BlogStörfaktor Handymensch

Störfaktor Handymensch

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Docomo, einer der drei großen Mobilfunkanbieter in Japan, hat vor kurzem ein lehrreiches Video unters Volk gebracht, und das Video verbreitet sich momentan sehr schnell. Es geht darum, was passieren kann, wenn man durch die Landschaft läuft und dabei nur auf sein Handy schaut. Die Simulation zeigt im Konkreten, was passiert, wenn 1,500 Menschen gleichzeitig die berühmte „Scramble“-Kreuzung in Shibuya überqueren und alle dabei aufs Handy starren. Das Resultat der Simulation, basierend auf das stark eingeengte Blickfeld der Passanten, besagt, dass nur ein Drittel unbeschadet die Kreuzung rechtzeitig überqueren kann – der Rest ist entweder zu langsam oder stößt mit anderen Passanten (über 400 Mal) zusammen.
Soweit ist die Simulation gar nicht von der Realität entfernt. Seit meinem Umzug steige ich ebenfalls in Shibuya zu besten Berufsverkehrszeiten um. Dabei passiere ich unzählige Treppen und enge Gänge, und die Hälfte der Mitmenschen durchläuft den Parcours dabei mit der Funke in den Griffeln: Entweder, um etwas zu lesen, zu schreiben oder Fernsehen zu schauen. Viele scheinen dabei wirklich nach der Methode „die anderen werden schon um mich herumlaufen“ vorzugehen, doch irgendwann ist die kritische Masse erreicht – dann gibt es zu viele Handyjunkies und keiner passt mehr auf. Die Tatsache, dass die besagten Menschen natürlich wesentlich langsamer sind als der Rest, macht mich dabei jedes Mal rasend. Dazu noch Naglfar in voller Lautstärke durch die Kopfhörer pusten, und schon erreicht man eine Betriebstemperatur, die für die nächsten 10 Stunden im Büro reicht.
Natürlich lassen manche Zeitgenossen ihrer Aggressivität freien Lauf. Dazu zählt Bloggerkollege Coolio, dazu zählen natürlich auch einige Japaner. Auch ich habe nach dem 20sten Homo Mobilfunkensis keine Lust mehr auf’s Ausweichen und stelle mich stur. Aah, Shibuya. Das exakte Gegenteil eines Spaziergangs durch den Wald! Aber hier nun das Video:




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tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

4 Kommentare

  1. Hm, wenn ich mich also vollkommen korrekt in Richtung der Pfeile bewege, die auf dem Boden zu sehen sind und ich trotzdem mit Flachköppen zusammenstoße, die ihre unheimlich wichtigen Nachrichten auch während des Laufens mitten in der Rushhour lesen müssen, dann bin ICH also derjenige, der seiner Aggressivität freien Lauf lässt? Ich bin doch in dem Fall vollkommen passiv und lasse sie einfach nur auflaufen. Aktiv werde ich erst, wenn manche Idioten meinen, ich müsste mich für ihr Fehlverhalten auch noch schuldig fühlen.

  2. In Deutschland wird das aber auch immer häufiger, und ich rege mich auch oft über Deppen auf, die schön langsam latschen, den Weg dabei versperren, dabei selbst gerade noch so die Bahn erwischen, ich hinter ihnen aber dumm aus der Wäsche schaue. Und auf der Rolltreppe steht man jetzt auch kreuz und quer. Argh!

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