Im Zentrum von Kumamoto auf der südlichen Hauptinsel Kyūshū befindet sich das geschichtsträchtige Schloss Kumamoto-jō (Burg von Kumamoto) alias Ginnan-jō 銀杏城 (wörtlich “Gingko-Schloss”).
Der Donjon und andere Teile des Schlosses sind Nachbauten, doch im Gegensatz zu anderen Nachbauten, wie etwa in Ōsaka, macht das in Kumamoto gar nichts, denn hier bemühte man sich um Authentizität. Das Schloss sieht – wie viele andere in Japan – auch nachts imposant aus, da es mitten im Stadtzentrum auf einem Hügel thront und bis Mitternacht angestrahlt wird.
Fertiggestellt wurde es 1607 von Katō Kiyomasa 加藤清正 – dieser galt in Sachen Burgen als Meister seiner Zeit. Zu jener Zeit, im 17. Jhd., zählte das Schloss von Kumamoto neben denen von Ōsaka und Nagoya, zu den drei gewaltigsten Festungen im Lande. Damals hatten die Aussenmauern eine Länge von 5 km, es gab 49 Yagura, 18 Yagura-Eingänge und 29 Tore sowie um die 120 Brunnen. Die Anlage ist nachwievor gigantisch, und sehr eindrucksvoll sind die vom Baumeister installierten, zahlreichen Finessen zur Abwehr von Feinden.
Dazu zählen sehr steile Aussenmauern, genannt Mushagaeshi 武者返 (auf Deutsch “Kriegerabwehr”), die so steil sind, dass man sie zum Teil auch als Nezumi-gaeshi 鼠返, wörtlich “Rattenabwehr”, bezeichnet hat – nicht einmal die Nager konnten die Mauern überwinden.
1960 wurden der Donjon und ein paar weitere Gebäude rekonstruiert. Der Donjon selbst ist heute 30 Meter hoch, der kleine Donjon misst 19 Meter. Da es sich um Rekonstruktionen handelt, wurden sie natürlich nicht zum Nationalen Kulturerbe erklärt. Einigen anderen, originalen Teilen der Festung hingegen wurde diese Ehre gewiss: Dazu zählt der Ushi-Yagura 宇士櫓, ein ziemlich grosser Yagura mit drei Ebenen und fünf Etagen. Desweiteren gibt es zwei ganze Ketten von Yagura, genannt Yagura-mure 櫓群, bei denen es sich jeweils um fünf Yagura handelt.
Recht interessant ist das sogenannte Akazu no mon 不開門. Das bedeutet soviel wie “Tor, das man nicht öffnen kann”. Es ist ein “blindes” Tor – eine Falle für potentielle Angreifer quasi. Zu guter letzt sollte man auch die Chōhei 長塀 erwähnen – eine fast 250 Meter lange, hohe Mauer nebst Aufbau. Sie verläuft entlang des Tsuboi-Flusses 坪井川 und ist die längste Burgmauer Japans.
Lohnenswert sind die umfangreichen Ausstellungen im Donjon und den Yagura. Auch der Ausblick von oben ist beachtlich. Ein Spaziergang entlang der Chōhei ist gerade im Frühling ein Highlight – dort findet man viele Chrysanthemen, Kamelien, Pfingstrosen, Wasserlilien und einiges mehr.
Der Eintritt in den Park und den Donjon kostet 500 ¥, und das sollte man sich gönnen.
Beim schweren Erdbeben von Kumamoto am 14. April 2016 (siehe hier und hier) trug auch die alte Burg von Kumamoto schwere Schäden zurück. Einige Mauern stürzten ein, und nahezu alle Dachziegel fielen vom Donjon. Dabei machte man eine erstaunliche Entdeckung: Die Dachziegel hatte man nämlich früher genauso gelegt, damit sie bei einem Erdbeben schnell herunterfallen. Wären die Ziegel nämlich auf dem Dach geblieben, hätten sie aufgrund ihres hohen Eigengewichts die Schwingungen und damit die Schäden am Gebäude selbst wesentlich vergrößert. So blieb zum Glück der Donjon als solcher mehr oder weniger unversehrt. Es wird jedoch viele Jahre in Anspruch nehmen, die Schäden zu reparieren.