar nicht auf.

Während der Polizist also hinter meinem Auto alles in sein Gerät eintippt, rauscht auf der ziemlich engen Strasse ein Auto knapp an mir vorbei — der Fahrer hat sein Fenster extra heruntergelassen, um mir ein freundliches „Du stehst im Weg, Idiot“ an den Kopf zu werfen. Jau, super! Genau du hast mir jetzt gefehlt!

Ende vom Lied: 2 Punkte, die nach drei Monaten wieder erlöschen, solange ich bis dahin nicht etwas anderes anstelle. Und eine 7’000-Yen-Geldstrafe (also rund 40 Euro). Was mich aber mehr wurmt, ist die Tatsache, dass ich nun wieder volle 5 Jahre warten muss, um die Güldene Fleppe zu bekommen. Ob ich das jemals schaffe?

Interessant finde ich, dass mir so etwas scheinbar immer nur in der unmittelbaren Umgebung, auf mir vertrauten Straßen geschieht. Ich bin schon viel in Japan herumgefahren — und auch im Ausland, wo man eigentlich eher erwarten müsste, etwas falsch zu machen. Aber da bin ich sicherlich nicht der einzige. Und mit den blauen Verkehrsschildern mit den weißen Pfeilen stehe ich sowieso auf Kriegsfuß, denn diese Schilder sind ja im Prinzip Verbotsschilder – rote Schilder mit einem Kreis, in dem angezeigt wird, dass man in diese oder jene Richtung NICHT fahren darf, wären meiner Meinung nach logischer und vielleicht auch wirkungsvoller.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. So ein Pech.
    Die Richtungsschilder sind in Deutschland auch blau mit weißen Pfeilen.
    Es war wohl der ungünstige Standort des Schildes, der dir zum Verhängnis wurde.
    Wenn ein ein Schild in Japan nach einer Kreuzung nach links weist, denkt unsereins das gilt dann bei der nächsten Kreuzung. Aber es war die Straße vor dem Schild gemeint, wie wir dann herausgefunden hatten, nachdem wir mit den Fahrrädern nicht dort angekommen waren, wo wir hin wollten.
    Da wünsche ich dir, dass du deine golden Fleppe in 5 Jahren bekommst.

  2. 2009 musste ich mal zu einem Einsatz nach Wakkanai, und auf der Nationalstrasse war ich ueber dutzende Kilometer richtig einsam, so dass ich das Gaspedal ab und an etwas staerker belastet habe. An einer leichten Steigung in einem Waldstueck bemerkte ich ploetzlich einen Streifenwagen, gut verborgen im Unterholz (aber nicht gut genug…). Gottlob fahre ich aufmerksam, reagiere extrem schnell und war schnell auf der Bremse – als das Messgeraet ausloeste, hatte ich noch 28 km/h mehr als erlaubt waren (bei 31 drueber waere der Lappen weg gewesen, zumindest zeitweise!). 18.000 Yen und drei Punkte. Aber die Polizisten waren zumindest hoeflich und professionell. Der blaue Zettel haengt noch heute eingerahmt im Buero – das einzige Corpus Delicti aus fast 40 Jahren Rumkurven in Japan. Ein zweites Mal haette es zwischen Nagoya und Osaka 1999 fast gegeben, aber der naechtliche Blitz im Rueckspiegel hatte nie ein Nachspiel…

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