Man kommt einfach nicht drum herum – Reis ist nach wie vor das Grundnahrungsmittel Nummer 1 in Japan – auch wenn der Pro-Kopf-Verbrauch seit langer Zeit rückläufig ist. Japanischer Reis ist dabei in der Regel anders als das, was man in Deutschland als Reis kennt. Zumindest vor 20 Jahren noch war das, was in Deutschland Japanischem Reis am nächsten kam, das, was als Reis für die Zubereitung von Milchreis verkauft wurde – Rundkornreis, der klebt.
Doch Reis ist nicht gleich Reis. Es gibt unzählige Sorten, wobei der Großteil der Japaner die Sorte “Koshihikari” als den Gipfel des Genusses bezeichnet – jener wird vor allem in und um Niigata angebaut, und es ist wahrscheinlich die einzige Reissorte, die wirklich jeder kennt.
Soweit, so gut. Reis mochte ich früher überhaupt nicht, doch die Abneigung galt nicht Reis im Allgemeinen, sondern dem, was in Deutschland als Reis feilgeboten wurde: Eine Art Uncle Ben’s Reis, Langkorn, und kein bisschen klebrig – die Körner hafteten nicht aneinander, und ich hatte immer das Gefühl, dass der Reis immer mehr im Mund wurde. Damals gab es eine Werbung, die dem Zuschauer versicherte, dass Reis die “Gabelprobe” bestehen muss – man nimmt eine Gabel, sticht damit in den Reis, und wenn selbiger nicht durch die Fugen rieselt, ist die Probe nicht bestanden. Was für ein Schmarren.
Dass Reis anders sein kann und sogar schmecken kann, merkte ich erst in Japan, beziehungsweise eigentlich schon davor in Indien. Doch selbst nach zwei Jahrzehnten in Japan habe ich keinerlei Vertrauen in meine Reiskenntnisse. Eine Blindprobe, in der mir zahlreiche japanische Reissorten vorgesetzt würden und ich entscheiden müssre, was Koshihikari ist und was nicht, würde ich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht bestehen. Und um ehrlich zu sein, kenne ich auch nur drei Sorten: Koshihikari, Hinohikari und Akitakomachi.
Rang | Sorte | Anteil in %1 | Hauptanbaugebiete |
---|---|---|---|
1 | Koshihikari | 33.4 | Niigata, Ibaraki, Tochigi |
2 | Hitomebore | 8.7 | Miyagi, Iwate, Fukushima |
3 | Hinohikari | 8.4 | Kumamoto, Ōita, Kagoshima |
4 | Akita-Komachi | 6.8 | Akita, Iwate, Ibaraki |
5 | Nanatsuboshi | 3.3 | Hokkaido |
6 | Haenuki | 2.8 | Yamagata |
7 | Masshigura | 2.5 | Aomori |
8 | Kinuhikari | 1.9 | Shiga, Hyōgo, Kyōto |
9 | Kinumusume | 1.7 | Shimane, Okayama, Tottori |
10 | Yumepirika | 1.7 | Hokkaido |
Andere Sorten | 28.8 |
Quelle: 2
Neulich war ich allerdings in einem kleinen Restaurant in 土佐清水, im südwestlichen Zipfel von Shikoku, und dort bestellten wir, da direkt am Meer, ein Menü mit Sashimi, und das wird natürlich mit Reis geliefert. Und obwohl das Restaurant nicht sehr vielversprechend war, waren wir über den Reis schlichtweg begeistert: Er roch ein bisschen wie das, was hier als タイマイ – thailändischer Reis, auch Duftreis genannt – bekannt ist. Und der Reis schmeckte zudem auch noch…anders. Besser als sonst. Einfach hervorragend. Wir fragten umgehend nach der Sorte, und so erfahren wir, dass es sich um Niida-Reis handelt, angebaut in einem kleinen Tal in Shimanto.
Besagter Reis ist eine Mischung aus der Sorte Nikomaru (70%) und Kaorimai (=”Duftreis”) – Nikomaru ist dabei nicht unter den 10 beliebtesten Reissorten in Japan, und überhaupt wird in der Präfektur Kōchi nicht allzu viel Reis angebaut. Niidamai wird im Kubokawa-Tal von insgesamt 63 Familien angebaut — diese produzieren pro Jahr auf 127 Hektar Anbaufläche rund 450 Tonnen Reis. Der Großteil davon verbleibt allerdings in der Präfektur.
Im Jahr 2015 gewann der Nikomaru-Reis aus Kōchi den Titel des bestschmeckenden Reis in Japan – eine echte Überraschung, da normalerweise Reissorten aus dem Norden gewinnen. Der Reis wurde plötzlich in ganz Japan bekannt – aber letztendlich bleiben die meisten Japaner trotzdem bei Koshihikari & Co, was unter anderem daran liegt, dass Nikomaru-Reis aus Kōchi nur in begrenztem Umfang produziert werden kann und dementsprechend etwas teurer ist als der Rest.
Und die Moral von der Geschicht’: Selbst nach vielen Jahren in Japan gibt es immer wieder neues zu entdecken – selbst in Sachen Reis.
- nach Anbaufläche in Japan
- Siehe hier
Woah das klingt super interessant und lecker… Den Artikel boomarke ich mir, um beim nächsten Japan-Besuch den Reis zu finden – in Taiwan fündig zu werden, wird vermutlich schwierig, wenn man ihn selbst in Japan schlecht bekommt. Bei der Zubereitung sollte sich der Reis ja nicht von Koshihikari und Co unterscheiden, oder?
Viele Grüße und auch noch ein frohes neues Jahr,
Fabian
PS: Danke fürs Grinsen, als ich den Titel gelesen habe