Es ist egal, ob Takaichi Sanae Premierministerin geworden wäre oder jemand Anderes – ein Thema stand weit oben auf der Agenda aller Kandidaten: Die Ausländersituation in Japan. Da hat sich einiges – teils berechtigt, teils eher nicht – an Frust angestaut, und die rechtspopuläre Partei Sanseitō konnte daraus genug Kapital schlagen, um die Liberaldemokraten in Panik zu versetzen. Im Wesentlichen geht es um:
• Den zur Zeit ungezügelten Verkauf von Immobilien an Ausländer
• Den Missbrauch verschiedener Visaarten
• Illegaler Zuzug
• Übertourismus an bestimmten Orten
Hier zeichnen sich nun verschiedene Maßnahmen ab – die meisten davon betreffen Ausländer in Japan im negativen Sinne, aber es gibt auch ein positives Signal.
Erhöhung der Visagebühren
Ja, man muss es schon zugeben: Die Gebühren für die Erneuerung von Visa oder für das Erlangen eines neuen Visastatus waren in Japan bisher, zumindest im Vergleich zu den meisten anderen Ländern, eher gering. Die Gebühr für das Erlangen der dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung (kurz PR, für “permanent residency”) genannt, lagen bisher bei 10’000 Yen, also 55 Euro. Die Höchstgrenze für Visagebühren ist in einem Gesetz verankert – und dieses Gesetz ist seit 1981 unverändert. Die neue Gebühr für ein PR könnte demnächst bis zu 300’000 Yen, also 1700 Euro, betragen – das ist gleich mal das 30-fache des alten Betrages.
Als problematisch empfinde ich den Vorschlag, die Gebühr für die Erneuerung eines Visums von momentan 6000 Yen auf 100’000 Yen: Viele Erneuerungen geschehen durch Sponsorship von Institutionen wie Schulen sowie Firmen – bei 35 Euro Gebühr überlegt da niemand lange, aber wenn die Gebühr gleich 15 Mal höher ausfällt, spielt das für Einige schon eine Rolle. Außerdem steht zu befürchten, dass diese Gebühr auf die Visanutzer abgewälzt wird – und die leben ohnehin schon oftmals von einem eher kargen Lohn.
Eine weitere Änderung betrifft die Einbürgerung: Bisher war eine Einbürgerung leichter als das Erlangen der PR: Im Regelfall erhielt man eine PR nach frühestens 10 Jahren in Japan, eine Einbürgerung hingegen war bereits seit 5 Jahren möglich. Das widerspricht der Logik und wird in fast alle anderen Ländern andersrum gehandhabt. Hier zeichnet sich also ab, dass die Regeln für die Einbürgerung wesentlich strikter werden. Das wiederum steht in Verbindung mit dem folgenden Punkt:
Kommt die doppelte Staatsbürgerschaft?
Japan erlaubt keine doppelte Staatsbürgerschaft – sobald Kinder 20 Jahre alt werden, müssen sie sich – de jure – binnen zwei Jahren entscheiden, welche Staatsbürgerschaft sie behalten wollen, so sie bisher zwei hatten. Verschiedene Leute versuchten, dagegen zu klagen, doch bisher bestätigten die Gerichte in jedem einzelnen Fall, dass diese Regelung nicht gegen die Verfassung verstößt. De facto ist es allerdings so, dass Japan die doppelte Staatsbürgerschaft nicht ahndet, zumal es keinen Abgleich zu geben scheint. Nun mehren sich allerdings die Stimmen, die eine Abschaffung dieser vergleichsweise strikten Regelung fordern, und das betrifft nicht nur die doppelte Staatsbürgerschaft, sondern die japanische Staatsbürgerschaft im Allgemeinen, denn bisher hat jeder mit einem japanischen Elternteil anrecht auf die japanische Staatsbürgerschaft: Schätzungen zufolge gibt es rund 100’000 Menschen außerhalb Japans, die ein Anrecht auf den Pass hätten, doch viele wissen noch nicht einmal davon.
Wäre unter gewissen Umständen eine doppelte Staatsbürgerschaft in Japan erlaubt, wäre das für etliche Ausländer mit PR in Japan interessant – schließlich könnte man damit volle Rechte erlangen, ohne seine alte Staatsbürgerschaft aufgeben zu müssen.
Immobilienkauf
Neuesten Berichten zufolge werden mehr als 3% der in Tokyo verkauften Immobilien heuer an Ausländer verkauft – diese benutzen die Objekte als Spekulationsobjekt, für sich selbst oder um die Objekte an AirBnb & Co. zu vermieten. Das sorgt für Probleme – und für Unmut in der Bevölkerung, denn es gibt genügend viele Beispiele, an denen man sehen kann, wohin das führt: explodierende Preise, die dazu führen, dass sich kaum noch ein Einheimischer eine eigene Wohnung leisten kann. Die Preise sind in Tokyo schon explodiert – war es früher nicht allzu schwierig, eine eigene Wohnung oder ein Eigenheim für 40 Millionen Yen zu kaufen, sind Preise von 100 Millionen Yen und mehr völlig normal.
In Sachen Immobilienkauf sind die Regeln zur Zeit auch äußerst lax: Die Käufer müssen ihre Nationalität nicht offenbaren, sondern nur ihre letzte Adresse, und da läßt sich natürlich einiges drehen. Nur bei Ackerland muss die Nationalität nachgewiesen werden. Dass Japan hier strengere Regeln einführen möchte, ist nur allzu verständlich.
Massentourismus
Unmut gibt es auch über Berichte von vornehmlich chinesischen Touristen, die wohl nach Japan kommen, sich ärztlich behandeln lassen, und nicht zahlen. Bisher galt die Regelung, dass jemand mit unbezahlten Arztrechnungen von mehr als 200’000 Yen permanent des Landes verwiesen werden kann. Nun liegt der Vorschlag auf dem Tisch, diese Grenze auf 10’000 Yen herabzusetzen.
Außerdem wird überlegt, die Ausreisegebühr zu verdreifachen: Zur Zeit zahlt Jeder, der das Land verlässt (inklusive Japaner) 1’000 Yen Ausreisegebühr – dies ist in der Regel Teil dessen, was man für das Flugticket zahlt. Die Gebühr soll auf 3’000 Yen angehoben werden, und zwar als “Maßnahme gegen den Massentourismus”. Diese Begründung ist freilich grober Unfug, denn es werden eher Japaner sein, die sich die Auslandsreise ein zweites Mal überlegen, als Ausländer, zumal Letztere oftmals noch nicht einmal wissen, dass der Flugpreise eine Ausreisegebühr enthält.
Alle oben beschriebenen Änderungen sind noch nicht beschlossen und deshalb zum Teil spekulativ, vor allem, was die exakten Preise anbelangt, doch dass sich hier etwas im nächsten Jahr ändern wird, ist so gut wie sicher.
