BlogTokyo-Gouverneurswahlen: Skandalpartei Tsubasa-no-tō wirft Hut in den Ring

Tokyo-Gouverneurswahlen: Skandalpartei Tsubasa-no-tō wirft Hut in den Ring

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Seit heute ist es amtlich: Die politische Gruppierung つばさTsubasano wird bei der Gouverneurswahl von Tokyo am 7. Juli 2024 einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken. Diese angebliche Partei, die, im Widerspruch zum selbst gegebenen Namen keine Partei, sondern eine politische Gruppierung darstellt. Diese wurde 2019 von drei Männern, darunter zwei Unternehmer, unter dem Namen „Olivenbaum“ gegründet und später in „Flügelpartei“ umbenannt. Laut eigener Webseite ist die Gruppierung weder rechts noch links — doch in Wahrheit ist sie stramm neu-rechts und handelt nach aus anderen Ländern leider nur zu gut bekannten Mustern: Krawall machen, durch provokante Aktionen und Aussagen Aufmerksamkeit auf sich ziehen, gegen Alles sein, sich als Opfer darstellen und sich einfach nur hinstellen und behaupten, dass immer die Anderen an Allem Schuld haben. Lösungsansätze? Keine. Konstruktive Vorschläge? Fehlanzeige. Stattdessen wird potentiellen Wählern eingebleut, dass die Medien alle lügen und einzig diese Gruppe die Wahrheit gepachtet hat.

Besonders unangenehm fiel die Gruppe bei den Lokalwahlen im April diesen Jahres auf, als sie mit Lautsprecherwahlen und in Person regelrecht Jagd auf Wahlkämpfer anderer Parteien machten. Natürlich wurde das auf Youtube geteilt — und aufgrund der Unverfrorenheit der Parteispitzen, allen voran Nemoto und Kurokawa — mit Genuss von den Nachrichtensendern aufgegriffen. Da aufgrund der Videos der Verdacht von Wahlbehinderung sowie durch die Autoverfolgungsjagden der Verdacht auf Behinderung des Straßenverkehrs bestand, wurden die beiden Parteispitzen später von der Polizei festgenommen. Seit der Verhaftung hat Frau Sotoyama vorerst das Amt des Gruppensprechers übernommen — und versucht sich in verbaler Brandstiftung. Natürlich sind laut ihrer Aussage Nemoto und Kurokawa Opfer des etablierten politischen Systems uns sollten auf diese Art und Weise mundtot gemacht werden.

Eigentlich wäre diese selbsternannte Partei keine einzige Zeile wert, aber die momentan laufende Pressekonferenz von Sotoyama ist einfach zu komisch, denn im Bild werden ständig Chatbeiträge der Zuschauer gezeigt, und die sind zum großen Teil bitterböse: Adjektive wie „durchgeknallt“ und „strohdoof“ sind da noch die sanfteren Begriffe. Denn bei der sogenannten Partei handelt es sich um Lügner und Betrüger der schlimmsten Sorte – viele Kommentatoren bemerken die Ähnlichkeit zu einer Sekte — und die Tatsache, dass ein paar der Parteimitglieder durch ausschweifende Seitensprünge und dubiosen Geldtransaktionen bereits von sich Rede machten. Leider finden jedoch auch solche illustren Gruppierungen durchaus ihre Anhänger — bei den anstehenden Wahlen wird die Partei zwar ganz sicherlich kaum Stimmen gewinnen, doch die pure Existenz dieser, um mal ein sehr altes Wort zu benutzen, Rüpel, ist verstörend genug.

Bei den diesjährigen Gouverneurswahlen wird es wohl drunter und drüber gehen. Ebenfalls heute gab „Doktor NakaMats“, ein 95-jähriger Erfinder, der in seiner langen Lebenszeit mehrfach als Exzentriker auffiel und es als solcher sogar bis zum Gast einer David Letterman-Show brachte, seine Kandidatur bekannt. 2005 erhielt er den Ig-Nobelpreis für seine Forschung zum Thema gesunde Ernährung — für die hatte er vorher 34 Jahre lang jede seiner einzelnen Mahlzeiten fotografiert. Viele seiner Erfindungen fallen eher in das Genre „chindogu“, aber er erfand zum Beispiel in den 1950ern ein Verfahren, mit denen Musikdaten auf Papier geschrieben werden konnten. Jahrzehnte später erfolgte darüber ein Patentstreit mit IBM, welches 1969 die Floppy Disk erfand — Yoshiro Nakamatsu, so sein richtiger Name — behauptete, mit seinem Patent das Prinzip der Floppy Disk zuerst erfunden zu haben, doch Technikexperten waren sich einig, dass es sich um verschiedene Dinge handelt, zumal Nakamatsu’s Erfindung nicht das Überschreiben von Daten zuläßt.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

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