Wie heute bekannt wurde, steht Japan offensichtlich kurz davor, die Abtreibungspille zu genehmigen – die gibt es zwar schon seit den 1980ern (und in Deutschland seit 1999), doch bisher wurde sie in Japan nicht zugelassen. Japanische Frauen hatten deshalb bei ungewollter Schwangerschaft bisher nur einen Weg – eine Abtreibung als chirurgischen Eingriff in einer Klinik. Eine Kommission des Gesundheitsministeriums gab nun vor rund einen Monat grünes Licht – nun fehlt eigentlich nur noch die offizielle und endgültige Genehmigung durch den Gesundheitsminister, der sich dabei auf die Empfehlungen eines weiteren, internen Gremiums verlässt. Dies soll womöglich schon Anfang März geschehen.
Für Japanerinnen ist das durchaus eine positive Nachricht. In Japan wurden 2020 gut 150’0001 Abtreibungen vorgenommen (in Deutschland waren es 2021 knapp 100’0002). Die Abtreibungsrate pro 100’000 Einwohner ist damit in beiden Ländern zwar fast identisch, aber in Deutschland nahm die Zahl der Abtreibungen in jüngster Zeit eher zu, während sie in Japan seit einigen Jahren um durchschnittlich knapp 3% gegenüber dem Vorjahr sinkt.
Die Zahl der Abtreibungen war in Japan früher außergewöhnlich hoch, und dafür gab es verschiedene Gründe. So benutzen nur 0.9% der Paare die Pille – das Kondom bleibt mit 30.9% (die Gesamtverhütungsrate lag 2015 nur bei 39.8%!) mit weitem Abstand die Verhütungsmethode Nummer 1, gefolgt vom Coitus Interruptus mit gut 7%. Hinzu kommt der gesellschaftliche Konsens, das man zum Kinder kriegen verheiratet sein muss. Ist die Partnerin also schwanger, geht es bei Unverheirateten automatisch nicht nur um die Frage, ob das Kind zur passenden Zeit kommt – sondern ob man den Partner nebenher auch wirklich gleich heiraten möchte.
Die beständige Abnahme der Abtreibungen deutet allerdings auch darauf hin, dass immer weniger Japaner Beziehungen eingehen – sei es für eine Weile oder auch nur für eine Nacht. Im Hinblick auf die Genehmigung der Abtreibungspille kann man die zu erwartende Freigabe jedoch nur begrüßen, ist sie doch weniger riskant und aufwändig als eine spätere Abtreibung als chirurgischen Eingriff. Und obwohl die Vorbehalte gegenüber der normalen Pille noch immer sehr hoch sind in Japan (die Mehrheit hält sie für karzinogen), wird sich die Abtreibungspille sicher leichter durchsetzen.