Es ist nun schon 10 Tage her, das Obama nach Japan kam – aber ein paar Worte möchte ich trotzdem darüber verlieren. In Japan wurde ja bereits im Vorein wild über die Bedeutung Obamas Fahrplan seiner Ostasienrundreise diskutiert – warum verbringt er nur einen Tag in Japan aber drei Tage in China? Ist Japan der untergehende Stern der Region? Andere wiederum beschwichtigten: Immerhin ist Japan die erste Station der Reise gewesen, und das bedeutet doch auch etwas, oder? Man kann sich jedenfalls sicher sein, dass sich Obama und sein Beraterstab sich etwas bei der Planung gedacht haben.
Interessant war dabei, dass Obama etwas machte, was noch kein anderer US-Präsident seit Ende des Zweiten Weltkrieges gemacht hatte: Er verbeugte sich vor dem Kaiser. Und zwar recht tief:
Das wurde in Japan wohlwollend aber ohne grosse Erregung wahrgenommen; in den Staaten hingegen rief es unter gewissen Kreisen eher Entrüstung hervor: Ein US-Präsident verbeugt sich vor Niemandem, erst Recht nicht vor einem Monarchen, der eigentlich nichts zu sagen hat. Bei der The Daily Show vom 17. Nov (Beginnd des Beitrags bei 3:20, aber die ganze Show ist interessant, da Joe Biden zu Gast war) hatte man dazu eine ganz andere These: Obama verbeugte sich primär nicht vor dem Kaiser, sondern zeigte dem japanischen Ministerpräsidenten hinter ihm nur seinen Allerwertesten.
Im grossen und ganzen ist der Kurzbesuch positiv aufgenommen worden, obwohl man zum einen enttäuscht war, dass er die Städte Hiroshima, Nagasaki und Obama nicht besucht hatte und der Streit um die Verlegung des US Marines-Stützpunktes Futenma in Okinawa nicht komplett beilegen konnte.
Das Wort des Tages: 天皇皇后両陛下 – Tennō Kōgō Ryōheika – das Kaiserpaar.
Meine streng geheime Theorie: China kuscht noch nicht so sehr wie Japan, daher braucht Peking mehr Annäherung und Eingeschleime.
Diese Kritik von “gewissen” Kreisen zeigt nur wie egozentrisch diese in ihrem kulturellem Selbstverständnis sind. Vor hundert Jahren war der Handkuss gegenüber dem weiblichen Geschlecht eine Selbstverständlichkeit, heute wäre dies in den USA wohl ein Grund für eine Klage wegen sexueller Belästigung.
Händeschütteln ist nunmal nur eine Form der Begrüssung, und weil diese in der westlichen Welt zum Standard wurde bedeutet dies nicht das dass für den Rest der Welt auch zu gelten hat.
Obama hat somit nur die kulturellen Gegebenheiten des Gastlandes beachtet. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, und ein Gebot der Höflichkeit, auch nach westlichen Masstäben.
Aber diesen Widerspruch, fällt den republikanisch-christlich Konservativen der USA nicht auf. Was nicht wirklich erstaunen kann, bei der beschränkten Sichtweise dieser Leute. Deren Sichtweite endet meist schon vor den Grenzen der liberalen Ostküste und Kaliforniens. Das Ausland dient da nur als Spiegel der eigenen Eitelkeiten.
Umso erfrischender das Vorgehen des amtierenden Präsidenten, wenn ich da an seinen Vorgänger denke……
Hehe… für mich wieder mal ein Lehrstück, wie man ein und dieselbe Geste in den Medien völlig anders erscheinen lassen kann. In diesem Clip wirkt es wirklich nicht als mehr als eine kleine Höflichkeit, aber wenn man bloss das Standbild (das ja meistens in den Zeitungen zu sehen war) zusammen mit einem reisserisch-us-patriotischen Kommentar kennt, hat man tatsächlich das Gefühl er habe da sekundenlang demütig vor dem “grossen” Kaiser innegehalten. Lustige Medienwelt… ;)
Gerad mal Recherchiert
15°: bloßen Anerkennung
45°: zum korrekten Gruß
75°: Respektbezeugung
90° + Einatmen, Ausatmen, Einatmen: tiefen Respekt reserviert für die Ehrbezeigung dem Kaiser gegenüber
Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13512306.html
Obamas Verbeugung war 75°, also er hätte noch tiefer gehen können, wobei ich keine 90° schaffen würde :-)
In den Kreisen der Obama-Kritiker ist es bekanntlich kein K.o.-Kriterium, wenn man außenpolitische Erfahrung allein aus einem Blick auf Rußlands Küste ableitet … und das Geschimpfe über Obamas Verbeugung ist überwiegend von einer ähnlichen Geisteshaltung getragen. You betcha.