Man muss Japan für diese anachronistischen Züge einfach lieben: Während sich viele Regierungen der Welt den Kopf zerbrechen, wie man vor allem die Jugend vom ungehemmten Alkoholgenuss abhalten kann, hat man hier ganz andere Sorgen: Die Einnahmen aus der – üppigen – Alkoholsteuern sinken, und das bereitet der japanischen Steuerbehörde so große Sorgen, dass sie nun zu einem Wettbewerb aufgerufen hat. Gesucht wird ein Geschäftsplan, der die “Wiederbelebung und Weiterbelebung in Japan hergestellter alkoholischer Getränke vorantreibt”.
Das Problem: Die immer älter werdende Bevölkerung sorgt für weniger Umsatz, und die Pandemie war dem landesweiten Alkoholkonsum ebenfalls nicht zuträglich. Deshalb sollen nun Unternehmer mit Ideen glänzen, die japanischen Alkoholika vor allem unter das jüngere Volk zu bringen, um die Getränkeindustrie zu beleben. Sagt die Steuerbehörde, denn der geht es natürlich um Steuereinnahmen. Doch die Sorge ist berechtigt: Trank der japanische Durchschnittserwachsene 1992 noch knapp 102 Liter alkoholische Getränke pro Jahr, so waren es 2019, also noch vor Corona, nur noch 78 Liter – der Verbrauch sank also tatsächlich, und der Trend hält an. Besonders rapide ging es mit dem Bierkonsum abwärts – in Spitzenzeiten wurden rund 75 Millionen Hektoliter pro Jahr getrunken – nun sind es nur noch 23 Millionen. Auch der Sakekonsum sank um über 60%1.
Gebindegröße | Alkoholgehalt in % | Verkaufspreis (Beispiel) | Steueranteil (inkl. MWSt) in % | |
---|---|---|---|---|
Bier | 350ml | 5.0 | 219 | 41.1 |
Happoshu2 | 350ml | 5.5 | 168 | 37.1 |
Happosei3 | 350ml | 5.0 | 160 | 32.7 |
Sake (Reiswein) | 1,800ml | 15.0 | 2,035 | 18.8 |
Wein | 720ml | 11.0 | 770 | 17.5 |
Shōchū (Reisschnapps) | 1,800ml | 25.0 | 1,510 | 38.9 |
Whisky | 700ml | 43.0 | 2,068 | 23.6 |
Japanische Alkoholsteuer anhand einiger Beispiele. Stand 2021. Quelle: 4
Dass mit der Alkoholsteuer ist dabei so eine Sache: Bier zum Beispiel wird mit 41% versteuert (inkl. 10% Mehrwertsteuer) – bei einer Gebindegröße von 633 ml sind es sogar 48%) – Whisky hingegen nur mit 24% und Sake gar nur mit 19%. Damit will man vor allem die heimische Sakeproduktion fördern und schützen, aber das ist trotz der ungleichen Besteuerung nicht so einfach, denn junge Japaner sind eher moderneren Getränken zugeneigt, was natürlich schade ist, denn guter japanischer Sake ist nicht zu verachten.
Findige Personen sollen nun also bis zum 9. September Geschäftspläne einrichten, und die Steuerbehörde gibt sich da ganz modern. Die Rede ist da zum Beispiel von neuen Vertriebsrouten unter Zuhilfenahme von KI und dem Metaverse, aber auch die Steigerung des Markenbewusstseins mithilfe von Geoinformationssystemen und dergleichen. All das findet man auf der in der Tat zeitgemäßen Webseite des Wettbewerbs unter sakebiba.jp/.
Na dann: Hoch die Tassen. Mein Business Plan wäre recht simpel: Japan soll endlich wieder Touristen ins Land lassen. Die würden nämlich den Sakekonsum spürbar ankurbeln. Mehr Umsatz, mehr zufriedene Touristen, mehr Steuern. Win-win-win.
Man müsste dann die Touristen aber schon ein bißchen anstupsen, also sowas wie, wenn Sie nach Kyoto kommen müssen Sie unbedingt Fushimi ( Sake-Viertel) besuchen. Oder wie wäre es statt leeren Sakefässern volle hinzustellen und statt Bierboot ein echtes Sakeboot https://ja.wikipedia.org/wiki/%E9%AB%98%E7%80%AC%E8%88%9F#/media/%E3%83%95%E3%82%A1%E3%82%A4%E3%83%AB:Takase_River_(Kyoto)_-_DSC05937.JPG
Gute Idee!
Ach so, Japan ist seit COVID noch immer touristisch verschlossen? Hm… oder man lässt einfach mehr Deutsche und Polen einwandern, die treiben den Konsum schon noch nach oben ;-)
Japan ist prinzipiell seit März 2020 dicht, ja. Seit Juni dürfen ein paar ausgewählte Reisegruppen rein, aber das ist so teuer und kompliziert, dass kaum jemand kommt.
Genau, eine Rotte Teutonen, Polen oder Tschechen kommen lassen, und schon schnellt der Konsum nach oben.
So richtige Schnapps Ideen kann man nur sagen. Wuerde mich nicht wundern wenn so mancher Finanzamt Sesselfurzer ein paar leere Bierflaschen so unterm Scheibtisch herumliegen hat.
Aber sicher doch! Weniger Bierflaschen jedoch, mehr Sake- und Shochuflaschen :)
Ich konnte noch nie nachvollziehen warum Leute alkoholische Getränke getrunken haben. Ich habe immer wieder einmal probiert, aber der Geschmack war mir zu bitter. Ich konnte nie verstehen wie manch einer so viel Geld dafür ausgeben kann. Das Geld wird bei mir eher in Reisen/Videospielen/Mangas etc. investiert.
Bei meinem Kollegenkreis/Freundeskreis trinken die wenigsten immer wieder Alkohol. Höchstens Silvester, Geburtstage, Firmenfeiern. Meine Eltern trinken wenn auch nur ein Glässchen Rotwein, sonst nichts.
Lustig finde ich es schon das die japanische Regierung die jungen Leute dafür auch noch guilttrippt, obwohl man froh sein muss wenn die Leute sich gesünder ernähren. Das spart den Krankenkassen auch etwas Geld.
Vielleicht währe es doch nicht so schlecht wenn sich Japan an Kanada ein Beispiel nimmt wenn es um “du weißt” schon was geht.
Ich weiß nicht, ob ich Dich beneiden oder bemitleiden soll :) Manche mögen es und andere nicht, und so lange der eine dem anderen nichts aufschwatzt, passt das doch. Es gibt allerdings so viele Formen des Alkoholgenusses – die japanische Art der Druckbetankung zum Beispiel schreckt mich richtig ab.
Ich guiltrippe niemanden der Alkohol trinkt oder irgendwelche anderen Substanzen konsumiert, solange die Person andere nicht belästigt. Aber ich musste mich dafür immer rechtfertigen warum ich keinen Alkohol trinke.
Aber ich gebe dir recht, guilttrippen sollte man niemanden.
Dennoch lautet meine Meinung das die Regierung in Japan andere Möglichkeiten finden sollte Steuern einzunehmen. Die Leute zum Alkohol trinken zu animieren finde ich einfach nicht gut.
Nachdem du ja einen guten Sake magst und auch das Reisen eine große Leidenschaft zu sein scheint wäre das vielleicht eine Empfehlung die dir gefallen könnte.
https://www.jreast.co.jp/e/joyful/shukura.html
Der Zwischenhalt in Nagaoka darf dabei aber nicht fehlen. https://niigata-kankou.or.jp/spot/42243