Wie viele Beschwerden habe ich darüber schon gelesen: Die Polizei halte andauernd Ausländer auf Fahrrädern an, um sicherzugehen, dass das Fahrrad nicht gestohlen wurde, was schon fast an Schikane grenze. So richtig konnte ich das bisher noch nicht nachvollziehen, denn in meinen nun fast 20 Jahren Japanerfahrung und ungezählten Kilometern auf verschiedensten Fahrrädern wurde ich bisher noch nie angehalten. Das war mir fast schon unheimlich.
Gegen Mitternacht am Sonnabend passierte es dann doch. Bei Kilometer 63 auf meiner Tagesetappe hielten mich plötzlich zwei Polizisten an der Brücke zwischen Tokyo und Kawasaki auf. “Nanu, brauche ich jetzt für die Einreise in die Präfektur Kanagawa plötzlich ein Visum?” dachte ich erst – denn eigentlich gab es keinen ersichtlichen Grund, mich anzuhalten. Ich hatte Vorder- und Rücklichter, keinen Regenschirm in der Hand und keine Kopfhörer auf. Die letzte rote Ampel, die ich überfahren hatte, sollte auch ausser Sichtweite gewesen sein. Sofort wurde ich von den beiden nach der 防犯登録 (bōhan tōroku), der polizeilichen Registrierung meines Fahrrads, gefragt. Die ist in Japan Pflicht. Der Polizist suchte nach dem markanten Aufkleber und fand ihn auch schnell. Nanu, Präfektur Chiba!? Das liegt doch auf der anderen Seite von Tokyo! Sehr verdächtig. Ich erklärte ihnen, dass ich letztes Jahr von Chiba nach Kanagawa gezogen bin. Woher ich gerade komme, war die nächste Frage. Als ich sage, dass ich gerade aus dem 20 Kilometer entfernten Ikebukuro komme, schauen sie mich noch mal verdutzt an. Dann wird über Funk die Polizei in Chiba kontaktiert. Zwischendurch sagt mir noch der Polizist, dass das ja ein ganz schön teures Fahrrad sei. Nun ja, in einem Land, in dem 98% der Menschen mit gerade mal gut 100 Euro teuren Omafahrrädern herumkrepelt, ist ein 600-Euro-Rad natürlich schon auffällig.
Nach fast 10 Minuten, jetzt bin ich auch endlich richtig ausgekühlt, antwortet endlich die Polizei in Chiba und bestätigt, dass der Name des “Fahrzeughalters” mit dem von mir angegebenen Namen übereinstimmt. Meine Identität überprüft man interessanterweise nicht, und endlich kann es weiter gehen. Bei Kilometer 66 fahre ich schon wieder an einer anderen Streife vorbei, aber die haben Gottseidank schon einen japanischen Radler an der Angel und lassen mich ziehen, Zwei Mal muss nicht sein.
Wer es noch nicht weiss – wer in Japan Fahrrad fährt, sollte auf jeden Fall wissen, auf wessen Fahrrad er da sitzt. So es ausgeliehen ist, sollte man eine Telefonnummer des Verleihs (oder des Besitzers) dabei haben, sonst kann es bei Kontrollen etwas länger dauern.
2013 wurden in Japan rund 300’000 Fahrraddiebstähle gemeldet. In Deutschland waren es in etwa eben so viele (wobei Deutschland nur zwei Drittel der Einwohnerzahl hat). Soll heissen, in Sachen Fahrrad ist Japan gar nicht so sicher, wie man meint. So gesehen sind die gelegentlichen Kontrollen nicht ganz unberechtigt.
Haha, ich lach mich kaputt. Kurz vor der Fahrt hatten wir noch darüber gesprochen :-)
Komisch, oder?
Vorahnung!
Hm,
wenn D nur 2/3 der Bewohnerzahl Japans hat, dann sind die bei beiden vorhandenen 300.000 Diebstähle in D ein höherer Anteil und somit dürfte D schlechter dastehen. Oder ich habe halt den Post nicht richtig verstanden ;)
Der Anteil in Deutschland ist schon höher. Tabibito wollte wohl zum Ausdruck bringen, dass Japan gemeinhin als ein sehr sicheres Land mit einer geringen Kriminalitätsrate bekannt ist. Und dafür finden dann wohl doch erstaunlich viele Fahrraddiebstähle statt.
Wenn ich in Japan mit dem Fahhrad unterwegs bin, genieße ich es richtig, dass man das Fahrrad überall sorglos abstellen kann. Einfach das Speichenschloss schließen und fertig. In Deutschland (zumindest in den Großstädten) getraue ich mich das nicht. Da kommt zusätzlich zum Speichenschloss noch ein dickes Kettenschloss ums Fahrrad und um einen festen Punkt (Zaun, Laterne etc.). Und das nervt mich schon immer ein wenig – gerade, wenn es eigentlich bloß um einen kurzen Stopp geht (um schnell in ein Geschäft zu gehen oder so).
Ich finde man sieht in Japan – nicht oft aber schon ab und zu – auch Fahrräder, welche gar nicht abgeschlossen sind.
Angehalten und kontrolliert wurde ich in Japan auch noch nicht. Wobei ich mit dem Fahrrad auch nur in einer eher kleineren Stadt unterwegs bin und dort auch nur in einem Stadtteil. Vielleicht findet der Fahrraddiebstahl in Japan ja auch eher in den Großstädten statt und dort wird dann auch ehr mal kontrolliert?
Du hast mein kryptisches Geschwafel richtig gedeutet – ja, die Rate ist in Deutschland wesentlich höher — aber eben in Japan höher, als man denken möchte.
Die meisten Fahrräder werden ja hier nicht wirklich geklaut, sondern “geborgt” – vor allem an Bahnhöfen, um schnell nach Hause zu kommen. Für den Besitzer macht das zwar kein Unterschied, aber es ist schon ein Unterschied zum bewussten Diebstahl (bis hin zur Hehlerei).
Mal abgesehen von der Einwohnerzahl könnte ich mir vorstellen, dass im Verhältnis mehr Japaner Fahrrad fahren als Deutsche. Und damit stehen auch mehr Fahrräder zur unerlaubten Mitnahme zur Verfügung. Gibt es da irgendwelche Zahlen?
Meine Erfahrungen in Deutschland mit dem Fahrrad und Polizei waren nur einmal in Konstanz während der Studienzeit, d ich eigentlich mich in der Fußgängerzone auf dem Sattel befand, wo kehrt gemacht habe und abgeduest.
Ein anderes Mal auch in Konstanz hat man mein Fahrrad überprüft ob es nicht vielleicht gestohlen wurde.
In Tschechien Gott sei Dank kam man noch nicht auf die Idee die Räder zu registrieren, obwohl es gab einen Versuch mein Bike für 600 Euro aus dem Keller zu klauen…
Ich war auch richtig ‘schockiert’, als uns im Sommer in Kyoto das abgeschlossene Fahrrad hinterm Haus geklaut wurde. Zwei Tage später ist es zwar bei einem Supermarkt in der Nähe wieder aufgetaucht (mit aufgebrochenem Schloss), aber erwartet habe ich das in Japan sicher nicht…
Wie gesagt war ich richtig schockiert;-)
War das etwa an DEM Abend? :D
Manchmal ist das schon unheimlich, aber zum Glück ging ja alles gut. ;)