BlogAufruhr in Japan: Der Suica-Pinguin muss 2026 dran glauben

Aufruhr in Japan: Der Suica-Pinguin muss 2026 dran glauben

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Damit hätte JR East (Japan Railways), die größte Eisenbahngesellschaft in Ostjapan, wohl nicht gerechnet: Als man in einer Pressemitteilung am 11. November 2025 bekannt gab, dass der beliebte Pinguin ab dem kommenden Jahr von den Suica-Karten verschwinden soll, liefen die sozialen Medien heiß: Ein Sturm der Entrüstung brach über das Unternehmen hinein – bis hin zu Online-Petitionen, die fordern, dass das schwarz-weiße Maskottchen doch bitte bleiben solle. Für einen Moment mochte man da wirklich glauben, dass Japan keine anderen Probleme hätte. Aber eins nach dem Anderen. Suica? Pinguin?

Gängige IC-Verkehrskarten in Japan
Gängige IC-Verkehrskarten in Japan

Suica-Karten wurden im Jahr 2001 eingeführt, und kaum eine andere Erfindung machte das Leben in Japan um so vieles Einfacher wie Suica. Nun ja, elektrischer Strom vielleicht noch. Vor der Suica-Karte musste man nämlich jedes Mal an die mitunter abenteuerlich und auf den ersten Blick reichlich kompliziert aussehenden Fahrkartenschalter – meistens musste man vorher nachschauen, wie viel die Fahrt bis zum gewünschten Ort kostet, und das wurde gerade dann kompliziert, wenn man unterwegs in die Linie eines anderen Bahnunternehmens umstieg. Man zahlte, bekam seine winzige Fahrkarte mit dem Magnetstreifen, und die schob man dann in die Ticketschranke. Im schlimmsten Fall verlor man das Ticket dann irgendwo unterwegs.

Mit der Suica wurde das alles einfacher: Man lädt einfach Geld rauf, und schon braucht man nie wieder an den Fahrkartenautomaten anstehen und rätseln. Es fiept, man geht durch die Schranke – fertig. Reisen, vor allem im Nahverkehr, wurde mit Suica ein Kinderspiel. Der Name SUICA ist übrigens ein Kofferwort aus すいすいsuisui und カードkādo. Und SUICA war anfangs nur für die JR-Bahnen des Großraums Tokyo gedacht – die ganzen anderen Regionen Japans brachten ihre eigenen Karten heraus – mit eigenen Maskottchen und eigenen Namen, wie Kitaca zum Beispiel oder SUGOCA und PiTaPa. Selbst die Metro von Tokyo brachte eigene Karten heraus – die PASMO, mit einem Roboter als Maskottchen.

Der die SUICA-Karten zierende Pinguin ist eine Erfindung der Illustratorin Sakazaki Chiharu (man sieht ihn auch sofort auf der Startseite ihrer Webpage) – und er wurde NICHT wegen der Suica-Karten kreiert, sondern existierte bereits vorher, und zwar als Figur von Kinderbüchern – die ersten Bücher mit dem Pinguin zum Beispiel erschienen bereits in den 1990ern. Sakazaki malt natürlich nicht nur Pinguine, sondern auch andere Sachen.

Die Betreibergesellschaft von SUICA, JR East, beauftragte Dentsū, eine der größten Marketingfirmen Japans, mit der Vermarktung und dem Produktmanagement – und so lizensierte Dentsū den Pinguin von Sakazaki, wobei das Patent aufgeteilt wurde – die Illustratorin kann ihren Pinguin weiterhin benutzen und vermarkten – ebenso Dentsū sowie eben auch JR East. Doch der Pinguin sollte eins verdeutlichen: Die Karte als Mittel, um sich von A nach B zu bewegen. Das soll sich ab dem kommenden Jahr ändern, denn dann soll aus Suica und Pasmo ein neuer Nutzungszweig entstehen: TEPPAY. Das TEP im Namen entstammt den Anfangsbuchstaben der englischen Begriffe Travel, Easy und Partnership.

Kinderbuch aus den 1990ern von Sakazaki Chiharu
Kinderbuch aus den 1990ern von Sakazaki Chiharu

“Nicht noch ein Bezahlservice!” dürfte da allen durch den Kopf gehen, die in Japan leben – schließlich gibt es schon jetzt unzählige Systeme wie dBarai, PayPay, QuickPay, auPay, MeruPay, RakutenPay und so weiter und so fort. TEPPAY soll wohl, so der Plan, alles miteinander vereinen: Kontaktloses Bezahlen, Bezahlen mit Barcode, versenden von Geld und mehr. Und es soll von Anfang an bei mehr als 1,6 Millionen Geschäften verfügbar sein – also bei mindestens all jenen Stellen, bei denen man auch heute schon mit der Suica bezahlen kann.

Dafür braucht man ein neues Image – und aus dem Grund muss im nächsten Jahr der Pinguin dran glauben. Zumindest der SUICA-Pinguin, denn der Sakazaki-Pinguin wird natürlich weitergehen. Was mit den von JR betriebenen Pensta-Shops – dort werden Plüsch- und andere Varianten des Maskottchens verkauft, und das auch ziemlich erfolgreich – ist soweit noch nicht bekannt. Man kann sich aber ziemlich sicher sein, dass auch Teppay mit irgend einem Maskottchen aufwarten wird.

Wird ab Herbst 2026 stufenweise in Japan ausgerollt: Der neue TEPPAY-Bezahlservice
Wird ab Herbst 2026 stufenweise in Japan ausgerollt: Der neue TEPPAY-Bezahlservice
tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

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