Japan kämpft mit einer niedrigen Geburtenrate – beileibe kein japanisches Problem, sondern eher das von stark industrialisierten bzw. “überzivilisierten” Gesellschaften. In dieser Woche veröffentlichte die Regierung interessante Umfrageergebnisse zu diesem Thema. Statistik in ihrer Kürze und Würze (und Unzulänglichkeit), gefragt wurden knapp 6000 Frauen unter 50:
- Im Schnitt heiraten Männer im Moment im Alter von 29,1 Jahren, Frauen im Alter von 27,4 Jahren
- Vor der Heirat wird durchschnittlich 3,9 Jahre probiert, ob es klappen würde – nicht dass man gleich nach der Hochzeit reklamieren muss.
- 30,9% lernten ihren Zukünftigen durch Verwandte oder Freunde kennen, 29,9% bei der oder durch die Arbeit. 6,4% lernten sich durch omiai – arrangierte (aber ohne Zwang) Eheanbahnungen – kennen.
- Die ideale Kinderzahl liegt für die Befragten bei 2,48. Steht im starken Kontrast zur wahren Kinderzahl – die liegt unter 1,4%.
- (Ergebnis einer anderen Untersuchung) Fast jedes sechste Paar – ob verheiratet oder nicht, lebt unter den bei “Wort des Tages” beschriebenen Bedingungen. So geht’s nun aber wirklich nicht…
Wort des Tages: セックスレス sekkusuresu – sexless (sexlos). Immer mehr Paare leiden darunter, und es wird in Japan mittlerweilen als ernstes Problem angesehen – denn mehr und mehr sehr junge Paare zählen dazu. Häufige Ursachen: Er sieht sie nicht mehr als Frau. Sie fühlt sich vernachlässigt. Beide haben keinen Bock. Sex ist zu stressig. Usw. usf. Manche können einem nur leid tun…
Hier gibt es eine interessante Untersuchung zum Thema (nur Japanisch leider): 女性用風俗情報館 (schöner Name…)
Da ist was dran und das wird auch in Japan diskutiert – jüngst erschien dazu das Buch “kodomo ga hette nani ga warui ka” (Was soll schlecht daran sein dass die Kinder weniger werden)
Allerdings wird der Übergang ebend hart werden für die jetzige Generation, denn eine alternde Bevölkerung birgt einige Probleme in sich.
Ich denke, wenn man sich die Bev?lkerungsentwicklung von Japan und auch Deutschland ansieht, kann man leicht sehen, dass es vielleicht garnicht so schlecht ist, dass man weniger wird. In Japan immerhin +50% Bev?lkerung in 50 Jahren.
Auf jeden Fall. Allerdings finde ich gerade das Vokabular befremdlich, dass zumindest hierzulande genutzt wird, um das “Aussterben der Deutschen” zu beschw?ren. Vieles was da ge?u?ert wird erinnert mich mit einem sehr bitteren Nachgeschmack an Friedrich Burgd?rfer, der schon 1930 das Vergreisen und Aussterben der Deutschen prognostizierte.
Sicherlich mag man momentan eine Durstphase durchmachen. Allerdings muss man sich nat?rlich auch vor Augen halten, dass viele dieser Probleme weniger etwas mit der Demographie, sondern viel mehr mit der jahrzehntelangen Weigerung der Politiker sich der Realit?t und vor allem einer nachhaltigen Politik zu stellen. Immerhin liegen Deutschland und Japan nun schon seit fast 30 Jahren unter der 2,2-Kinder-Marke. Es h?tte also schon fr?her etwas unternommen werden k?nnen, um die sich anbahnende Spitze abzufedern.
Hinzu kommt noch, dass ich mich bei dem Aufschrei, der nun wieder einmal in Deutschland und Japan um sich greift, frage ich mich dann, woher denn all die Arbeitspl?tze f?r die geforderten Kinder kommen sollen? Hier in Deutschland schafft man es ja nicht einmal Arbeit f?r diejenigen zu schaffen, die bereits im Erwerbsalter sind.
Leider kann ich die politische Situation in Japan bisher zu dieser Frage noch nicht genau einsch?tzen, allerdings w?rde es mich nicht wundern, wenn auch dort ?hnliche Verdr?ngungs- und Schuldleugnungsmechanismen am Werke w?ren.
Durch Zufall finde ich nat?rlich einige Zeitungsartikel (oder ist es nur einer?) von 2001, der genau dieses Thema mit dem Augenmerk auf die die Frauen untersucht.
Sonni Efrons Artikel:
http://www.sjcite.info/popcontrolJ.html
nice reading :)
(Und ich werde mir jetzt mal raussuchen, was ich davon ?bersetze und f?r meinen Aufsatz benutze…)