… wo sind sie geblieben ♪ Bis vor kurzem konnte man etliche englischsprachige Bücher in den meisten kleineren Buchläden kaufen – dazu auch noch Magazine wie Time oder Newsweek. Nach und nach verschwinden jedoch die fremdsprachigen Titel. Was war passiert?
In Sachen ausländische Bücher gab bzw. gibt es ein regelrechtes Monopol in Japan. Wer ausländische Bücher vertreiben wollte, hatte nicht allzu viel Auswahl, so er sich nicht mit hunderten von Verlagen einzeln auseinandersetzen wollte. Genauer gesagt beschränkte sich die Auswahl auf … 1 (einen) Partner. Der nannte sich kurz Yohan, Kurzform von Yosho Tsuhan (Vertrieb westlicher Bücher). Anfang August gab es jedoch einen Knall – und Yohan war weg. Die Firma, die 60% aller ausländischen Bücher in Japan vertrieb, war plötzlich pleite. Und die Buchläden (von Giganten wie Kinokuniya einmal abgesehen) standen ohne Zulieferer da.
Die Schulden von Yohan waren so hoch, dass man nicht mal Gläubigerschutz beantragte (das wäre ein Versuch, einen Käufer zu finden), sondern wirklich komplett dicht machte.
Lustig fand ich es nicht. Auch meine Firma betreibt einen Online-Buchhandel, und ich hatte sehr viel Zeit und Nerven investiert, um unseren Buchladen mit deren archaischen Datenbankstrukturen zu verbinden. Endlich, nach wochenlangem Kampf, hatte ich es geschafft – rd. 100,000 Bücher waren erhältlich. Zwei Tage später wunderte ich mich, warum ich keinen bei Yohan erreiche… und warum wir ein Fax erhielten, dass uns befahl, mögliche Aussenstände ab sofort woanders hin zu überweisen.
Der Fall von Yohan – dummerweise wirklich ersatzlos, es gibt keinerlei Alternativen – ist aber nur einer von vielen. Der einst riesengrosse japanische Buchmarkt schrumpft seit Jahren – seit 1996 um ein gutes Fünftel. 12,953 Mitglieder (=Buchläden) hatte der japanische Buchhandel 1986, nun sind es nicht einmal 6,000. Übrigens: Täglich werden in Japan im Schnitt 212 neue Titel verlegt. Hinz und Kunz schreiben Bücher in Japan – sei das Thema noch so abwegig. Trotz alledem: Schade drum. Und eine Schande – wie kann man eine Monopolstellung innehaben und trotzdem pleite gehen?
Das Wort des Tages: 洋書 – yōsho. Yo- bedeutet Ozean, aber auch westlich. -sho ist schreiben, aber auch Schrift, Buch. Im Gegensatz zu 和書 (washo) – japanische Bücher. Für letztere gilt übrigens in Japan Buchpreisbindung.
Das ist wohl dann wahrscheinlich auch der Grund, warum seit Kurzem sämtliche westlichen Bücher im Kinokuniya in Osaka verbilligt angeboten werden.
“Wie kann man eine Monopolstellung innehaben und trotzdem pleite gehen?”
Du nimmst mir die Worte aus dem Mund. :)
Möglicherweise liegt es daran, daß globalbooks.de ab 100 Euro versandkostenfrei nach Japan liefert (ich habe es noch nicht ausprobiert, aber von mehreren Leuten gehört, daß es gut funktioniert)
Ich erinnere mal an Nova. Die waren auch quasi Monopolisten und sind trotzdem pleite gegangen. Schlechtes Management halt.
Ach deswegen ist bei mri im Buchladen auch kein Spiegel mehr zu haben. Scheisse… Und jetzt?
monopolstellung und pleite… irgendjemand wird doch wohl die stelle übernehmen müssen, kann doch nich sein dass man in einem land wie japan keine ausländische literatur bekommt…
@Thomas
Na mit ganz grosser Sicherheit liegt es nicht daran ;-) Wenn schon eher an Amazon. Mal ehrlich, versandkostenfrei ab 100 Euro? Für Privatpersonen kaum interessant.
@Lori
Nova war ein klarer Fall von Missmanagement, gepaart mit Habsucht. Sowie einem dritten Faktor, über den nur spekuliert werden kann…
@BigAl
Hmmm. Bleibt Dir ja dann nur die Lektüre der “Friday” ;-)
@Jakub
Eben nicht. Das ist ja das Dumme. Amazon wird es natürlich freuen – dumm nur, dass die englische Version von Amazon Japan sehr dürftig ist.
Hallo,
mir stellt sich die umgekehrte Frage :) Wie komme ich in Dt an japanische Bücher? (bin Japanerin und lebe seit einigen Jahren in Karlsruhe)
Kennt zufällig jemand eine gute Seite – amazon.co.jp ist sogar noch teuer als amazon.de in umgekehrte Richtung :)
Viele Grüße, Mari
Ist denn das Angebot an Online-Buch-Versandhäusern in Japan so dürftig? Mal abgesehen von Amazon gibt es in der BRD auch einen zwischenzeitlich gut angewachsenen Versandhandel, welcher auch englischsprachige Artikel im Angebot hat.
Ich hab da auch von der “Unsitte” digitaler Bücher gehört. Gibt’s da vielleicht eine gewisse Verdrängung des Buchhandelmarktes an sich in Japan? Du schreibst, dass die Zahl der Buchläden in Japan sich mehr als halbiert hat. Das muss ja eine Ursache haben. Wenn gleichzeitig täglich 212 neue (zumeist?) unbrauchbare Titel auf den Markt gebracht werden, wollen die doch irgendwie an den Mann gebracht werden.
@Mari
In Düsseldorf gibt es ja einige jap. Buchläden bei denen man, wie ich gerade gesehen habe, auch Online bestellen kann (z.B. http://www.bookstorenippon.jis.de). Die besorgen Dir die Bücher wenn nicht vorrätig auch direkt aus Japan zu vernünftigen Portokosten (1.5 Euro). Braucht dann 2-3 Wochen.
@Mari
Juergen hat ja schon eine Antwort gegeben. Ich war früher gelegentlich bei der Buchhandlung Yamashina in Berlin, aber der ist glaube ich nicht Online.
Bei http://www.ocs-de.com/ kannst Du scheinbar sogar Zeitungen und Magazine abonnieren.
@Terry
Von Amazon und den zwei Riesenbuchläden Maruzen und Kinokuniya abgesehen, gab es nur drei Online-Buchläden in Japan für ausländische Bücher – zwei Online-Branchenriesen und meine Firma. Das wars.
Die hohe Zahl der Neuerscheinungen hängt übrigens direkt mit der sinkenden Nachfrage zusammen: Die Verlage versuchen dadurch, Kunden zurückzugewinnen. Die, die sie vorher ans Internet und die Playstation verloren haben.
Wir sind auch auf dem Audiobuchmarkt, aber die Nachfrage ist, nun ja, nicht gerade riesengross.
Vielen Dank! Ich werde das mal probieren.