BlogNach Regen kommt ... die Regenzeit

Nach Regen kommt … die Regenzeit

-

Vor einer guten Stunde fing sie hier in dieser Gegend an: Die Regenzeit. Dieses Jahr ist sie allerdings erstaunlich schnell: eine Woche eher als normal hat sie im Raum Tokyo begonnen. Die Umstellung wird nicht sehr schwer fallen: Die letzten Tage hat es fast täglich und dann oft ununterbrochen geregnet. Am Sonnabend wurde der Regen dann auch noch kälter.
Etwas neidisch schaue ich da momentan auf den deutschen Wetterbericht. Hier sind es momentan nicht selten maximal 15 Grad am Tag.
Das Wetter in Japan ist recht interessant für meteorologisch Interessierte. Zur Regenzeit zum Beispiel schieben Taifune aus der Gegend östlich der Philippinen breite Wolkenbänder gen Norden, die schliesslich frontal auf die japanischen Bergmassen im Inselinneren stossen. Ergebnis: wochenlang schlechtes Wetter, da immer neue Tiefs nachrücken. In vielen Landesteilen dauert die Regenzeit ca. 45 Tage. In Tokyo fallen in dieser Zeit knapp 600 mm Regen (soviel wie in Berlin in einem Jahr), aber das geht noch – im Süden, namentlich rund um Kagoshima, fallen im Schnitt 1,730 mm Regen in der gleichen Zeit.
Die Regenschauer können übrigens gerade im Süden extrem kräftig ausfallen: Der Rekord der in einer Stunde gefallenen Niederschlagsmenge während der Regenzeit liegt bei 153 mm. Zum Vergleich: ab 80 mm pro Stunde fällt das Atmen im Freien schwer und viele Menschen bekommen Angstzustände. Verständlicherweise.
Zahlreiche Infos zur Regenzeit in Japanisch gibt es selbstredend bei der Wikipedia (Jap. Version).
Das Wort des Tages: 梅雨 – tsuyu. Die Lesung ist aussergewöhnlich – nur in diesem Zusammenhang werden die Zeichen so gelesen. Das erste Zeichen bedeutet “Pflaume”, das zweite (man braucht nicht viel Phantasie, um es zu erkennen) “Regen”.
Warum “Pflaumenregen?” Die Erklärung ist etwas ungewöhnlich. Das erste Zeichen liest man eigentlich “bai” (oder “ume”), das zweite “U” (oder “ame”). Theoretisch müsste es also “Baiu” gelesen werden. So hiess die Zeit früher auch, wurde aber 黴雨 geschrieben. “Bai” wird auch “kabi” gelesen und bedeutet Schimmel. Da es die ganze Zeit regnet, ist die Luftfeuchtigkeit permanent hoch und damit schimmelt alles in Windeseile. Irgendwann entschied man sich, das elegantere “梅” zu benutzen. Eine Theorie zum Schriftzeichenwechsel: Der rechte Teil des Zeichens wird “mai” gelesen und bedeutet “jeder/jeden” – Jeden Tag Regen quasi.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

9 Kommentare

  1. Tja, auch wenn’s hier grad 30°C hat, es ist halt auch schön schwül. Aber ich werd mich wohl dran gewöhnen müssen, schließlich bin ich auf die Schnapsidee gekommen, dieses Jahr mal im August nach Japan zu kommen. Will ja schließlich mal jede Jahreszeit mitmachen…

  2. Wenn ich hier aus dem Fenster schaue, dann haben wir hier gerade auch sehr starken Regenfall und das Gewitter ist gerade so 300m von mir entfernt…

    Ich wollte eben eigentlich in die Fahrschule. Wegen des Gewitters habe ich keinen Schirm benutzt und kam klatschnass an, nur um 10 Minuten später zu hören, dass der Lehrer nicht kommen kann (wahrscheinlich hagelt es bei ihm ziemlich stark oder so) und wieder zurückzulaufen.

    Laut Wetterbericht soll es in Süddeutschland übrigens die nächsten Tage schlecht bleiben (mit Gewitter und so) und war auch in den letzten Tagen schon gewittrig. Auch starke Regenfälle gab es, nur dass ich da nicht draußen war. Aber meine Schwester meinte, dass es sie mal voll erwischt habe.

    Zum Glück wohnen wir heute in modernen Häusern und nicht mehr in Höhlen oder Häusern mit Dächern aus Stroh (die waren sicher auch einigermaßen dicht, aber dicht genug für so starken Regen kann ich mir nicht vorstellen)

  3. Oh, wir können gerne tauschen. Hab Regen viel lieber als elende 30° und eine schwüle Luft, bei der man schon nach zwei Minuten im Freien zu schwitzen anfängt…

    Im Übrigen, schönes Redesign, würde nur den Punkt etwas weiter runter setzen. Sieht meiner Meinung nach bisschen doof aus, wie er sich mit dem Header teils überlappt. :)

  4. Achso, kleiner Zusatz. Natürlich kann man den Regen hier allein schon wegen der jährlichen Periode oder der Dauerhaftigkeit von 1,5 Monaten nicht mit einer Regenzeit vergleichen.

    Inzwischen lässt es sogar schon wieder nach, aber diese 1h war doch sehr heftig für normal-deutsche Verhältnisse.

    Es ist anscheinend sogar noch schwächer als in Kagoshima. wetter.com zeigt ein orangenes Gebiet an.
    “46-54,9 dBZ (50 mm/h)
    starker Regen bzw. Schauer mit Graupel Hagel oder Gewitter”

    Allerdings habe ich vorher meinen Vater zu meiner Mutter sagen hören, dass es bei uns “rot anzeigt” und da er auch immer mal wieder dort reinschaut, könnte ich mich vllt auf der Karte geirrt haben. Rot wäre dann:
    “>55 dBZ (>80 mm/h)
    sehr starker Regen bzw. Schauer mit Graupel Hagel oder Gewitter”

  5. Hi,

    sehr interessanter Eintrag :-)
    Ich frage mich immernoch, wie die Meteorlogen eigentlich den Tag genau bestimmen, an dem jetzt die Regenzeit angefangen hat…
    Auf wikipedia.de steht ja, dass die Regenzeit mit hoher Luftfeuchtigkeit und warm-schwülen Temperaturen beginnt. Davon kann ich hier in Tokyo allerdings (noch) nichts spüren…

    Du deiner Erklärung mit den Kanji steht übrigens auf wikipedia.de auch folgendes:
    “Für „Tsuyu“ ist die Schreibweise „梅雨“ – an sich „Baiu“ gelesen – ein Ateji. Sie werden verwendet, da die japanische Regenzeit gleichzeitig die Reifezeit der japanischen Pflaume ist.”

    Gruß,

    Dominic

  6. @Dominic
    Das mit der hohen Luftfeuchtigkeit und warm-schwülen Temperaturen trifft jedenfalls nicht auf Japan zu – sehr wohl aber auf andere Regionen (Indien, Thailand etc.).
    Die Regenzeit auf den Tag genau zu erkennen ist gar nicht so schwer mit etwas Wetterkunde – ist ähnlich markant wie ein Azorenhoch und Biskayatief…

  7. “Das mit der hohen Luftfeuchtigkeit und warm-schwülen Temperaturen trifft jedenfalls nicht auf Japan zu”

    hm.. warst du schon mal in Kagawa im Sommer? Ich war nur einmal anfangs Juni dort (war glaub ich 1996) danach hab ich mir geschworen, nie mehr nach Mai dorthin zu gehen. Die feuchte Luft und die Hitze hat mich fast gekillt…

  8. Du musst das Wetter in der Regenzeit in Japan (feucht, sehr viel Regen und eher kuehl)und im Sommer (feucht, ab und zu Regen, sehr heiss) schon auseinanderhalten.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Neueste Beiträge

Japaner sprechen immer schlechter Englisch. Warum wohl?

Neulich war ich, wie jedes Jahr, auf einer Konferenz, bei der sich hauptsächlich viele hundert Hochschulenglischlehrer, aber auch viele...

Toyako – Ein See wie ein Auge sowie zwei nagelneue Berge

Der Toya-See ist ein wichtiger Bestandteil des Shikotsu-Tōya-Nationalparks im Süden von Hokkaido. Hochinteressant: Ein nagelneuer Vulkan.

Weg mit dem unsinnigen Besteuerungssystem für Zweitverdiener? Bewegung im Parlament

Die Besteuerung von Zweitverdienern ist seit Jahrzehnten ein großes Ding in Japan und hat einen enormen Einfluss auf fast...

Ein verschwundener Zaun und explodierte Eier

Heute trieb es mich also aus mehr oder weniger beruflichen Gründen nach Fuji-Yoshida, beziehungsweise nach Kawaguchiko, einem der 5...

Noboribetsu – der Ort des (niedlichen) Teufels

Hohe Berge, eine lange Pazifikküste und viele heiße Quellen, die mancherorts aus dem Boden sprudeln – sowie einen Berg voller Bären.

Sollte Laufen auf der Rolltreppe verboten werden?

Rund 80'000 Rolltreppen gibt es in ganz Japan (nur am Rande: und fast zehn Mal so viele Aufzüge) –...

Must read

Die 10 beliebtesten Reiseziele in Japan

Im Mai 2017 erfolgte auf dem Japan-Blog dieser Webseite...

Auch lesenswertRELATED
Recommended to you