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Ja Mama, mach ich Mama! Und noch ein Bier bitte…

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Wenn man Freitag bzw. Sonnabend morgen bis 3 Uhr arbeitet und ab halb sechs schläft, hat man nicht viel vom Tag. Sagt Konfuzius. Machte aber nichts, denn momentan ist es ziemlich kühl und feucht in Tokyo. Abends war es dann aber an der Zeit, einen guten Freund zu treffen. Es ist schwer in Japan, Freunde zu treffen, wenn man selber und jenige auch voll beschäftigt sind. Selbst Wochenenden sind unsicher, und auch ich musste schon einiges absagen. Dieses Mal hat es geklappt, und so trafen wir uns an einem Ort, der für alle günstig liegt – also in der Mitte zwischen unser aller Wohnorte. Das war in dem Fall Nishi-Funabashi (auf Deutsch etwa West-Schiffsbrücke), eine gesichtslose Randstadt von Tokyo. Da die Auswahl an Ausgehmöglichkeiten einfach mal sehr gross ist, haben wir im Internet nachgesehen, ob es nicht etwas Gutes dort gibt. Und wenn es um’s Essen geht in Japan, findet man tonnenweise Material. Ziemlich beliebt scheint eine Trinkhalle namens „Daigyosen“ (=Grosses Fischerboot) zu sein.


Daigyosen von aussen – mit den markanten Noren (Vorhängen)

Wir fanden den Ort schnell und waren überrascht, als wir die Noren (Vorhänge draussen mit dem Namen des Lokals drauf) beiseite schoben: Links die geschäftige Küche, rechts sechs Reihen von flachen Tischen auf einem mit Tatami ausgelegten Podest, mit jeweils 12 Plätzen an einem Tisch. Auf einem Gestell an den Wänden, rund ums Lokal, standen hunderte angefangene Sake- und Schnappsflaschen mit handgeschriebenen Namen darauf. Von Stammkunden ebend. Von drei Plätzen abgesehen war es voll, sehr laut, etwas schmutzig. Mit anderen Worten: Genau das richtige. So ziemlich alle der Bedienungen waren gestandene Frauen, um die 50, mit strengem Blick aber sehr freundlich und – recht dominant. Da war nichts mit keigo (Höflichkeitssprache, eigentlich üblich in Lokalen), sondern eher bis zur Härte gehende, mütterliche Fürsorge: „Na, wirst Du wohl den Aschenbecher beim Essen vom Tisch runternehmen!“ oder „Das ganze Gemüse werdet Ihr aber wohl doch aufessen, oder“ hiess es da. Ödipussi’s Paradies! Und eine faszinierende Masche. Mit strengem Blick direkt in die Augen und aus nächster Nähe wurde unserem Begleiter erklärt: „Ayu no shioyaki wa osusume desu yo“ (Mit Salz gegrillter Ayu [eine kleine Lachsart] ist heute besonders empfehlenswert!). Der Arme konnte nichts anderes machen als es zu bestellen.
Wie auch immer – das Essen war durchaus gut und deftig und vor allem sehr reichhaltig, die Atmosphäre grossartig. Zu dritt mit viel Essen aber nur einem Bier pro Person kostete der Spass 8,000 ¥. Im Rahmen quasi.

Eindrucksvolle Sashimi- (Roher-Fisch-Aufschnitt) Platte

Und hier das Wort des Tages: 居酒屋 – izakaya. Auf Deutsch „bleiben-trinken-Ort/Laden“, eine traditionelle japanische Trinkhalle. Gibt es überall in Japan (weit häufiger als Bars oder Pubs).

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

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