Meine neue, alte Heimat kann mit zwei kulturell wertvollen Dingen aufwarten. Das ist mehr als vorher: Vorher gab es nur Disneyland, und nichts anderes. Und so unterhaltsam Disneyland sein mag — als kulturell wertvoll würde ich es nicht unbedingt bezeichnen. Hier, im Westen von Kawasaki, gibt es jedoch zwei interessante Museen. Da wäre zum einen das 藤子・F・不二雄ミュージアム (Fujiko F Fujio-Museum), gewidmet dem Schöpfer von Doraemon, der in Japan allseits beliebten, blauen Katze aus dem Weltall. Das Museum zieht immerhin rund eine Million Besucher pro Jahr an und steht hier aus gutem Grund: Fujio wurde in der Gegend geboren, und die ersten Folgen von Doraemon spielen quasi in meiner Nachbarschaft. Die sich seitdem allerdings grundlegend geändert hat. Wo sich früher Bambushaine und Reisfelder abwechselten, ist heute alles regelrecht zersiedelt. Verdammte Zuwanderer…
Ein weiteres Museum ist 岡本太郎 Okamoto Tarō gewidmet — seines Zeichens einer der bekanntesten, darstellenden Künstler der Gegenwart in Japan. Okamoto wurde 1911 in Kawasaki geboren und zog mit 18 Jahren nach Frankreich, wo er 11 Jahre lang blieb. Die deutsche Fotografin Gerda Taro lernte ihn damals kennen, und die Begegnung schien eindrucksvoll zu sein: Sie “lieh” sich seinen Vornamen und machte ihn zum eigenen Nachnamen. Dabei ist “Taro” in Japan das, was in Deutschland “Hans” ist – wobei “Taro” noch immer relativ beliebt ist. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Paris ging Okamoto nach Japan zurück, wo ihm der Militärdienst nicht erspart blieb. Er wurde an die Front nach China geschickt und blieb dort schliesslich nach Kriegsende ein halbes Jahr als Kriegsgefangener.
Danach widmete sich Okamoto ganz der Kunst. Er baute ein Atelier in Tokyo auf, verfasste ein Lehrbuch über zeitgenössische Kunst und verdiente sich als Skulpteur. Er interessierte sich vor allem für die jahrtausende alte Kunst der Jōmon-Zeit sowie für die schlichte Kunst von Okinawa. 1970 wurde er damit beauftragt, für die Expo in Ōsaka eine Skulptur zu schaffen, die an Picassos Bilder erinnert. Und so entstand seine wohl bekannteste Skulptur: Der 太陽の塔 taiyō-no-tō Sonnenturm, der auch heute nichts an seiner Ausstrahlung verloren hat.
Das Museum in Ikuta, Kawasaki, ist wunderschön in einem kleinen Tal gelegen und wartet mit einer großen Skulptur und vielen kleineren Exponaten auf. Die grosse Skulptur nennt sich 母の塔 haha-no-tō – Mütterturm. Ja, er hatte es mit Türmen.
Als mit rund 80 Jahren die Schaffenskraft nachliess, entschied Okamoto, dass die meisten seiner Kunstwerke an die Stadt Kawasaki übergehen sollen. Und so entstand die Idee, im ein Museum zu widmen. Mi 84 Jahren, im Jahr 1996, starb Okamoto.
Persönlich gefallen mir Okamoto’s Kunstwerke – sie bieten eine eigenartige Melange aus sehr alten und sehr modernen Kunstformen, sind leicht verspielt und regen die Phantasie an.
Doraemon stammt nicht aus dem Weltall, sondern aus der Zukunft. Du solltest mal deine Kinder fragen ;-)
Ich wäre gern in das Museum gegangen, aber leider geht das nur mit Reservierung und Karten bekommt man nur im Lawson, ich glaube sogar nur für die nächsten 2 Monate im voraus. Kurzfristig mal vorbeischauen ist also nicht.
Danke für die Info zu dem Taro-Museum, vielleicht rückt dann Kawasaki doch mal auf meine Reiseroute. Sonst hat die Stadt ja nicht so viel zu bieten. Außer dass sie mal Kulisse für einen Godzilla-Film war ;-)