Als ich neulich im Büro saß und mit einem japanischen Partner telefonierte, ging es plötzlich los: Ein seltsam bedrohliches Gefiepe zahlreicher Mobilfunktelefone im ganzen Büro. Um so gespenstischer, da es normalerweise Usus ist, Handys auf stumm zu schalten im Büro. Das Gefiepe war so deutlich hörbar, dass mein Gegenüber am Telefon (er in Ōsaka, ich in Tōkyō) es sogar bemerkte und fragte: “Ist alles in Ordnung bei Euch?”. Ich tat das erstmal mit einem “Ja” ab hoffte, dass dem wirklich so sei.
Nun, nach dem Telefonat erstmal nachgeschaut: Eine Eilmeldung war das, vom Stadtbezirk Shibuya (mein Arbeitsort). Die Meldung beinhaltete zwei Wörter mit lateinischen Buchstaben, der Rest war Japanisch: DRILL und DISASTERDRILL. Die japanischen Sätze sagten in etwa: “Evakuierungsvorbereitungsinformationen” (ach, ich liebe Deutsch). Darunter stand, welche Orte wo wieviele Menschen aufnehmen können.
Es scheint also, dass Stadtbezirke und Orte mittlerweile Nachrichten an sämtliche Mobilfunkgeräte senden können, die sich zu dem Zeitpunkt im Stadt- oder Stadtteilbereich befinden. Das ist erfreulich (und vor allem in Japan mehr als nötig). Ich hoffe nur, diesen Alarmtun nicht allzu oft hören zu müssen. Die Katastrophe vor gut zwei Jahren ist zwar nun schon eine Weile her, aber die Erinnerung daran noch mehr als lebendig.
Es gibt auch zahlreiche Apps für Android, Windows und iOS-Telefone – so zum Beispiel von Yahoo. Diese warnen vor Erdbeben, Starkregen, Wirbelstürmen… und vor Radioaktivität! Eines Tages hatte ich mal die schöne Eilmeldung “Achtung: Anstieg der Radioaktivität um das 5-fache in Nagaoka, Niigata!” auf dem Display. 10 Minuten später gab es eine weitere Meldung: “Sorry, war ein Meßfehler!”. Hauptsache, es wird nicht langweilig…
“Die japanischen Sätze sagten in etwa: “Evakuierungsvorbereitungsinformationen” (ach, ich liebe Deutsch).”
Ist doch im Japanischen auch nicht anders. ;-)
Würde ich so eine Nachricht auf mein Smartphone gesendet bekommen, mein Puls wäre wahrscheinlich auf 180.
@Thuruk
Jau, japanisch und deutsch teilen sich wohl die Vorliebe für absurd lange Nominalkomposita. Die Japaner haben allerdings den Vorteil, in dem Falle die chinesische Lesung benutzen zu können, was die ganze Sache doch etwas abkürzt.
Das ist schon ein Vorteil.
Ein absurdes Beispiel ist 一般社団法人正統正流無雙直傳英信流居合道国際連盟, und nein, nicht erfunden, das ist ein Iaidô-Verband – “Ippan Shadanhoujin Seitou Seiryu Muso Jikiden Eishin Ryu Iaido Kokusai Renmei”.^^