In den frühen Morgenstunden des 11. August kam es unweit der Senkaku-Inseln zu einem Zusammenstoss zwischen einem chinesischen Fischkutter und einem griechischen Frachter: Das Fischerboot sank, und der Frachter rief die japanische Küstenwache zur Hilfe: Die fischte soweit 6 von insgesamt 14 Besatzungsmitgliedern lebend aus dem Wasser, woraufhin die Regierung in Peking ein paar Stunden später ihre Dankbarkeit ausdrückte¹.
Harmonie im Fernen Osten? Mitnichten. Am 2. August erschien das alljährlich veröffentlichte japanische Weissbuch der Verteidigung 2016², und der ist dieses Jahr mit 484 Seiten 60 Seiten dicker als im vergangenen Jahr. Kein Wunder: Nordkorea schiesst noch immer mit Raketen um sich, und die Volksrepublik China macht keinerlei Anzeichen, ihren aggressiven Kurs gegenüber den Nachbarn zu ändern. Von April 2015 bis März 2016 schickte Japan insgesamt 570 mal Kampfflugzeuge in den Himmel, um Luftraumverletzungen durch chinesische Flugzeuge abzuwehren³. Und im Moment schwirrt eine riesige Flotte von 230 Fischerbooten und dutzenden chinesischen Patroullienbooten rund um die eingangs erwähnten, von Japan verwalteten Senkaku-Inseln.
Diese Nachrichten helfen der jetzigen Regierung unter Ministerpräsident Abe – denn die will Japan durch eine Änderung der Verfassung wehrhafter machen (ein fadenscheiniges Argument, denn natürlich kann sich Japan auch jetzt, ohne Verfassungsänderung, wehren). Doch man macht sich ernsthaft Sorgen und beginnt, für den Fall der Fälle vorzubereiten: Durch militärische Bündnisse mit Australien, Vietnam und den Philippinen zum Beispiel, oder mit dem Versuch, ein altes Kriegsbeil zwischen Südkorea und Japan (Trostfrauenproblem) zu begraben. Am wichtigsten bleibt jedoch das Bündnis mit der Schutzmacht USA – doch auch hier ist man besorgt; hat doch der republikanische Traumkandidat Trump bereits angedeutet, dass Japan entweder wesentlich mehr zahlen oder sich gefälligst langsam selbst schützen solle (“Of course they should pick up all the expense. Why are we paying for this?”) – eine Forderung, die der japanischen Bevölkerung nur schwer vermittelbar sein dürfte.
¹ Siehe unter anderem Japan Times (Englisch)
² Siehe unter anderem The Diplomat (Englisch)
³ Siehe unter anderem Al Jazeera (Englisch)
Wo ich da grad einen Link zu The Diplomat seh – was hat das den so generell für einen Ruf bei Leuten die sich mit Politik und Medien im Asiatischen Raum auskennen? Ich höre nur ab und zu den Podcast und lese die paar Artikel bevor mich die Paywall aussperrt, und überlege nun schon länger ob ich mir das Abo zulegen sollte. Meinungen? Andere Empfehlungen?
Gute Frage! Ich kenne ehrlich gesagt niemanden, der interessiert genug ist, das zu lesen. Die Artikel erscheinen mir sehr profund und relativ neutral — andererseits habe ich dort bisher nichts wirklich neues gelesen, aber ich habe auch nur ausserhalb der Paywall gelesen.