BlogBanzai! 63,4% zahlen wirklich ihre Rente!

Banzai! 63,4% zahlen wirklich ihre Rente!

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Besser gut aufheben: Das japanische Rentenbeitragsbuch
Besser gut aufheben: Das japanische Rentenbeitragsbuch

Eine sensationelle Nachricht drang heute aus dem Arbeits- und Wohlfahrtsministerium: Seit 4 Jahren steigt die Rate derer, die in die staatliche Rentenkasse einzahlen, an, und lag so im Jahr 2015 bei … Fanfaren bitte … 63,4%¹. Damit ist jedoch nicht der Anteil derer gemeint, die in die Rentenkasse an sich einzahlen, sondern der Anteil derer, der eigentlich einzahlen müsste — und letztendlich auch wirklich zahlt!
In dieser Hinsicht ist Japan schon sehr eigenartig. Es gibt für alles Regeln, und im Grossen und Ganzen hält man sich hier an die Gesetze, aber wenn es um Steuern und Beiträge geht, ist der Anteil derer, der nicht zahlt, enorm hoch. Im Falle der Rente ist ein Drittel eine gigantische Menge und ein massives Problem, denn die Nichtzahler müssen natürlich auch irgendwie im Alter versorgt werden — den zahlenden zwei Dritteln kann man jedoch nicht zumuten, deren Beiträge mitzuzahlen. Im rasch alternden Japan ist das besonders schwerwiegend. Solange man diese Beiträge nicht ernsthaft einfordert, helfen auch so schön klingende Projekte wie das umstrittene 年金積立金管理運用独立行政法人 nenkin tsumitatekin kanri un’yō dokuritsu gyōsei hōjin – kurz „GPIF“ (Government Pension Investment Fund)² nicht viel. Der GPIF ist übrigens der grösste Rentenfond der Welt und hantiert mit knapp einer Billion Euro.
Rente muss jeder, ob Japaner oder Ausländer, zahlen, der zwischen 20 und 60 Jahre alt ist. Fest Angestellten wird die Rente direkt vom Gehalt abgezogen – diese Rente wurde bis vor kurzem noch 厚生年金 kōsei nenkin („Wohlfahrtsrente“) genannt, und von ihr ging direkt die oben genannte 国民年金 Kokumin nenkin, wörtlich Volksrente, ab.
Diese Kategorie mit einbezogen gibt es in Japan rund 40 Millionen Menschen, die eigentlich auf den einen oder anderen Weg einzahlen müsste. Wenn die Statistik nun besagt, dass man von einem Drittel keine Beiträge einsammeln konnte, so beinhaltet das noch nicht mal die Menschen, deren Zahlungen aus Härte- oder anderen Gründen gestundet wurde. Nimmt man diese Gruppe mit in die Rechnung auf, so sind es lediglich 50% derer, die eigentlich einzahlen müssten, dieses aber nicht tun.
Das ist auch insofern erstaunlich, dass die Strafen eigentlich hart sind. Firmen bezahlen zum Beispiel bis zu 15% Strafzins, wenn sie mehr als zwei Monate mit der Weiterleitung der Beiträge im Verzug sind. Auch bei Privatpersonen werden saftige Zinsen draufgeschlagen. Nach ein paar Monaten wird dann auch sowohl Firmen als auch Privatpersonen mit Pfändung (差押え sashiosae) gedroht – doch die Statistik macht klar, dass das nicht funktioniert.
¹ Siehe unter anderem hier (Japanisch)
² Hier ist die offizielle Seite des GPIF (Englisch)

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

1 Kommentar

  1. Bei so einer Meldung ist es sehr verwunderlich dass das Rentensystem noch nicht kollabiert ist. Zumal gestern die Meldung kam, dass mittlerweile 26,7% der japanischen Bevölkerung über 65 Jahre alt ist…
    Wie ist es aber möglich dass der Anteil der Nichtzahler so hoch ist? Weigert man sich schlicht als Selbstständiger bzw gleich das ganze Unternehmen die Abgaben zu zahlen und niemand kontrolliert das wirklich. Wobei, wenn man so genaue Zahlen veröffentlichen kann, weiß man es ja offensichtlich, aber anscheinend gibt es kein Personal das entsprechend durchgreifen kann…

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