BlogKäse-Rāmen!?

Käse-Rāmen!?

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99 Rāmen in Ebisu
Wenn es essenstechnisch zwei Dinge gibt, die mich hinter dem Ofen vorlocken können, dann sind das Käse (nun gut, vom Harzer Roller mal abgesehen) und Rāmen – diese würzige Nudelsuppe, die selbst mich als sonst eher suppenabweisenden Genießer zu Begeisterungsstürmen hinreißen lässt. Nun gehört Käse als solcher eher nicht zum Standardrepertoire der japanischen Küche. Der Verbrauch scheint auch hier zuzunehmen, aber meist nur in der Gestalt möglichst harmloser, sprich geruchsneutraler Vertreter. Trotzdem staunen Japaner immer wieder, wenn ich mir Käse auf meine Yakisoba brösele. Dabei passen Käse und Yakisoba eigentlich zusammen wie der Arsch auf den Eimer. Und zwar so gut, dass es sogar Instant-Yakisoba mit Käse gibt. Ich hätte ein Patent anmelden sollen… Auch zu Pasta passt Käse eigentlich fast immer, vor allem, wenn man richtigen Käse mit den richtigen Saucen vermählt. Pasta mit in Olivenöl gebratenem Chili, Basilikum und Knoblauch zum Beispiel wird in Italien zumeist ohne Käse serviert – das aber wahrscheinlich nur, weil die Leute nicht wissen, wie das ganze mit geriebenem Emmenthaler schmeckt. Und ich meine nicht den Ersatzemmenthaler (den es in Japan sowieso nicht gibt). Aber so sehr ich auch Käse liebe – wenn es nicht passt, passt es nicht. Japanische Mentaiko-Pasta (mit scharfem Rogen) zum Beispiel würde ich im Leben nicht mit Käse berieseln – das wäre einfach verkehrt. Zumindest kommt mir das so vor.
Neulich stieß ich jedoch auf einen Bericht über 九十九らあめん – 99 Rāmen – einem Laden in Ebisu, meiner Wirkungsstätte. Jener Laden rühmt sich vor allem seiner Käse-Rāmen, hat aber auch andere Sachen im Programm. Um das Angebot knapp zu halten und das eigene Image zu “mystifizieren”, macht man nur 200 Portionen Käse-Rāmen pro Tag. Wer zu spät kommt, hat halt Pech. In meiner gestrigen Mittagspause machte ich mich also auf den Weg. Offentlich war ich nicht zu spät, aber es sprach für den Laden, dass ich, obwohl es schon halb zwei Nachmittags war, kurz anstehen musste – die Mittagszeit ist für die meisten dann schließlich schon vorbei. Innen sah es heimelich aus, und der Laden ist für eine Rāmen-Bude ziemlich groß.
So sieht's aus - Käse auf Rāmen
So sieht's aus - Käse auf Rāmen
Keine 5 Minuten später saß ich vor einer dampfelnden Schüssel Nudelsuppe – und darauf ein Berg weißer, in einer eigens dafür gebauten Maschine geschredderter Käse. Der langsam aber sicher in der Suppe verschwand und sich am Boden der Schüssel in eine glitschige Masse verwandelte. Erwartungsgemäß hatte der Käse keinen starken Eigengeschmack, und überhaupt wunderte ich mich, welchen Käse sie eigentlich dazu verwenden. Geschmacklich konnte ich ihn nicht richtig zuordnen. Die Suppe war auf Miso-Basis gemacht und sehr mild. Dem mußte mit 辛味噌 Kara-Miso – scharfes Miso nachgeholfen werden.
Prädikat: Genießbar. Und der Laden ist prinzipiell richtig gut. Aber Käse und Rāmen ist dann doch nicht so das Richtige – beim Essen verspürte ich plötzlich Kohldampf auf “richtige” Rāmen. Beim nächsten Mal dann. Warum nicht bei 99 Rāmen, dann aber ohne Käse…
 

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

3 Kommentare

    • Jo, kann mir nicht vorstellen dafür wo anzustehen. Sieht aus wie reingekippte Fertigreibkäsepackung.
      Ich kenn dafür gute Zwiebelsuppen mit Brot und Käse überbacken. Leider nur in Wien. :-)

  1. Hast du schon mal Tomato-Ramen gegessen? Ich habe die leider erst kurz vor dem Ende meines Japanaufenthaltes entdeckt. Es gibt in Tokyo ein paar Läden von einer Kette: http://taiyo-tomato.com/store/
    Da kann man natürlich auch Ramen mit Käse drauf bestellen. Kann ich nur empfehlen, die mal auszuprobieren – sind nämlich echt lecker! :-)

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