In dieser Woche ist mal wieder einiges los. Da wäre der Datenskandal um den Giganten unter den Bildungsanbietern – bekannt unter dem Namen Benesse – der scheinbar nur durch Zufall aufgedeckt wurde. Demzufolge wurden die Daten von mindestens 7.6 Millionen, maximal sogar bis 20.7 Millionen Kunden unrechtmässig an einen anderen Bildungsanbieter namens Justsystems weitergegeben¹. Skandale dieser Art sind eigentlich nichts Neues, aber die Dimensionen sind schon enorm: Bis zu 20.7 Millionen Kunden. Das ist also jeder sechste Japaner. Man vermutet, dass ein Insider die Daten kopiert und an einen Datenhändler verkauft hat. Jener hat diese dann an Justsystems verkauft, wobei Justsystems darauf besteht, von all dem nichts gewusst zu haben. Aber sicher doch! Da kauft man Millionen von Datensätzen von bekanntermassen bildungshungrigen Japanern, und fragt nicht, woher die Daten kommen bzw. – und das ist der Punkt, wo es strafbar wird – nicht nachfragt, ob denn die Kunden hinter den Daten wirklich der Datenweitergabe zugestimmt hätten. Haben wir zumindest nicht – ich kenne Benesse und deren aggressives Marketing aus meinem Beruf und hätte niemals meine Daten bei denen eingegeben, aber leider hatte ich das nicht meiner Frau mitgeteilt, und so werden wir womöglich auch bald Post von Justsystems bekommen.
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Jaja, die WM. In der vergangenen Woche hatte ich mich dazu durchgerungen, nach einem 14-stündigen Meeting- und Programmiermarathon in die letzte Bahn nach Roppongi zu setzen (eine Station vom Büro entfernt), um dort einer von Doitsunet organisierten Public Viewing-Party beizuwohnen. Deutschland gegen Frankreich. Ich habe keine Ahnung, wie viele Menschen dort waren, aber es waren schätzungsweise weit über 100 – ungefähr die Hälfte davon Landsleute. So viele Deutsche hatte ich seit rund einem Jahr nicht mehr auf einem Haufen gesehen. Die Stimmung war dem Ergebnis entsprechend gut, auch wenn die Wirte das auszunutzen wussten: Fassbier und Flaschenbier für 500 Yen (knapp 4 Euro) war a) nur nach grossen Gedränge und b) nur für begrenzte Zeit erhältlich – danach gab es nur noch Flaschenbier für den doppelten Preis. Aber egal: Die Stimmung war gut. Das nächste Spiel gegen Brasilien habe ich mir dann dummerweise aufgrund eines anstrengenden, folgenden Tages erspart – schliesslich begann das Spiel ja erst um 4 Uhr morgens in Japan. Tja, Pech gehabt: Hätte ich mal die richtigen Prioritäten gesetzt…
Wer in Tokyo weilt und das Finale am Montag morgen nicht allein sehen möchte, dem sei das Public Viewing in Shibuya anempfohlen – Anmeldung und mehr Infos siehe hier. Ob ich es wohl schaffe?
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Mitten in der Regenzeit sucht momentan Taifun Nr. 8, Rufname Neoguri, Japan heim, und er nimmt gleich das ganze Land mit – von Okinawa bis hoch nach Hokkaido. 7 Tote hat er hinterlassen und zahlreiche Verwüstungen in Okinawa und Kyushu. In ein paar Stunden soll er Tokyo erreichen – allerdings schon deutlich geschwächt, so dass in Kanto ausser schwerem Regen am frühen Morgen nicht allzu viel passieren sollte. Und wenn wir eines gewohnt sind in den letzten paar Wochen, dann ist es Regen: Die diesjährige Regenzeit macht ihrem Namen wirklich alle Ehren. Dummerweise könnte die Regenzeit mit dem Durchzug des Taifuns abrupt aufhören, und was folgt, ist bedrückend schwüle Hitze. Nun ja, jedes Jahr das Gleiche.
¹Siehe unter anderem Japan Times vom 10. Juli 2014: Justsystems accused of abusing customer data from Benesse.
Die haben bestimmt nachgefragt und der Datenanbieter wird nach kurzem Überlegen “NATÜRLICH” geantwortet haben. Damit wäre der Nachfragerei genüge getan!
In Japan wird das gemeinschaftliche öffentliche Fernsehen auch public viewing genannt? Ich finde die amerikanische Bedeutung dieses Begriffs ja unheimlich sympathisch ;-)
Wie lang dauert in Japan im Schnitt die Regenzeit? Heute morgen im regionalen Informationsradio wurde ja schon nach drei Tagen Regenwetter bereits schwer über Wetteränderungs- und Ausreisewüsche schwadroniert. Nach Mawsynram würde ich dann aber nicht auswandern!
Wäre natürlich klasse, wenn das wirklich so lieft. Steht ja auch nichts auf dem Spiel ausser der gute Ruf :)
“Public Viewing” als Begriff hört man hier auch, und in England wird es glaube ich auch benutzt… die amerikanische Bedeutung ist, glaube ich, nur eine von vielen Bedeutungen…
Die Regenzeit im Raum Tokyo dauert in der Regel 6 Wochen, aber es ist nicht immer leicht zu sagen, wann sie nun angefangen und aufgehört hat.
Ich kenne Benesse nur von Naoshima, aber deren Geschäftsgebahren kriegt man dort natürlich nicht mit. Wie “aggressiv” sind die bzw. wie äußert sich das?
Sobald sie rausfinden, das Du ein Kind hast und welches Alter das Kind ist, schicken sie pausenlos…Krempel. Und zwar an das Kind, das natürlich wissen will, was es ist (lustige Comics, Spielzeug, DVD und weiss der Deibel). Das geht nach ein paar Wochen durchaus auf den Senkel.