Die Stadtverwaltung von Tokyo – nach New York die Stadt mit dem weltweit grössten Budget – verabschiedete gestern ein Gesetz, dessen Ziel es sein soll, den CO2-Ausstoss der Hauptstadt substantiell zu verringern.
Wie das gehen soll? Ca. 1,300 Firmen und Bürokomplexe, welche eine bestimmte Erdöläquivalentverbrauchsmenge überschreiten, sollen ihren CO2-Ausstoss in diesem Zeitraum um 15 bis 20% verringern. Ab 2010. So zumindest eine Massnahme, denn die Hauptstadt als Ganze hat es sich zum Ziel gesetzt, den Ausstoss bis 2021 um 25% zu verringern. Die Firmen, die das gesetzte Ziel nicht erreichen, können Emissionsanteile von anderen Firmen kaufen.
So weit, so gut. Eine löbliche Initiative und besser als gar nichts. Aber es gibt auch hier eine Pointe: Emissionssünder haben neben dem Handel mit Emissionsscheinen noch eine zweite Möglichkeit: eine Geldstrafe an die Stadt zahlen. Der irrwitzige Betrag: 500,000 Yen. Das sind ca. 3,000 Euro. Wohl pro Jahr. Das wird den 1,300 grössten Firmen in Tokyo ganz sicher ganz dolle wehtun. Au weia.
Das Wort des Tages: CO2削減 shii-oo-tsuu sakugen. CO2 ist eigentlich 二酸化炭素 (di – oxid – Kohlenstoff), aber da das zu umständlich ist, schreibt man meistens CO2. “sakugen” bedeutet “Verringerung”.
Von wegen der Strafe wäre ich mit dir bei westlichen Firmen gleicher Meinung. Aber sind japanische Firmen nicht eher doch darauf bedacht keine schmutzige Weste zu bekommen und reicht daher eine symbolische Strafe nicht doch sogar aus? Oder gibt es da in der Mentalität Ost und West wirklich keine Unterschiede?
Gute Frage. Nicht einfach zu beantworten. Ich glaube, das Überschreiten der Werte würde (zumindest nach jetzigem Stand) nicht allzu negativ aufgenommen werden. Was eher typisch japanisch wäre, ist das folgende Szenario: Eine Firma schummelt, um nicht als Umweltsünder dazustehen. Und der Schwindel fliegt auf. Skandale nach diesem Schema gibt es allwöchentlich und haben jedes Mal eine verheerende Wirkung.
hm, dabei finde ich ehrlich gesagt tokio eigentlich schon recht ok was die luftqualität angeht… klar kann es mit berlin nicht mithalten, aber im vergleich zu seoul is es ein paradies.
Löblich, aber die Geldstrafe lässt einen in der Tat schmunzeln…
wahrscheinlich kalkuliert man darauf, dass viele firmen die geringe strafe zahlen und somit hat die stadt ein paar millionen steuereinahmen mehr :D
@Jay Die Luft in Tokyo ist alles, aber nicht gut.
Schlechtere Luft habe ich bisher nur in Londons Innenstadt erlebt. (Ich war aber auch noch nicht in Peking, Mexico City oder einer der grossen indischen Staedte.)
Zum Artikel selbst: Es ist ja nicht so, als ob Politiker in D. nicht aehnliche Sachen aushandeln wuerden. Ich erinnere mal an die CO2-Steuer fuer Autos und die “Ampel”-Kennzeichnung von Lebensmitteln, die beide von den jeweiligen Lobbys erfolgreich be/verhindert wurden und werden.
Aber ja 500000 Yen ist schon laecherlich. Trotzdem glaube ich, dass Unternehmen, die sich um ein gutes Image bemuehen – und davon gibt es auch in Japan ziemlich viele – den Imageverlust staerker fuerchten werden.
Andererseits funktioniert das Rechtssystem in Japan ja auch anders als in Europa und den USA, Milliardenstrafen fuer Tabakkonzerne, Kartelle oder Umweltvergiftung werden wir in Japan jedenfalls nicht so schnell erleben.
In meinen ersten Tagen in Japan ein Gespräch mit einem älteren jap. Mann gehabt (70+), der ganz aufgelößt war, weil ein Italiener ein paar Tage zuvor behauptet hatte, der Himmel in Rom sei blauer als in Tokyo. Dabei fand ich die Luft wirklich sehr gut in Tokyo (wohl weil es weniger Dieselfahrzeuge dort gibt?) und Rom hab ich nur als Smog-Moloch im Gedächtnis.
Nun, die Luftqualität in Tokyo ist vergleichsweise gut – da gibt es schlimmere Städte in Japan (z.B. Yokkaichi) und sehr viel schlimmere woanders – die Luft in chinesischen Städten fand ich zumindest wirklich atemberaubend.
Tokyo’s halbwegs gute Luft ist allerdings zu einem guten Teil der Lage zu verdanken: Am Wasser, nahe den Bergen, daher oft mit reichlich Wind. Wäre der nicht, würde es schon düsterer aussehen.
Eins ist aber mit Sicherheit ein Problem: Photosmog und das Hitzeinselproblem.