BlogWenn Politiker mal die Wahrheit sagen

Wenn Politiker mal die Wahrheit sagen

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Das komplette Fehlen jeglicher menschlicher Vernunft (bzw. dem vielgerühmten “Common Sense” vor allem bei Politikern aus Japan ist immer wieder faszinierend und schreit geradezu gen Himmel. Jüngster Beweis dafür ist der jetzige Justizminister – Yanagida Minoru, der, aber das ist nur meine persönliche Meinung, wirklich nicht gerade wie der hellste Kopf auftritt und aussieht.
Grund für momentan heftige Proteste im Parlament gegen ihn und lauter werdenden Rufen nach Rücktritt bzw. einem Misstrauensvotum gegen ihn war eine Rede seinerseits vor Anhängern in seinem Wahlkreis in Hiroshima. Dort ließ er fröhlich verlauten, dass Justizminister sein eigentlich ganz einfach sei: Man müsse eigentlich nur zwei Sätze können:
1. “Ich werde mich nicht weiter zu dieser speziellen Angelegenheit äußern”
2. “Wir werden in dieser Sache dem Gesetz und der Beweislage entsprechend handeln”
Natürlich wurde die gesamte Rede auf Video aufgenommen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Und natürlich stürzten sich die Nachrichtensender genüsslich auf Aufnahmen von Yanagidas bisherigen Reden im Parlament – und siehe da, die beiden Sätze fielen bisher – jeweils als einziges Statement – auffällig oft. Für diese Schwerstarbeit kassiert Herr Minister dann monatlich 1.6 Millionen Yen, also rund 14’000 Euro, pro Monat an öffentlichen Bezügen. Hier die Nachrichten dazu – mit besagter Rede am Anfang und kleineren Tumulten im plüschigen Parlament später und eine Auflistung besagter Sätze in vorangegangenen Reden (bisher immerhin 39 Mal!):

Aber in Japan können sich Politiker so einiges erlauben: Zwar wurde Yanagida vom Regierungschef gerügt, aber seinen Posten hat er nach einer halbherzigen Entschuldigung immer noch.
Das Wort des Tages: あつかましい atsukamashii. Zu Deutsch: Unverfroren.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

6 Kommentare

  1. Wo muss ich mich da bewerben? Würde den Posten auf vier Sätze aufblähen, quasi 100% Mehrarbeit leisten für das gleiche Gehalt! Wenn das mal nichts ist, sowas bekommt man sonst nirgends.

    Bitte leite diese Nachricht doch an die entsprechenden Stellen weiter okay? =]

  2. Haha das erinnert mich an diesen einen Loriotsketch…

    “Im liberalen Sinne heißt liberal nicht nur liberal”

    “Können sie denn nicht mal was anderes sagen?”

    “Nö, bevor ich was falsches sag…”

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