Fünf mal in der Woche habe ich das Vergnügen, in 渋谷 Shibuya umzusteigen. Mit täglich rund 3 Millionen Mitmenschen. Das ist also so, als würde ganz Berlin an einem einzigen Bahnhof tagtäglich ein-, aus- oder umsteigen. In Sachen Passagierdurchlauf ist Shibuya damit weltweit die Nummer 2 unter den Bahnhöfen (die Nr. 1 liegt nur 4 km davon entfernt, und die Nr. 3 keine 10 Kilometer).
Umsteigen im Berufsverkehr in Shibuya ist nichts für schwache Nerven, vor allem wenn man zwischen einer der 4 Bahnlinienbetreiber umsteigt – zum Beispiel von der 田園都市線 Denentoshi-Linie oder der 京王線 Keiō-Linie zur JR (Yamanote und etliche andere Linien). Shibuyas Bahnhof und durchaus auch diverse Gebiete in der näheren Umgebung sind zum Teil eng und schmutzig. Es gibt nicht wenige Obdachlose und allerlei zwielichtiges Gesindel. Oder wie der Berliner sagen würde: Der Ort hat Charakter.
Doch seit etlichen Monaten, bzw. eigentlich schon Jahren, wird auf Teufel komm raus gewerkelt und gebastelt. Stück für Stück, aber es ist sehr faszinierend, wie man in Shibuya auf engstem Raum riesige Baustellen managt. Vor 4 Jahren wurde zum Beispiel das Hikarie eröffnet – ein 182 Meter hoher Koloss mit unzähligen Büros, Restaurants und Läden. Nun schliesst das altehrwürdige Kaufhaus Tokyu Plaza nach immerhin 49 Jahren – nicht für immer, denn das Kaufhaus soll neu gebaut werden und in 3 Jahren wiedereröffnen.
Umstrittener ist der Plan, den winzigen Streifen Grün namens 宮下公園 Miyashita-Park, der gleich am Bahnhof beginnt, umzubauen – siehe unter anderem hier: Battle over Shibuya park heats up as Tokyo Olympics loom. Damit ist auch die Verbindung mit der kommenden Olympiade hergestellt, denn natürlich möchte man zu diesem Anlass Shibuya auf Vordermann bringen.
Schade an der Sache ist, dass es dem gemeinhin recht unbekannten 渋谷川 Shibuya-Fluss nicht besser ergehen wird als vorher: Der Fluss verläuft in Shibuya gänzlich unterirdisch, und das soll wohl auch so bleiben. Sicher, der Fluss ist klein und an normalen Tagen in seinem oberirdischen Teil Richtung Ebisu nur wenige Zentimeter tief, aber bei Starkniederschlagsereignissen (Stichwort Taifun) wächst die Wassertiefe schnell auf ein paar Meter an. Deswegen finden auch in Shibuya die beeindruckendsten Bauarbeiten dort statt, wo man es nicht sieht: Unter der Erde. Zum Umbau gehört nämlich auch ein neues Auffangbecken direkt unter dem Bahnhof.
Wer mehr über den Umbau Shibuyas wissen möchte – es gibt eigens dafür eine Webseite. Natürlich nur auf Japanisch. Bis Olympia sind es ja schliesslich noch ein paar Jahre.
Wie man im Lateinisch sagt, dass die Zeit alles veraendertuund oft nicht zum Besseren
Danke für den Bericht, ich finde es ungemein interessant von Japan so zu lesen. Wir hier haben keine richtige Vorstellung von all’ dem Tun.
Dir und den Deinen schöne Tage und einen herrlichen Frühling,
liebe Grüße
margit
Lieber Matthias,
ich habe deinen Blog gelesen und bin echt super beeindruckt! Ich reise selber sehr gerne und befinde mich gerade in Irland. Davor habe ich ein halbes Jahr in Afrika in einem Waisenheim gearbeitet. Jetzt soll es ende des Jahres eigentlich mit dem Studium weitergehen. Doch so schnell will ich das alles gar nicht, ich habe die Welt noch nicht genug gesehen. Mein Plan ist im nächsten Jahr noch weiter die Welt zu bereisen. Ein Stop soll Japan sein. Ich möchte dort für 4 Wochen bleiben. Leider habe ich als Abiturabsolventin nicht viel Geld daher suche ich nach einer günstigen Unterkunft und einen kleinen Job der mir die Kosten während des Aufenthalts finanziert. Nun ist das alles von Deutschland aus sehr schwierig und ich wollte dich fragen ob du einige Tipps oder sogar Hilfe für mich hast! Ich freue mich schon auf eine Atwort!
Viele Liebe Grüße,
Monique
Hallo Monique,
Danke für die Blumen erstmal.
Zu Deinen Fragen — was die Unterkunft anbelangt, gibt es eigentlich etliche nicht allzu teure Möglichkeiten. Relativ neu und günstig ist zum Beispiel die Khaosan-Kette, bei der man ab 17 Euro pro Nacht in Tokyo übernachten kann:
http://www.khaosan-tokyo.com/en/
Was allerdings Jobs anbelangt — das ist schon etwas schwerer, da Du keine Arbeitserlaubnis hast. Will heissen, Du darfst mit einem Touristenvisum nicht arbeiten, und das wissen die Arbeitgeber natürlich auch. Solltest Du es doch tun, und Du wirst erwischt, muss der Arbeitgeber eine saftige Strafe zahlen, und Du wirst ausser Landes verwiesen. Das wiederum bedeutet, dass eine Firma/Schule, die Dich aufnimmt, mit hoher Wahrscheinlichkeit zwielichtig ist. Die einzige Alternative, die ich sehe, ist eine Privatperson, die Dich quasi als Kurzzeit-Aupair aufnimmt – also kostenlose Unterkunft und vielleicht ein kleines Taschengeld, und im Gegenzug Hilfe im Haushalt oder Bespassung von Kindern…
Wenn ich mich recht entsinne gibt es für deutsche Staatsbürger die Möglichkeit eines Working Holiday Visums, vorausgesetzt man ist zwischen 18-30 Jahre alt. Dabei handelt es sich um ein Sonderabkommen zwischen beiden Staaten, wenn entsprechende Au-Pair Programme nicht existieren. Der Antrag muss rechtzeitig bei der japanischen Botschaft in Deutschland gestellt werden, nach der Einreise in Japan ist es zu spät.
Ich rate allen dringendst davon ab, illegal zu arbeiten. Dies wird streng verfolgt mit unangenehmen Konsequenzen.