Es gibt Momente, in denen ich in der Firma das Telefon beantworte – zum Beispiel wenn die anderen Leitungen besetzt sind, und das ist in einer kleinen IT-Firma durchaus nichts ungewöhnliches. Das bringt mich jedes Mal in den Genuß des einen oder anderen komischen Anrufes. Heute hatte ich mal wieder das Vergnügen. Eine Firma, mit der wir gelegentlich zu tun haben, rief an, aber der 担当者 (tantōsha, die “zuständige Person”) hat mittlerweile die Firma verlassen, und so hatte ich die Ehre. Wie es sich gehört, fragte der Anrufer zum Schluss “もう一度お名前をお聞かせいただけませんか” – “dürfte ich nochmal nach Ihrem Namen fragen”. Sicher doch. “Matthias” sage ich dann, und das ist in der Geschäftswelt völlig unüblich, erst recht in Japan, denn man redet sich natürlich erstmal mit dem Familiennamen an. Jedoch – während “マティアス” (sprich: Matiasu, wobei das “u” am Schluß mehr oder weniger verschluckt wird) halbwegs vermittelbar ist, kann man das über meinen Nachnamen (“Reich”) leider nicht sagen. Den kriegen weder Japaner (Aussprache: “raihi”) noch Angloamerikaner (Aussprache bestenfalls ein genuscheltes “Reyk”) auf die Reihe, weshalb ich es aufgegeben habe, meinen Nachnamen zu benutzen. Macht ja nichts, da die meisten sowieso nicht wissen, was bei mir Vor- und was Nachname ist.
Also sagte ich heute wieder brav meinen Vornamen, und der Anrufer begann mit dem in Japan üblichen Spielchen: “Hmm, ist dass das ‘ta’ wie in ‘tanbo’ (Reisfeld) und ‘Yasu’ wie in ‘Yasuda’ (gängiger Familienname in Japan)?” So wurde – und das nicht zum ersten Mal – aus meinem Namen also ein “田安 – Tayasu”. Natürlich klärte ich ihn auf und sagte “Da ich Ausländer bin, hat mein Name keine Schriftzeichen. In Katakana bitte: ma-ti-a-su”. Ein paar Sekunden Schweigen, gefolgt von einer Entschuldigung, war die Folge. Wofür entschuldigt er sich eigentlich?
Dieses “Schriftzeichen am Telefon erraten” ist natürlich wichtig: Will man später per Email im Kontakt bleiben, gehört es zum guten Ton, nicht nur den Namen, sondern auch die Schriftzeichen richtig zu schreiben. Da ist es schon wichtig zu wissen, ob Herr Takahashi “高橋” oder “髙橋” geschrieben wird. Was, sieht beides gleich aus? Aber nicht doch! Einfach mal im Browser die Schriftgröße maximal vergrössern!
Das wird bei dir jetzt wahrscheinlich zu spät sein, aber mir sagte man schon mehrmals es sei möglich meinen Namen mit Kanji zu schreiben wenn ich nachweisen kann das ich diesen Namen auch verwende.
Z.b. dürfte ich mich 白川間瀬流 schreiben wenn ich belegen könnte (und da reicht eine Rechnung von amazon.jp auf der mein Name so steht) das ich diesen Name auch tatsächlich verwende.
Allerdings wurde mir nahe gelegt das nicht zu tun da man sonst auf dem Papier für einen Japaner gehalten werden würde und somit natürlich mit einer komplett anderen Erwartungshaltung an eine Person heran geht.
Wenn da dann jemand kommt der überhaupt nicht Japanisch aussieht stiftet das anscheinend ziemlich Verwirrung.
Ich bin wirklich in einem Zwiespalt ob ich denn nun 白川間瀬流、白川マセル oder alles in Kana verwenden sollte…
Nun, für Touristen ist zum Beispiel ein Namensstempel mit eigenen Kanji sicher ein schönes Mitbringsel, aber ansonsten würde ich eher davon abraten, sich irgendwelche Kanji zu verpassen. Anders gesagt – wenn man jung ist und Spaß an solchen Sachen hat, ist das nicht verkehrt (habe ich früher auch gemacht), aber wenn man in Japan lebt oder auch nur im entferntesten geschäftsmäßig mit Japan zu tun hat, geht das eher nach hinten los.
sehr nützliche Infos, da ich demnächst für 3 Monate auf Business reise nach Kyoto fahren werde!
und eine sehr amüsante story noch dazu^^
schreib ruhig mehr von solchen Alltagsgeschehen^^
grüße aus dem trockenen Oldenburg^^
Auch interessant – chinesische Namen werden japanisch gelesen. Ich hab sehr gelacht als man mich ständig nach Herrn Bu fragte, bis mir die Glühbirne aufging das man den (damaligen) Freund meinte. Für Chinesen ist das aber soweit ich weiss kein Thema.
Meinen Namensstempel benutzt mein Sohn heutzutage zum Schule spielen, in der Firma gehe ich unter Katakana – Nachname und Rufname “Yuri”.
百合 vermute ich mal?
Eine ähnliche Anekdote kann ich auch erzählen. Vorgestern habe ich telefonisch einen Termin beim Arzt vereinbart, und dort wurde auch nach meinem Namen gefragt. Auf Katakana heiße ich カッチマーチック ユリア. (Mein Nachname ist einer dieser schön komplizierten polnischen…)
Offenbar hat die Dame mein Japanisch zusammen mit dem Vornamen ユリア verwirrt, jedenfalls wurde ich auch nach den Kanji gefragt, mit denen ich natürlich nicht dienen konnte. XD
(Als ich die Anekdote auf Facebook geteilt habe, kamen von japanischen Freunden ein paar Vorschläge zu Kanji, aber ich will da auch nicht einfach was erfinden.)
Erfinden muss ja nicht sein.
Dein Name bedeutet ja irgend etwas.
Die Kana für deinen Namen sind ja auch “erfunden” und die Bedeutung des Namens geht dadurch vollkommen verloren.
Einer der riesen vorteile von Kanji ist das man den Ursprung und die Bedeutung von Wörtern bzw. Namen erkennen kann.
Wenn ich das was mein Name auf deutsch bedeutet ins Japanische übersetze kommt 白川 dabei raus, ist also nichts “erfundes” sondern einfach nur mein Name auf Japanisch.
Und 白川 ist zufällig auch noch ein sehr bekannter Name in Japan :D
Bei カッチマーチック wird später mal niemand mehr wissen wo der Name herkam und was er je bedeutet hat. Es sind nurnoch laute mit denen man sich identifiziert. Wenn dann alle darüber spreche und diskutieren wo die Bedeutung Ihrer Namens Kanji liegen steht man ziemlich blöd da.
Da geht mir ehrlich gesagt zu viel verloren, ein Name ist eben nicht nur ein Laut auf den man hört sondern jeder Name hat auch eine Bedeutung.
Ist natürlich auch die Frage was man will. Wenn man sich mit 白川 schreibt erwarten die Leute auch einen 白川, einen japanischen :D tabibito wird schon recht haben.
Ich persönlich habe bisher die Erfahrung gemacht das die Leute eher positiv darauf reagieren wenn man sich mit Kanji schreibt und natürlich wissen wollen warum man ausgerechnet diese Kanji gewählt hat.
Hatte damals ein Treffen mit einem Leiter eines Partnerunternehmens und das hat eher den Eindruck gemacht das ihm das sehr gefallen hat das man sich so für die Schrift interessiert und diese tatsächlich beherrscht und so sehr mag das man es bevorzugt seinen eigenen Namen in dieser Schrift zu schreiben. Natürlich habe ich von vornherein immer klar gemacht das ich ドイツ人 bin und nicht versucht mich auch nur ansatzweise als Japaner auszugeben.
Meine Persönliche Meinung ist, in Japan werden Namen mit Kanji geschrieben. Und wenn man sich die Liste der Kanji anschaut die stetig durch Nanori erweitert werden dann ist auch keineswegs abzusehen das sich das ändern sollte.
Kanji sind ein Schriftsystem, eine Schrift die eine Bedeutung und einen Zusammenhang ausdrucken kann. So funktioniert die Schrift nunmal. Seinen Namen in Katakana zu schreiben hat nur einen einzigen vorteil: “Jeder sieht sofort das man ausländer ist”. Das wars. Ende der Vorteils liste.
Das mag von mir vielleicht dumm und töricht sein, aber wenn die Japaner schon eine Schrift haben die eine Bedeutung ausdrücken kann, dann werde ich zumindest meinen Nachnamen in dieser Schrift schreiben wollen. Solange man sich nicht versucht als Japaner auszugeben und man die Wahl der Kanji auch begründen kann, sollte da eigentlich nichts schief laufen.*
Alle Meinungen die ich bisher dazu gehört habe sind allerdings 50:50, die einen habens getan und meinten es funktioniert perfekt, andere wiederum habens versucht und meinten es stifte nur Verwirrung und sie verwenden deswegen Katakana. Wird wohl auch jeder Japaner anders drauf reagieren.
Ich werde es auf jeden Fall versuchen da ich bisher nur positive Erfahrung damit gemacht habe. Wenns nach hinten los ging dann bin ich noch jung genug um so eine Erfahrung mit meinem Alter weg zu reden :D
*Alle angaben ohne Gewähr, das muss jeder für sich selbst entscheiden :P
Man kann das auch von der anderen Seite sehen: Da stellt sich also ein waschechter Japaner in Deutschland vor mit “Mein Name ist Hochfeld” (高田). Das ist zwar irgendwo witzig und würde erstmal Neugier wecken, aber ein bisschen komisch wäre das schon.
Die Bemerkung “ein Name ist eben nicht nur ein Laut auf den man hört sondern jeder Name hat auch eine Bedeutung” ist dabei recht interessant. Insofern, dass es interessant wäre zu wissen, wieviele Eltern sich eigentlich der Bedeutung der Namen, die sie ihren Kindern verpassen, bewußt sind. Ich bin mir sicher, dass viele Eltern heute bedachter wählen, aber unzählige Namen werden auch des “Klanges wegen” gewählt oder weil ein guter Freund/Verwandter/Idol den gleichen Namen hat.
Mein Name wäre bei einer Übersetzung schon mal merkwürdig: Ich würde mich ungern mit “einer der viel Geld hat” oder “(Kaiser)Reich” ansprechen lassen. Als ich in ganz jungen Jahren deshalb Kanji für meinen Namen auswählte, wählte ich deshalb zu allererst nach phonetischen Aspekten. Aber wie Du schon sagst, dass muss jeder für sich entscheiden, und ein bisschen Spaß an der Sache kann nicht schaden.
Da kann ich nicht abstreiten das du da wohl recht hast.
Ich habe auch unverschämtes Glück das mein Name ins Japanische übersetzt das ergibt ;)
Aber gegenbeispiel, mal angenommen da kommt ein Herr Honda aus Japan der, weil unsere Schrift das z.b. nicht anders ausdrücken kann, plötzlich borunonda heisst. Auch nicht wirklich athemberaubend. Hat weder was mit dem eigentlichen Namen zu tun, noch ist es eine akzeptable übersetzung.
Für reich gibt es im übrigen einige interessante Namensherkunftserklärungen http://wiki-de.genealogy.net/Reiche_(Familienname)#Herkunft_und_Bedeutung da kann man bestimmt aus einigen sachen gute Kanji draus basteln ;) Freudenreich klingt bestimmt auch in Japanisch nett.
Ich denke du hast recht, am ende muss es jeder selber entscheiden. Ich bin mit meinem Namen ja fast schon “gesegnet” :D da fällt die Entscheidung nicht all zu schwer.
Ich habe eben einen Freund gefragt der damals auch Kanji für seinen Namen verwendet hat, er hat sich einfach einen neuen Namen erdichtet der ihm gut gefällt… scheint wohl auch zu klappen.
Der Name muss ja nicht gleich erfunden sein, oftmals ist es ja auch auslegungssache und man kann nen Auge zudrücken :P, nicht wahr Herr Freudenreich ;)
富 passt eh gut, noch ein 2. Kanji… 懶富 :-D
Mir ist bei meiner Reise aufgefallen, dass viele Japaner ihren Namen an der Tür bzw. dem Briefkasten in Romaji stehen hatten, zumindest in Tokyo und Osaka habe ich das so oft gesehen, dass es mir auffiel. Ist das gerade “hip”? Vielleicht sieht ein schnöder Allerweltsname wie 山田 in Romaji einfach peppiger aus?
Das ist schon lange “hip”, glaube ich, aber aus welchen Motiven die Leute das machen, ist mir nicht bekannt. Vielleicht will man sich so als Kosmopolit darstellen!?
Ich glaube, ich bin einfach schon zu lange in Japan.
Ich spiele dieses Spielchen nämlich auch gerne mit meinen Arbeitskolleginnen, v.a. wenn wir neue Schüler bekommen.
Wobei ich zugeben muss, dass ich bei manchen seltenen Kanji echt auf dem Schlauch stehe. (^___^”)
Ja, mit Erwachsenen kann man das spielen, aber bei Kindern geht das gar nicht mehr. Mindestens die Hälfte der Kinder in der Klasse meiner Tochter haben Vornamen, die man beim besten Willen nicht lesen kann. Der Trend zum individuellen Vornamen greift rapide um sich
Nur von der Schreibweise her oder auch vom Namen an sich?
Nicht alle, aber es stimmt dass es mehr und mehr a) seltsame bzw. seltene Namen gibt und b) beliebte Namen mit seltsamen Kanji geschrieben werden.
Das macht es aber spannender, finde ich.
Und es gibt ja immer noch Kinder, deren Namen ausschließlich mit Kanji geschrieben werden. Finde ich allerdings sehr schade. (Also, der Name ist auch offiziell nur als Hiragana-Name eingetragen).
Kann man den Namen dann als Japaner auch ändern (z.B. bei Hiragananamen oder komischen Kanji die man jedem erklären muss)?
Ich frage mich immer, ob es für solche Situationen nicht sinnvoll ist, bei einer Heirat mit einer Japanerin ihren Namen anzunehmen (Sofern man in Japan wohnen bleibt).
Kann doch eigentlich nur Vorteile geben, oder? Wäre dann z.B. der Name 田中マティアス irgendwie problematisch?
Einige Leute machen das, aber persönlich ist das nicht so mein Ding… da bin ich dann doch ein wenig konservativ, und eine Rückkehr nach Deutschland oder anderswo will ich auch nicht kategorisch ausschließen. Ach ja, und ausserdem bin ich der einzige männliche Nachkomme:)
> Ach ja, und ausserdem bin ich der einzige männliche Nachkomme:)
Da haben wir den Knackpunkt :P