BlogRekordhitze und ein erschöpfter Ministerpräsident

Rekordhitze und ein erschöpfter Ministerpräsident

-

Neben Corona beschäftigt seit einigen Tagen vor allem ein Thema die Gemüter: Die Hitzewelle, die das Land fest in seinem Griff hat. Seit Tagen liegen die Temperaturen fast im gesamten Land bei mehr als 35 Grad am Tag und knapp 30 Grad in der Nacht – natürlich bei der für Japan üblichen hohen Luftfeuchtigkeit. Heute wurden in Hamamatsu sogar über 41 Grad gemessen. Der Mundschutz verschlimmert die Lage dazu noch, zumal die meisten Japaner auf “entweder immer Mundschutz oder nie”-Modus laufen. Selbst bei 38 Grad laufen da 80-jährige mit Mundschutz auf einsamen Wegen mit Maske dahin, denn ein “Mundschutz da, wo man andere Menschen trifft – ansonsten einfach mal absetzen” fällt den meisten scheinbar nicht ein. Das führt natürlich zu vermehrten Fällen von 熱中症 Netchūshō – Hitzschlag, und verstärkt die Corona-bedingten Probleme, da sich ja die Symptome ähneln.

Dem Ministerpräsidenten Abe scheint es da nicht anders zu gehen – heute suchte er für sechs Stunden ein Krankenhaus auf, und aus gut informierten Quellen wird verlautet, dass nichts Ernsthaftes anliege, dass sich der Ministerpräsident aber sehr erschöpft fühlt. Das kann man ihm nicht verübeln – seit einem halben Jahr ist das Land im Krisenmodus, und allein die heute veröffentlichten Wirtschaftszahlen sind bereits Entschuldigung genug für einen ordentlichen Schwächeanfall: Das Bruttosozialprodukt schrumpfte im 2. Quartal diesen Jahres nämlich um 27.8%, und das ist ein einsamer Rekord. Abes Krankenhausbesuch sorgt nun natürlich für besorgte Stimmen, denn er war bei seiner ersten Amtszeit im Jahr 2007 schon einmal schwer gesundheitlich angeschlagen. Zwar wirft die Mehrheit der Japaner schon jetzt der Regierung mangelndes Handeln vor, aber wer sollte Abe ersetzen, falls er abtritt? Man kann Abe mögen oder nicht, aber er hielt bisher den Politikladen trotz unzähliger Skandale zumindest irgendwie zusammen.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Neueste Beiträge

Tokara-Inseln kommen nicht zur Ruhe: Mehr als 1000 Erdbeben in 12 Tagen

Heute nachmittag kam es bei den Tokara-Inseln ein Erdbeben der Kategorie schwache 6 – auf der japanischen Skala, die...

Von Trump lernen, heißt siegen lernen…

... oder so müssen es sich scheinbar die hellen Köpfe der rechtspopulistischen und relativ neuen Partei Sanseitō gedacht haben....

Video vom Vortrag bei der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens (OAG) online

Wie in diesem Artikel angekündigt, hatte ich gestern die Ehre, bei der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens...

Kokomai und Kokokomai: Von altem und ganz altem Reis

Nun wurde er also auf den Markt geworfen: Alter Reis, die eiserne Reserve des Staates, für den Fall der...

Shibasakitei (柴崎亭) in Chofu, Tokyo

Sehr dünne Nudeln mit einer Suppe auf Salz- oder Soyasaucenbasis. Einfache, aber dennoch exzellente Ramen in Hochgeschwindigkeit.

Wie ein Manga Ängste schüren kann: Erdbebenprophezeiung hält Touristen fern

Seit etlichen Wochen geistern diverse Gerüchte durch die sozialen Medien – durch die japanischen, mehr aber noch durch die...

Must read

Die 10 beliebtesten Reiseziele in Japan

Im Mai 2017 erfolgte auf dem Japan-Blog dieser Webseite...

Auch lesenswertRELATED
Recommended to you