BlogSächsisch auf Japanisch

Sächsisch auf Japanisch

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Habe heute mal wieder einen interessanten Artikel über Dialekte in Japan gelesen – von denen gibt es ja mehr als reichlich. Das erinnerte mich an meine Zeit als Dolmetscher beim Deutsch-Japanischen Sportjugendaustausch. Jede japanische Region schickte damals eine ca. 10-köpfige Gruppe von 16 bis 19-jährigen Sportlern. Vor dem Austausch gab es ein Briefing der Dolmetscher – die Hälfte waren Japaner, die andere Hälfte Deutsche. Dann wurde vorgelesen, wem welche Gruppe zugesprochen wird. Man begann im Norden, mit Hokkaido. Leider fiel mein Name sehr schnell: Minami-Tōhoku (Süd-Tōhoku, im Norden der Insel Honshu).
Das ist in etwa so, als ob man einem Japaner, der halbwegs fehlerfrei sein Bier auf Deutsch bestellen kann, eine Gruppe aus dem tiefsten Sachsen oder aus irgendeinem abgelegenen oberbayerischen Tal zuspricht. Nicht nur, dass man japanische Oberschüler als solche kaum versteht – sie benutzen schlichtweg zu viele neue Wörter – nein, meine Gruppe musste auch noch aus dem Wald kommen.
In Erinnerung blieb mir dabei folgender, kurzer Dialog:
どせ? dose?
ゆせ! yuse!
Ich war leicht perplex, und bat die beiden Sprechenden, dies ins Japanische zu übersetzen. Das sah dann so aus:
どこいくの? doko iku no? – Wohin gehst Du?
お風呂に入るよ ofuro ni hairu yo – Ich gehe ins Bad.
Das yu in “yuse” steht dabei wohl für お湯 (oyu) – heisses Wasser. Aha. Mit der Gruppe verstand ich mich während der folgenden, 10-monatigen Deutschlandtour bestens, aber wenn sie nicht wollten, dass ich sie verstehe (bzw. das es nicht übersetzt wird), dann war das für sie gar kein Thema.
So, jetzt höre ich besser auf, sonst wird ein Buch draus.
Das Wort des Tages: namari – eins von mehreren Wörtern mit der Bedeutung “Dialekt, Mundart”. Das Zeichen gehört zur Kategorie “leicht zu merken”: linke Seite bedeutet “Wort, Sprache”, rechte Seite “verändert, abgewandelt”.

tabibito
tabibitohttps://japan-almanach.de
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei der Tabibitos Blog empfohlen.

3 Kommentare

  1. Grins, lustige Sache das. Akiko hat letztens auch etwas mit dem Sachsen Japanisch gehabt… sie meinte aber den Dialekt wenn Sachsen Japanisch Sprechen. *g*

  2. Ich studiere ja in München und ich stelle mir gerade vor, wie ein waschechter Münchner Japanisch spricht bzw. wie sich das anhört. Hmmm… ich kann’s mir nicht vorstellen *lacht*
    (Anm.: Der Münchner Dialekt ist wohl der bayerische Dialekt von dem der Rest Deutschlands ausgeht, es sei das Standardbayerisch)

  3. Du meintest wohl「どさ?」「ゆさ!」

    Haha, jaja das ist wohl das bekannteste Beispiel eines berüchtigten Dialogs zwischen Tohoku Landeiern in Geheimdialekt.
    Genauer gesagt Akita-Dialekt und Tsugaru-Dialekt.

    Mir kommt das Schwäbisch vor, bin in deutschen Dialekten nicht allzu gut bewandert (bewandert? – schraecklich ist mein Deutsch, ich weiss). Für mich ist das wie extremster Ostschweizer Dialekt – da sausen einem die Ohren nur so!

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