TohokuFukushimaAizu-Wakamatsu - die Samuraistadt

Aizu-Wakamatsu – die Samuraistadt

-

Lage von Fukushima
Region: 東北 Tōhoku
Präfektur: 福島 Fukushima

Aizu-Wakamatsu 会津若松

4 von 5 Sternen: Sehr Sehenswert
Name:

Aizu-Wakamatsu. Aizu ist der Name der Region, Wakamatsu der der Stadt. Letzterer Name wird oft alleinstehend als Stadtname benutzt – zumindest in Aizu-Wakamatsu. Wakamatsu bedeutet übersetzt “Junge Kiefer”.

Lage:

In der Mitte der Präfektur Fukushima, gute 200 km (Luftlinie) nördlich von Tokyo und 90 km östlich von Niigata.

Ansehen:

Den Burgnachbau. Das Samuraiviertel. Die Byakkotai-Gräber. Bandai – eine grandiose Bergwelt – östlich der Stadt.

Aizu-Wakamatsu – Beschreibung

Aizu-Wakamatsu ist eine Stadt mit Geschichte im westlichen Zentrum der Präfektur Fukushima. Zusammen mit einigen umliegenden Gemeinden hat die Gemeinde heute ca. 127’000 Einwohner. Das reicht in Japan nicht unbedingt, um den Ort landesweit bekannt zu machen, doch Wakamatsu hat eine lange, bewegende Geschichte und hat sich zu einem sehr beliebten Ausflusgziel gemausert.

Aizu-Wakamatsu: Blick auf die Stadt
Aizu-Wakamatsu: Blick auf die Stadt

Wakamatsu liegt in einem grösseren Talkessel, mit bis über 2’000 m hohen Bergen im Norden, etwas weniger hohen Bergen im Süden und dem grossen 猪苗代湖 Inawashiro-ko genannten See im Osten. Der fast kreisrunde See ist mit über 100 km² Wasserfläche immerhin der viertgrösste See Japans. Die Stadt und der See liegen bei ca. 500 m NN – und aufgrund der Talkessellage sind die Winter kalt (und sehr schneereich) und die Sommer sehr warm.

Aizu verdankt seinen Namen dem 会津藩 Aizu-Han (Daimyat / Lehen) – einem historischen Verwaltungsbezirk im Süden des 陸奥国 Mutsu-no-kuni genannten Landes. Zu Beginn der Edo-Zeit (Anfang des 17. Jahrhunderts) verlegte der herrschende Clan des Aizu-Hans seinen Hauptsitz nach 黒川 Kurokawa (=schwarzer Fluss). Erst später wurde der Ort dann in Wakamatsu umbenannt.

Mittelalterspektakel vor der Burg
Mittelalterspektakel vor der Burg

Wie es sich für den Hauptsitz eines Landesfürsten gehört, wurde auch in Wakamatsu eine grosse Burg gebaut. Leider hat diese die grosse Burgenzerstörung in Japan in der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht überlebt – große Teile der heute sichtbaren Burg sind Nachbauten, aber ein Besuch ist natürlich trotzdem lohnenswert. Mehr dazu siehe Beitrag über die Burg von Aizu-Wakamatsu.

Alzu-Wakamatsu: Die Gräber der Byakkotai-Märtyrer
Die Gräber der Byakkotai-Märtyrer

Rund drei Kilometer östlich der Burg findet man einen gut restaurierten Bereich des ehemaligen Samuraiviertels (会津武家屋敷 Aizu Buke Yashiki). Rund vier Kilometer nordöstlich der Burg befindet sich eine weitere, sehr symbolträchtige Sehenswürdigkeit der Stadt. Die befindet sich am 飯盛山 Iimoriyama (yama=Berg). Dabei handelt es sich um die Grabstätte der 白虎隊 Byakkotai (= die Gruppe der weissen Tiger). Diese Gruppe war eine von vier speziellen militärischen Einheiten, die dem örtlichen Daimyō dienten – es handelte sich um 15 bis 17 Jahre alte Söhne örtlicher Samurai. Im Jahre 1868 tobte damals der 戊辰戦争 Boshin-Krieg im Lande – zwischen den Kämpfern des Shogunats und den kaiserlichen Truppen aus Edo (Tokyo). Der Krieg dauerte nur ein gutes Jahr und läutete die Modernisierung ds Landes ein. Aizu-Wakamatsu war damals eine Hochburg der Shogunatsanhänger. Ende 1868 kam es zu einer entscheidenden Schlacht in Aizu. 20 Mitglieder der Byakkotai verloren dabei Anschluss zu ihrer Gruppe und sahen kurze Zeit später Rauch aus der Richtung der Festung aufstiegen. Die 20 jungen Männer glaubten somit, dass die Festung gefallen und ihre Väter und Befehlsgeber bereits tot waren und begingen so gemeinsam den rituellen Selbsmord (Seppuku).

"Ein Deutscher - den jungen Rittern von Aizu"
“Ein Deutscher – den jungen Rittern von Aizu”

In Wahrheit stand zu dem Zeitpunkt jedoch nicht die Burg in Flammen, sondern nur ein Teil der Burgunterstadt, doch wenig später fiel auch die Burg. Von den 20 überlebte nur der Jüngste den Gruppenselbstmord – er lebte danach noch bis 1931 und schämte sich eigenen Aussagen dafür, als Einziger noch am Leben zu sein. Die Truppen des Kaisers fanden nach der Einnahme der Stadt zwar die Leichen der Jugendlichen, liessen jenige jedoch aus Abschreckung nicht beerdigen.

Die Tat wurde vor allem in den Jahren vor und während des Zweiten Weltkrieges zur Heldenlegende hochstilisiert und sprach sich bis nach Deutschland und Italien herum: Die Stadt Rom spendierte den Helden eine grosse, originale Säule, gewidmet den Kriegern der Byakkotai, gezeichnet “Anno MCMXXVIII VI era fascista” (1928 – Jahr 6 der Ära der Faschisten). Auch der damalige deutsche Botschafter Hasso von Etzdorf spendete einen Gedenkstein mit der Aufschrift “Ein Deutscher – den jungen Rittern von Aizu”. Etwaige Hakenkreuze und andere Symbole wurden nach der Niederlage Japans damals von den Alliierten entfernt.

„SPQR – Allo Spirito Del Bushido“
„SPQR – Allo Spirito Del Bushido“

Die Geschichte der Byakkotai kennt in Japan jeder, aber vor allem jüngere Japaner haben verständlicherweise ein mulmiges Gefühl bei der Gedenkstätte – hier beging immerhin eine Gruppe blutjunger Jugendlicher Selbstmord. Die Gedenkstätte besteht aus einem kleinen Schrein und zahlreichen Gedenkstelen, -säulen und den Gräbern selbst. Wie es sich für eine Sehenswürdigkeit gehört, gibt es unterhalb des Berges auch zahlreiche Souvenirshops. Und – es gibt eine Rolltreppe, die neben der normalen Treppe nach oben führt. Die Benutzung jener kostet extra. Eintritt in den Bereich kostet 500 Yen.

Doppel-Wendeltreppenturm
Doppel-Wendeltreppenturm

Unterhalb der Grabstätten steht ein merkwürdiger Holzturm – der 栄螺堂 Sazae-dō (Turbanschnecken-Turm). Der buddhistische Bau wurde 1780 fertiggestellt und ist drei Etagen hoch. Obwohl der Turm klein ist, beherbergt er zwei Spiraltreppen, die ineinander verwoben sind – Besucher, die nach oben laufen, begegnen denen, die nach unten laufen, nicht – man sieht sich auch nicht. Einen ähnlichen Turm (wenngleich auch neuer) gibt es übrigens eine Nummer grösser auch in Ljubljana. Der Eintritt kostet 300 Yen.

Die 5-Farben-Seen in der Bandai-Region
Die 5-Farben-Seen in der Bandai-Region

Unweit von Aizu-Wakamatsu befindet sich der Bandai-Asahi-Nationalpark. Dort liegt auch der Bandai-san – ein 1’819 Meter hoher Berg, der sich wunderbar zum Bergwandern eignet.

Anreise

Von Tokyo aus gibt es zwei Varianten – eine schnelle, unspektakuläre und eine zeitraubende, aber schöne Variante. Wer es eilig hat, ist mit der ersten besser bedient: Mit dem Shinkansen von Tokyo oder Ueno bis 郡山 Kōriyama (76 Minuten) und von dort weiter mit dem 磐越西線 Ban’etsusai-sen (eine Stunde). Dauert mit allem knapp drei Stunden und kostet 8,820 Yen einfach (der Railpass kann benutzt werden). Die langsamere, billigere und interessantere Variante führt über 会津田島 Aizu-Tajima. Die Fahrt von Wakamatsu mit der privaten Aizu-Linie dauert eine gute Stunde und kostet 1’610 Yen. Von Tajima fährt ein langsamer Zug direkt durch bis Ueno/Tokyo – das dauert 4 Stunden 15 Minuten und kostet 3’140 Yen. Die Strecke von Wakamatsu bis Tajima und darüber hinaus ist sehr schön anzusehen.

Der örtliche Expresszug
Der örtliche Expresszug

Von Wakamatsu kommt man auch mit der Bahn bis nach Niigata an der Westküste – das dauert 2½ Stunden und kostet 2’210 Yen. Auch diese Strecke ist sehr schön. Ansonsten kommt man auch noch bis Kinugawa-Onsen – das dauert gute zwei Stunden und kostet 3’180 Yen.

Wer nach Ura-Bandai möchte, fährt am besten mit dem Zug Richtung Kōriyama bis 猪苗代 Inawashiro (30 Minuten, 450 Yen) und von dort weiter mit dem Bus gen Goshiki-Numa – das dauert eine knappe halbe Stunde und kostet 750 Yen.

Vom Bahnhof Aizu-Wakamatsu fahren die sogenannten Akabee-Busse im Kreisverkehr durch die Stadt – diese fahren auch an allen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei.

Übernachtung

Direkt am Bahnhof – rechterhand – steht das grosse, unspektakuläre 駅前フジグランドホテル Ekimae Fuji Grand Hotel. Ein typisches Businesshotel mit angemessenem Service. Ein Einzelzimmer inkl. Frühstück kostet dort 4’800 Yen. Wer dort übernachtet, bekommt auch Gutscheine für das gegenüberliegende 富士の湯 Fuji-no-yu – ein grosses Onsen. Hier die Webseite des Hotels: http://fujigrandhotel.co.jp. Achtung: Zwar liegt das Hotel praktisch da direkt vor dem Bahnhof – das Zentrum von Aizu ist jedoch ca. 15 Minuten zu Fuss vom Bahnhof entfernt und eine grosse Auswahl an Ausgehmöglichkeiten gibt es nicht in Bahnhofsnähe.

Zu allgemeinen Übernachtungstipps siehe Übernachtungstipps Japan.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Hallo Herr Reich,
    ich habe eine japanische Frau und reise öfters nach Japan. Gewohnt hatte ich dort auch mal eine Weile. Ihren Reiseführer finde ich lesenswert, und würde diesen gern erwerben. Allerdings habe ich kein Kindle und möchte auch keins haben. Ist Ihr Reiseführer auch als pdf oder sonstiger “nicht-Kindle”-Form zu haben?
    Viele Grüße
    Erik Sachse

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Neueste Beiträge

Japaner sprechen immer schlechter Englisch. Warum wohl?

Neulich war ich, wie jedes Jahr, auf einer Konferenz, bei der sich hauptsächlich viele hundert Hochschulenglischlehrer, aber auch viele...

Toyako – Ein See wie ein Auge sowie zwei nagelneue Berge

Der Toya-See ist ein wichtiger Bestandteil des Shikotsu-Tōya-Nationalparks im Süden von Hokkaido. Hochinteressant: Ein nagelneuer Vulkan.

Weg mit dem unsinnigen Besteuerungssystem für Zweitverdiener? Bewegung im Parlament

Die Besteuerung von Zweitverdienern ist seit Jahrzehnten ein großes Ding in Japan und hat einen enormen Einfluss auf fast...

Ein verschwundener Zaun und explodierte Eier

Heute trieb es mich also aus mehr oder weniger beruflichen Gründen nach Fuji-Yoshida, beziehungsweise nach Kawaguchiko, einem der 5...

Noboribetsu – der Ort des (niedlichen) Teufels

Hohe Berge, eine lange Pazifikküste und viele heiße Quellen, die mancherorts aus dem Boden sprudeln – sowie einen Berg voller Bären.

Sollte Laufen auf der Rolltreppe verboten werden?

Rund 80'000 Rolltreppen gibt es in ganz Japan (nur am Rande: und fast zehn Mal so viele Aufzüge) –...

Must read

Die 10 beliebtesten Reiseziele in Japan

Im Mai 2017 erfolgte auf dem Japan-Blog dieser Webseite...

Auch lesenswertRELATED
Recommended to you