Seit Mitte April findet sie nun schon statt – die Weltausstellung “EXPO” 2025 in Osaka, dem Herzen von Kansai. Und man hört viele Gerüchte über die Weltausstellung, und zwar hauptsächlich in Form von negativen Kommentaren – der Anmeldungsprozess sei zu kompliziert, die Ausstellung zu voll, das Essen zu teuer und und und. Mit anderen Worten – meine Neugier war geweckt, zumal ich 2000 bereits auf der EXPO in Hannover war – damals beruflich, um japanische Schüler durch die Hallen zu führen. Die Erinnerungen daran sind eigentlich hauptsächlich positiv.
Der Besuch der Expo startet damit, sich auf der offiziellen Webseite https://www.expo2025.or.jp/ zu registrieren und dann ein Ticket zu kaufen – die Tageskarte kostet 6000 Yen für Erwachsene und man muss sich hier bereits entscheiden, wo und wann man hinzugehen gedenkt – ob zum West- oder Osteingang, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit. Tag und Uhrzeit kann man später aber ändern. Der Osteingang ist praktischer, denn direkt davor befindet sich die Endhaltestelle der Chuo-Linie. Dementsprechend wird es dort aber auch schnell voller. Aber so viel vorneweg: Die Anlage ist riesig, es ist also besser, den Osteingang zu benutzen. Nach Erwerb der Karte wird es schon etwas kompliziert, denn man kann verschiedene Pavillons im Voraus buchen beziehungsweise sich um den Eintritt “bewerben”. Und zwar zwei Monate im Voraus, 7 Tage im Voraus, drei Tage im Voraus und am gleichen Tag. Das ist etwas verwirrend, zumal zumindest in meinem Fall weder 7 Tage noch 3 Tage im Voraus irgendetwas buchbar war – es war alles schon ausgebucht.
Es gibt auch eine App, aber die ist relativ unbrauchbar, zumal man sich nicht einmal einloggen kann. Man muss sich jedes Mal im Browser einloggen, eine PIN zur Email schicken lassen, und wenn man ein paar Minuten nicht aktiv war, darf man das jeweils wiederholen. Das ist nervenzehrend, und das ganze System ist IT-technisch gesehen Wahnsinn: Hin und wieder werden Slots für Pavillons freigegeben, für die man sich über die Webseite anmelden kann. Das wissen viele Besucher, und nun stehen tausende von ihnen auf dem Ausstellungsgelände herum, laden die Seite im Sekundentakt erneut und erneut, um den Moment abzupassen, an dem ein Slot verfügbar wird. Das sorgt manchmal für Engpässe oder gar Stillstand – also wieder laden, möglicherweise neu einloggen, dann wieder laden usw. usf. Selbst wenn man einen Slot erwischt, kann man maximal für zwei Besucher reservieren – wer also mit einem oder mehr Kindern dort auftaucht, hat erstmal Pech.
Im Prinzip gibt es drei Arten von Pavillons:
- 先着のみ – Anstehen (keine Voranmeldung)
- 自由入場 – freier Eintritt (keine Voranmeldung, normalerweise auch kein Anstehen)
- 予約のみ – nur mit Voranmeldung
– es gibt jedoch auch Mischformen oder auch Pavillons mit zwei Bereichen, zum Beispiel einem Bereich, in dem man ohne Voranmeldung reinkommt, und einen weiteren, in dem man nur mit Reservierung reinkommt. Klingt kompliziert? Ist es auch. Deshalb hat ein gewisser Tsuji-san eine sehr brauchbare Karte hergestellt, auf der man auf einem Blick erkennen kann, wo man überall reinkommt und wo nicht. Leider gibt es die nur auf Japanisch, aber mit Texterkennung und KI sollte sich das schnell in etwas Brauchbares umwandeln lassen:
万博のパビリオン巡りを主目的とした地図をVer2.16をコンビニ印刷できるよう登録
画像の1枚めのものが印刷できますセブンイレブンのネットプリント
予約番号91048251
2025/08/21迄地図は拡散、二次配布、改造等何でも可
※ただし個人使用の範囲でご利用くださいリプにうちわ・更新情報・PDF等 pic.twitter.com/nGz3CLWueY
— つじ@万博8/12回目 (@t_tsuji) August 14, 2025
Ich habe die Karte ausgedruckt und mitgenommen – und das war äußerst hilfreich. Und ich war nicht der Einzige mit der Karte.
Wer frühmorgens zur Expo fährt, steht erstmal eine ganze Weile an der Security und ain der Ticketkontrolle an. Das ändert sich auch bis zum Mittag nicht – erst ab gegen 13 Uhr wird es ruhiger und man kann im Prinzip durchmarschieren. Getränke werden geprüft, aber die Security ist im Prinzip wirklich nur nach gefährlichen Dingen aus – Kameras und eben Getränke und dergleichen sind allesamt erlaubt.
Das Thema der Weltausstellung 2025 ist übrigens いのち輝く未来社会のデザイン – auf Deutsch laut Wikipedia als “Die zukünftige Gesellschaft für unser Leben gestalten” übersetzt, wobei die genauere Übersetzung etwas vollmundiger ist: “Gestaltung der Zukunftsgesellschaft, in der das Leben strahlt”. Eine vollmundige Ankündigung, die natürlich stark Bezug auf die SDGs nimmt. Das gesamte Gelände ist über 150 Hektar groß und wird in drei Bereiche unterteilt: Eine “grüne Welt” im Westen des Geländes, eine “Wasserwelt” im Süden und der Pavillonbereich im Norden und Osten. Die Weltausstellung in Osaka im Jahr 1970 war mit 330 Hektarn übrigens mehr als doppelt so groß, doch so viel sei gesagt: Es ist unmöglich, alles an einem Tag zu sehen. Und das beinhaltet noch nicht einmal den Besuch der Pavillons selbst. Man kann mehr als 20 Kilometer laufen und dennoch vieles verpassen.
Zentrales Element der Expo ist zweifelsohne der RING, eine innen 12 und außen 20 Meter hohe Holzkonstruktion mit einem Innendurchmesser von mehr als 600 Metern. Wie schön – Holz als Baumaterial, das danach leicht abgebaut und wiederverwertet werden kann. Das ist nachhaltig, zumal es in Japan Holz in rauen Mengen gibt. Leider wurde ein wesentlicher Teil des Holzes aus dem fernen Finnland herangebracht. Wo wir schon bei Nachhaltigkeit sind – SDGs sind seit wenigen Jahren ein großes Ding in Japan, und so war dies das zentrale Thema…einiger Pavillons. Ein paar Länder widmen sich maßgeblich den Zielen Nachhaltiger Entwicklung, andere wiederum stellen im Wesentlichen “nur” ihr eigenes Land vor, um es so den Besuchern oder auch Investoren schmackhaft zu machen.
Die Meinungen über die Expo gehen auseinander. Viele sind enttäuscht, da sie kaum in Pavillons reinkommen. Andere sind begeistert. Doch wie viel kann man eigentlich sehen – ohne jegliche Vorbereitung/Voranmeldung? Nun, das hängt stark vom Tag ab. An Wochenenden und Feiertagen ist natürlich mehr los als wochentags. Und die letzten Wochen vor Ende der Expo, also Mitte September bis Mitte Oktober, dürften auch sehr voll werden. Wenn man an einem Tag zwei, vielleicht auch drei Pavillons sehen kann, ist das schon relativ viel (wer gern den ganzen Tag lang ansteht, schafft vielleicht auch vier oder fünf). Bei der Expo haben sich jedoch schnell Zuschauerfavoriten herausgebildet: So ist es kaum möglich, zum Beispiel den jordanischen Pavillon zu sehen, da sich herumgesprochen hat, dass der besonders schön ist. Die Schlangen vor dem koreanischen, chinesischen, österreichischen und vielen anderen Pavillons sind ebenfalls nicht ohne – da kommen gern schon mal zwei, drei Stunden zusammen, bis man drin ist.
Ich bin an einem Montag, in der Woche nach den O-bon-Ferien, aber noch während der Schulferien, dorthin gefahren. Da ich von Yokohama angereist bin und vorher noch mein Gepäck im Hotel abliefern wollte, kam ich erst gegen 13 Uhr an – das war genau richtig, denn die Wartezeit, um reinzukommen, betrug 0 Minuten. Nach einem ersten, kurzen Spaziergang durch die Anlage und einem schnellen Imbiss ging es zum deutschen Pavillon. A propos Imbiss: Auch hier hört man viel Kritik, dass die Portionen zu klein und zu teuer sein. Nun, wir waren koreanisch essen, mussten nicht allzu lange warten und eine Portion kostete rund um die 2000 Yen. Die Menge war okay, der Geschmack ging auch. Sicher, etwas teurer als außerhalb des Geländes, aber so dramatisch waren die Preise nicht. Danach ging es zum deutschen Pavillon – den schmückt ein “わ・ドイツ” (wa – doitsu – “doitsu” ist Deutschland auf Japanisch). Was das “わ” bedeutet, konnte ich nur erahnen, aber ich lag nur halb richtig. Einerseits sollte es “Wow” bedeuten, andererseits auch 和, also “Frieden, Harmonie” bedeuten.
Organisiert wurde der deutsche Pavillon von der Messe Köln-Bonn, die eigens dafür dutzende Japanologiestudenten anheuerte, die dort nun ein halbes Jahr zugange sind – sicherlich eine Prima-Gelegenheit. Um für einen Artikel einer anderen Webseite Fotomaterial zu sammeln, fragte ich eine der Studentinnen (in Uniform), ob ich ein Foto machen kann. “Lieber nicht” war die Antwort. Auf einer kleinen Bühne vor dem Pavillon waren unterdessen zwei Entertainer zugange, die dort die Kinder verlustierten. Ein Tanzlehrer, und eine gut übergewichtige Tanzlehrerin. Warum es wichtig ist, dass zu erwähnen? Nun, in Japan gibt es keine dicken Tanzlehrer(innen). Punkt. Für mich schien die Wahl da eine Botschaft zu sein: Schaut her, wir in Deutschland schauen nicht darauf, wie jemand aussieht. Einerseits fand ich das erfrischend, andererseits muss ich auch gestehen, dass ein kleiner Teil in mir dachte: “Ehrlich? Warum?”. Das liegt aber auch daran, dass ich seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht in Deutschland gelebt habe. Die Tänzer hoppelten also über die Bühne, sangen “wa! wa! doitsu!” und gaben Anweisungen auf Englisch, wie sich das Publikum bewegen sollte. Auf Englisch… meiner Meinung hätte man das ruhig auf Deutsch machen können, denn den Kindern wäre das wahrscheinlich egal gewesen.
Die Schlange vor dem deutschen Pavillon war lang, aber es dauerte dennoch nur knapp eine halbe Stunde, bis wir drin waren. Wir, dass ist ein Professor der Geologie und meine Wenigkeit, einst Geographiestudent. Wir verstehen also ein bisschen was von der Materie – der Professor natürlich mehr als ich. Der deutsche Pavillon war im Wesentlichen Umweltthemen, hauptsächlich der Kreislaufwirtschaft gewidmet. Medial war das sehr gut umgesetzt worden, doch inhaltlich waren einige Punkte “schwierig”, da sie aus diversen Gründen, darunter auch rechtlichen Gründen, so in Deutschland nicht umgesetzt werden (können). Es klang also alles schön und gut, aber nicht alles war realistisch. Und trotzdem: Die Art und Weise, wie die Besucher mit diversen Sachen interagieren konnten, sowie der Entspannungsbereich im dritten Stock (riesige, sich drehende Scheibe mit Sofas und einem großen Spiegel über diesem Bereich – so was hat man doch schon von woanders gehört!?) waren sehr beliebt, auch bei Kindern, und das ist doch schon mal Einiges wert. Unten gab es auch ein kleines deutsches Restaurant – mit Bier und allem, aber das haben wir links liegen gelassen.
Interessant waren die vier “Commons”-Bereiche, in denen dutzende Länder kleinere Vertretungen hatten. Dabei gab es auch ein paar Überraschungen, denn ich hätte zum Beispiel nicht erwartet, Südsudan, Sudan, Burundi oder Jemen auf der Expo zu sehen – und in der Tat gab es bei diesen Ständen, zumindest nicht als ich dort war – Jemanden aus dem jeweiligen Land. Etwas überrascht war ich auch von dem großen und durchaus schönen Pavillon von Turkmenistan: Das Land tut eigentlich alles, um ausländische Besucher von Reisen nach Turkmenistan abzuhalten, und dennoch waren sie hier – und der Pavillon war so beliebt, dass wir es letztendlich gar nicht erst versucht haben.
Dafür ging es in den Abendstunden noch zum saudi-arabischen Pavillon. Der war ob seiner Erscheinung eindrucksvoll bis leicht furchteinflößend. Im Inneren konnte man dann auch arabischen Kaffee kaufen – schön mit Kardamon gewürzt, doch das entpuppte sich schnell als einer der schlechtesten Kaffee, die ich je hatte: Es war nur noch hellbraunes Wasser. Keine Ahnung, wann der Kaffee in der Luxuskaffeemachine das letzte Mal gewechselt wurde – wahrscheinlich hatte man gar keinen Kaffee mehr und dachte sich, einfach trotzdem weiterzumachen.
In den Abendstunden, wenn die Sonne schon etwas tiefer steht, bietet sich ein Rundaufgang auf dem Ring an, denn von dort hat man eine hervorragende Aussicht auf Osaka, Kobe, die Westküste der Kii-Halbinsel und mit etwas Glück die Ostküste der Insel Shikoku. Abends gibt es dann noch zur Krönung ein rund fünf Minuten dauerndes Feuerwerk am Wasserbereich.
Lohnt sich also ein Besuch der Expo in Osaka? Nun, das hängt von ab, mit welchen Erwartungen man hereingeht. Wer denkt, mal eben so durch die Pavillons spazieren zu können, wird schnell enttäuscht sein. Wer jedoch die Atmosphäre zu schätzen weiß und vielleicht sogar ein kleines bisschen Interesse an Architektur hat, ganz zu schweigen von der Möglichkeit, sehr viel in sehr kurzer Zeit über viele verschiedene Länder kennenlernen zu können, wird die Expo lieben. In dem Sinne kann ich trotz diverser Widrigkeiten einen Besuch nur empfehlen.
Da habe ich mir meine Notizen und Dias von der Expo 70 vorgeholt. wie einfach war das damals, Hinfahren, Eintritt bezahlen und los! Heute wäre ich – mangels smart phone – wohl gar nicht reingekommen. Lange Schlangen auch damals. Wartezeit bis zu einer Stunde. Neben den Länderpavillons auch Firmenpavillons, Toshiba, Sumitomo, Sony…..Dazu ein Themenpavillon, Entwicklung des Lebens. Japan zeigte Entwicklung von den Anfängen bis zur modernen Industrienation. Sowjetunion zeigte Volkskunst, Gesundheitswesen, ein Raumschiff und Entwicklung Sibiriens. BRD zeigte Panvision von Deutschland, medizinische und optische Geräte, im Auditorium zeitgenössische Musik, wo die Japaner doch die deutsche Klassik so lieben.
Besonders eindrucksvoll das Panorama über das Gelände nach Sonnenuntergang
Nachdem uns das Prozedere vom Anmelden für die Expo zu aufwendig und kompliziert erschien, entschieden wir uns im Mai die Expo nicht zu besuchen.
Dank deines sehr schönen Berichtes und den Bildern deiner Begleitung haben wir doch noch einen interessanten Eindruck von der Expo bekommen. :-)
Haben eigentlich Nepal, Rumaenien und Deutschland (ja, Deutschland!!!) die Standrechnungen bezahlt??? Wurde vor ein paar Wochen im TV erwaehnt, dass drei Laender noch in der Kreide stuenden…
Nachdem man sich bereits 2011 mit Ruhm bekleckert hatte mit der fluchtartigen Verlegung der Botschaft in die Raeumlichkeiten des Generalkonsulats Osaka-Kobe, wirft das absolut kein gutes Licht auf unser Land…
Hmm, vielleicht war deshalb der Nepal-Pavillon geschlossen? Laut diesem Artikel hier haben wohl Deutschland und Serbien noch nicht die Baufirmen ausgezahlt:
https://news.yahoo.co.jp/articles/a68cc5483af768f9732ed5ce35353a28816250d0
Allerdings scheint es da wohl bautechnisch ein paar Ungereimtheiten gegeben zu haben. Wäre auch nicht verwunderlich.