Schaut man sich die Fälle der Neuerkrankungen an, so scheint sich allmählich eine Trendwende abzuzeichnen in Japan:
Tag | Neuerkrankungen |
---|---|
6. März | 54 |
7. März | 44 |
8. März | 33 |
9. März | 14 |
Insgesamt gibt es, Stand 10. März, 509 registrierte Erkrankungen, und soweit 9 Todesfälle. Ausserdem sind die meisten Neuerkrankungen “nachvollziehbar” — so erkrankten zum Beispiel viele Besucher eines kleinen Klassikkonzertes in Osaka. An der Spitze der Erkrankungen liegt jedoch immer noch Hokkaido mit 106 Menschen, doch die drastischen Massnahmen dort — der Aufruf zum Beispiel, am vergangenen Wochenende möglichst zu Hause zu bleiben — scheint Wirkung zu tragen.
Natürlich bleiben die Menschen dennoch nervös, denn es sind immer noch die Gerüchte, die die Runde machen. Das macht auch in der Nachbarschaft nicht halt: Von einem gut einem Kilometer entfernten, grossen Universitätskrankenhaus wissen wir zum Beispiel, dass sich dort Corona-Patienten aufhalten. Nun machen Gerüchte die Runde, dass in einem weiteren, rund zwei Kilometer entfernten Krankenhaus “sehr viele Patienten mit schwerer Lungenentzündung seien, und dass das Personal sehr verunsichert sei”. Stimmt das? Oder nicht? Es ist schwer zu überprüfen. Dass Gerücht, dass die Anzahl der Erkrankten weitaus höher ist als offiziell angegeben, sorgt für die grösste Unruhe, und die Nachrichten darüber, dass die Behörden nur sehr zaghaft Virustests zulassen, trägt da nicht sonderlich zur Beruhigung bei.
Die Maschinerie zur Eindämmung der Krankheit läuft derweilen weiter. Das Parlament wird in dieser Woche Gesetze verabschieden, die es Ministerpräsident Abe ermöglichen werden, weitgehende Maßnahmen zu bestimmen, so er sich dafür entscheidet, einen Ausnahmezustand auszurufen. Dabei wird er allerdings vor dem gleichen Dilemma stehen wie schon vor Wochen, als es losging: Je drastischer die Maßnahmen, desto schwerer werden die wirtschaftlichen Schäden sein, die der Virus hinterlassen wird. Doch bevor das passiert, wird erstmal ab heute die Einreise von chinesischen und koreanischen Staatsbürgern weitestgehend ausgesetzt – Touristen aus beiden Ländern dürfen vorerst bis Ende März nicht einreisen. Dazu gab es natürlich sofort Protest aus Südkorea, aber dieser Protest ist natürlich Unsinn. Die Verbreitung der Krankheit in Südkorea ist einfach zu rasant, um mal eben so ignoriert zu werden. Und die meisten Japaner empfinden sowieso, dass diese Massnahme (zumindest bezüglich der Einreise aus China) schon vor einigen Wochen hätte umgesetzt werden sollen.
In der vergangenen Woche lud ich eine Hongkong-Chinesin zu einem Vorstellungsgespräch ein. Die Mutter eines kleinen Sohnes, den sie auch noch zum Vorstellungsgespräch mitbrachte, da der Kindergarten wegen des Viruses Pause macht, hatte sich um eine Teilzeitanstellung beworben. Sie erklärte während des Interviews mit einem, ich muss das Grinsen leider als schmierig bezeichnen, dass sie viel Erfahrung in e-Commerce habe: So verkaufe sie unter anderem Schutzmasken auf Yahoo! Auction (dem Pendant zu Ebay in Japan), und wenn der Bedarf hoch sei, passe sie natürlich die Preise dementsprechend an. Da fiel es schwer, die Contenance zu wahren – so eine Person werde ich natürlich ganz sicher nicht einstellen.
Um es zusammenzufassen: Momentan mache ich mir eher Sorgen um die vielen Gerüchte, die die Runde machen, die wirtschaftlichen Folgen — sowie die Lage in Deutschland, wo die Anzahl der Erkrankten weit stärker zuzunehmen scheint. Natürlich hoffe ich auch, dass Ministerpräsident Abe nicht den Ausnahmezustand erklärt, denn das würde sicherlich zu einem veritablen Chaos führen.
In diesem Sinne — bleibt gesund!
“Je drastischer die Maßnahmen, desto schwerer werden die wirtschaftlichen Schäden sein, die der Virus hinterlassen wird.”
Naja, oder wenn’s dumm kommt und die Ausbreitungs-/Erkrankungssituation ausser Kontrolle gerät, dann genau umgekehrt. Lieber jetzt mehr investiert als später ganz dumm dastehen.
Aber ich bin ja auch Sozialismusanhänger – Wohl der Gesamtgesellschaft vor Freiheit des Einzelnen und erst recht vor dem Wohl der Wirtschaft (mit dem sich 99.9% der Menschen im Falle einer Krise eh nur den Popo abwischen können).
Die Balance macht‘s, ich kann da kein schwarz und kein weiss erkennen. In Japan gibt es so viele verschiedene Katastrophen, das man das irgendwann etwas anders sieht. Aber Du hast schon Recht – wenn das nicht richtig gesteuert/eingedämmt wird, wird die Rechnung teuer werden. Genau wie beim Klimawandel. Wenn man dem nur 30% der Energie, die man in die Bekämpfung des Virus steckt, widmen würde, sähe die Lage wahrscheinlich um einiges besser aus.
In Deutschland viel drastischer? Hm … also ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich Japan die veröffentlichte Anzahl der Infizierten zu diesem Zeitpunkt einfach nicht mehr abkaufe. In jedem anderen Land, wo der Virus ausgebrochen ist, hat sich das Virus VIEL drastischer ausgebreitet. Wieso bleiben NUR in Japan die Zahlen so unglaublich niedrig? Wieso?
Wenn Japan sich komplett von der Außenwelt abgeschottet hätte, dann wären die Zahlen etwas glaubwürdiger, aber haben sie ja nicht.
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich davon ausgehe, dass die tatsächliche Zahl Infizierter in Japan VIEL höher ist. Vermutlich sogar viel höher als in Deutschland. Wenn man sich die exponentielle Ausbreitungsrate in allen anderen Ländern anschaut (Italien, USA, Spanien, Frankreich, Deutschland usw.), dann fällt da bisher nur Japan aus dem Rahmen.
Also ich wünsche Japan ja wirklich, dass sie nur so wenig Infizierte haben, ich fürchte aber einfach, dass die Zahlen künstlich so niedrig gehalten werden (z.B. durch das Durchführen viel zu weniger Tests), um ja nicht die olympischen Spiele absagen zu müssen.
Bei uns ist Corona schon längst angekommen. Wir hatten hier ja ums Eck sowieso den 1. Fall in ganz Deutschland, aber NRW hat uns ja mittlerweile total überholt. ;)
In unserem Nachbarort gab es 2 Fälle, ein Gymnasium wurde geschlossen und die Klassen der Geschwister von anderen Schulen wurden daraufhin auch gleich komplett nach Hause geschickt.
Bei uns auf der Arbeit ist man noch relativ relaxt. Geschäftsreisen in Risikogebiete wurden abgesagt. Es wurden sowieso alle Messen und Events abgesagt. Geschäftsreisen nach Japan in diesem Monat werden aber noch stattfinden. :)
Ansonsten wurden wir aufgeklärt, wie wir uns verhalten sollen, falls wir ein Verdachtsfall sind. Jeder soll jeden Tag seinen Laptop mit nach Hause nehmen, falls wir plötzlich alle in Quarantäne geschickt werden müssen usw.
Es gab letzte Woche anscheinend Engpässe in den Supermärkten größerer Städte, weil auch die Leute hier mit Hamsterkäufen angefangen habe, das hat sich aber scheinbar diese Woche schon wieder einigermaßen beruhigt.
Ich verstehe die Panik sowieso nicht.
Die Zahlen werden weiltweit weiter steigen, trotzdem glaube ich, dass die Panik immer weiter abflachen wird. ZUM GLÜCK!
Schade ist es halt nur für diejenigen unter uns, die einen Urlaub gebucht hatten. Es wird wohl nicht mehr lange dauern bis Deutschland auch zum Risikogebiet erklärt wird und das war es dann erstmal mit Urlaub im Ausland.
Aber es bleibt auf jeden Fall weiterhin spannend. :)
Hmm, unglaublich niedrig würde ich das nicht nennen, und in anderen Ländern sieht die Entwicklung auch nicht viel anders aus. Den offiziellen Zahlen traue ich zwar auch nicht, aber ich denke, eine Dunkelziffer gibt es in jeden Land, das liegt einfach in der Natur dieses Erregers. Mit Schwarzmalerei wäre ich da auch gerade im Hinblick auf die Ereignisse vor 9 Jahren vorsichtig. Damals hiess es auch, dass wegen Fukushima tausende Menschen sterben werden. Dem scheint aber nicht so zu sein.
Was den Corona-Virus anbelangt – die empfohlenen Maßnahmen wie Hände waschen/desinfizieren, nicht ins Gesicht fassen (Masken) und dergleichen fallen ja gerade im reinlichkeitsbesessenen Japan auf fruchtbaren Boden. Da es zudem auch schon wärmer wird, was die Verbreitung ebenfalls erschwert, ist es schon denkbar, dass man kurz vor der Kehrtwende steht. So zumindest meine Hoffnung.
Ich denke gerne in Systemen und hatte mir letztens überlegt, welche Faktoren zur weiteren / schnelleren Vebreitung beitragen bzw. sie verlangsamen. Dazu schaue ich eigentlich jeden Tag ein, zwei Mal auf die berühmte Karte der Johns Hopkins Uni und schaue wie sich die jeweiligen Fallzahlen (Ansteckungen / Tote) entwickeln.
Als Faktoren sehe ich den Grad der Globalisierung, die Einwohnerdichte, kulturelle / organisatorsche Eigenschaften usw., Durchschnittsalter, Gesundheitssystem ….
Italien ist ein interessanter Fall. Sehr hohe Ansteckungsrate und aussergewöhnlich hohe Sterblichkeitsrate (6%). Stand heute.
Wenn man jetzt aber Italien und Japan vergleicht, sind zumindest das hohe Durchschnittalter und der hohe Grad der Globalisierung (v.a. Norditalien) ähnlich.
Wie kommt es jetzt aber, dass Japan eine niedrige Sterblichkeitsrate und eine viel langsamere Ansteckungsrate hat? Ich gehe mal davon aus, dass in beiden Ländern das Gesundheitssystem ungefähr vergleichbar ist. Jedenfalls reichen mir eventuelle Unterschiede als Erklärung nicht aus.
Ich denke auch beiden Ländern kann man nur bedingt trauen bei den Ansteckungsraten und vielleicht auch bei den Mortalitätsraten. Aber daran kann ich nichts ändern.
Mein Bauchgefühl sagt mir, dass hier kulturelle Gründe eine Rolle spielen: In Japan hören die Leute auf die Regierung und andere Autoritäten. In Italien eher nicht so sehr. Ich habe dazu letztens zwei Artikel gelesen. Einer beschrieb leere Straßen und Parks in Sapporo. Der andere volle Spielplätze in Mailand. Omas und Opas und deren Enkel und Urenkel …
Und ja ich denke auch “Reinlichkeit” lässt sich in Japan immer gut verkaufen.
Ich glaube auch keinen offiziellen Zahlen, auch in Deutschland wird viel zu wenig getestet. Was aber auch die Letalität deutlich überschätzt, das kann uns nur nutzen.
Für das Gesundheitssystem ist es wichtig, dass die Ansteckungsraten so langsam wie möglich ansteigen. Ansonsten können schwere Fälle nicht gut genug versorgt werden.
Ich finde man muss Maß halten, wie in den meisten Dingen. Panik ist übertrieben aber man sollte schon grundsätzlich sein Verhalten überprüfen, um die mögliche Ansteckung so klein wie möglich zu halten. Großveranstaltungen abzusagen ist sinnvoll. Auch wenn es natürlich schmerzt. Und der Osterurlaub ist natürlich auch gefährdet. Das ist nicht schön aber vermutlich vernünftig.
Ich hoffe, dass die Kehrtwende in Europa auch bald einsetzt. Gehe aber nicht davon aus und erwarte noch länger steigende Zahlen. Obwohl hier ja auch selten getestet wird….
Die Dunkelziffer und die trügerische Hoffnung auf den Sommer könnte uns nächsten Herbst noch eine hübsche Überraschung bereiten. Hoffen wir mal, es wiederholt sich hier nicht das Muster von 1918.
Mein guter Mann,
mit dieser Aussage wuerde ich vorsichtig sein:
“Da es zudem auch schon wärmer wird, was die Verbreitung ebenfalls erschwert…..”
Denn wie kommt es, dass dann in Malaysia etwa 5.000 Infizierte (offizielle Angabe) vorzufinden sind? Immerhin rund 34 Grad, da duerfte es also nicht zu so etwas kommen. Man weiss halt noch viel zu wenig ueber diesen neuen Virus. Und wie auch schon geschrieben, die Dunkelziffer duerfte wesentlich hoeher sein. Dies vor allem in Japan, denn Brot und (olympische) Spiele sind den Oberen bestimmt wichtiger als so ein “Viruschen.
Die Zahlen weichen leider von den offiziellen Angaben ab. Jeder schreibt etwas anderes. Beim RKI findet man auch völlig andere als bei der WHO, usw., usf..
https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6
Also ich sehe da noch nicht, dass sich viel geändert hat. Der Virus ist immer noch voll zu Gange. Und in D unterschätzt man völlig was auf uns zurollt. Die Politiker ergehen sich erst mal in Diskussionen.
Man muss wohl mit ALLEN Aussagen vorsichtig sein. Richtig, dass mit dem Sommereffekt ist noch nicht sicher. Aber das mit den 5,000 Infizierten in Malaysia ist falsch. Diese 5,000 sind nicht infiziert, sondern waren bei einer gleichen Veranstaltung wie ein nachweislich Infizierter. Laut Zahlen von gestern gibt es in Malaysia 149 Infizierte.